Die amerikanische Opernsängerin Grace Bumbry sitzt auf der Stoßtange ihres Rolls Royce (undatiert)
APA/dpa/Horst Ossinger
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Kultur

Opernstar Grace Bumbry gestorben

Sie hat zu den legendären Opernsängerinnen des 20. Jahrhunderts gehört. Gestern ist die große Grace Bumbry im Alter von 86 Jahren in ihrer Wahlheimat Wien gestorben. Bumbry gilt als Wegbereiterin für schwarze Sängerinnen und Sänger in der Klassikwelt.

Nachdem die US-Amerikanerin im Vorjahr in New York einen Schlaganfall erlitten hatte, wurde sie im Dezember wieder nach Wien geflogen. Hier verstarb die Sopranistin, die ihre Karriere als Mezzo begonnen hatte, nun im Krankenhaus, wie ihr Adoptivsohn David Brewer am Montag der APA mitteilte.

Karrierestart in Bayreuth

Beerdigt werden soll Bumbry in ihrer Geburtsstadt St. Louis, wo sie am 4. Jänner 1937 das Licht der Welt erblickte. Allerdings möchte Brewer den Wegbegleitern und Freunden der großen Sängerin die Gelegenheit zur Verabschiedung geben. Demnach könnte es Gedenkveranstaltungen in Wien, New York und St. Louis geben, wobei ihm für die österreichische Bundeshauptstadt der Stephansdom vorschwebe, so Brewer. Schließlich hatte Bumbry eine enge Bindung zu Wien, das sie zur Wahlheimat erkoren hatte.

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Grace Bumbry (Mitte)
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Grace Bumbry (Mitte) in der Oper „Treemonisha“ in Paris
Grace Bumbry
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Bumbry wurde bei den Kennedy Center Honors ausgezeichnet
Dave Brumback, Robert de Niro, Grace Bumbry, Mel Brooks
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Neben ihr wurden auch Jazzpianist Dave Brubeck, Schauspieler Robert De Niro und Regisseur Mel Brooks geehrt
Robert de Niro, Grace Bumbry, Bruce Springsteen und Barack Obama
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Verliehen wurde der Preis von US-Präsident Barack Obama
Grace Bumbry mit Barack Obama
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Bumbry bei der Übergabe mit US-Präsident Obama
Mel Brooks, Dave Brubeck und Grace Bumbry
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Bumbry gemeinsam mit Brooks und Brubeck
Grace Bumbry während einer Probe in der Rolle der Venus in der Wagner-Oper „Tannhäuser“ im Mai 1964 in der Deutschen Oper Berlin
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Bumbry während einer Probe als Venus in der Wagner-Oper „Tannhäuser“ im Mai 1964 in der Deutschen Oper Berlin
Grace Bumbry
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Auch in Frankreich wurde sie – hier von Kulturminister Philippe Douste-Blazy – ausgezeichnet
Die amerikanische Opernsängerin Grace Bumbry sitzt auf der Stoßtange ihres Rolls Royce (undatiert)
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Bumbry auf einem undatierten Archivbild
Grace Bumbry
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Bumbry 2007 anlässlich eines Meisterkurses in Lübeck
Grace Bumbry
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Bumbry gibt 2012 an der Musikhochschule im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals einen Meisterkurs

Aufgewachsen war Bumbry abseits der großen Klassiktempel in St. Louis als Tochter einer ehemaligen Lehrerin und eines Eisenbahnfrachtabfertigers. Bereits im jungen Teenageralter kristallisierte sich das stimmliche Talent der Künstlerin heraus. Ihre große internationale Karriere startete die US-Amerikanerin allerdings 1961 in Bayreuth, als sie als erste schwarze Sängerin dort debütierte.

Die „Tannhäuser“-Premiere war umjubelt, Bumbry wurde mit dem heute etwas zwiespältig klingenden Titel der „schwarzen Venus“ von den Medien bedacht. Die vor der Bayreuth-Premiere aufflammende Kritik ob ihrer Hautfarbe schob Bumbry damals beiseite. „Ich habe mir einen Schutzmantel übergezogen“, meinte sie später. Nicht zuletzt wurde die Afroamerikanerin damit aber auch zur Vorreiterin für zahlreiche Berufskolleginnen, die ihr in der Opernwelt nachfolgen sollten.

Irritierte Karajan mit Lamborghini

In den 60ern eroberte Bumbry praktisch alle großen Opernbühnen der Welt – von der Londoner Royal Opera bis zur Scala in Mailand, von der New Yorker Met bis zur Wiener Staatsoper, wo sie 1964 erstmals zu hören war und 50-mal in verschiedenen Partien ihr Publikum begeisterte. Und nicht zuletzt war Bumbry den Salzburger Festspielen eng verbunden.

Hier war sie unter Herbert von Karajan als temperamentvolle Carmen zu erleben. Bei den Proben zeigte sich der Stardirigent und Autoliebhaber einst über den Lamborghini der jungen Sängerin irritiert – bis sie ihn einmal eine Runde damit fahren ließ. „Danach waren wir gute Freunde“, erzählte sie später.

Zwei Stimmlagen

Nachdem Bumbry die im Mezzofach angesiedelte Hauptrolle in Georges Bizets „Carmen“ oft gesungen hatte, machten sich Stimmprobleme bemerkbar. Und Bumbry gelang auf Anraten der Ärzte das seltene Kunststück, das Stimmfach zu wechseln und sich in der höheren Lage weiterhin einen Namen zu machen. Anstelle der Amneris in „Aida“ oder der Lady Macbeth in „Macbeth“ sang sie fortan die Salome oder die Jenufa.

Als sich Bumbry schließlich im bereits reifen Alter von der Opernbühne zurückgezogen hatte, 2013 war sie als Gräfin in Tschaikowskys „Pique Dame“ noch an der Staatsoper zu hören, gab sie ihr Wissen an die jüngere Generation weiter. Zu ihrer eigenen Studienzeit habe man sich noch mehr dafür interessiert, wie die Stimme eigentlich funktioniere. „Die heutigen Sänger wollen jemanden finden, den sie kopieren können“, meinte sie einst kritisch im dpa-Interview.

Geehrt von Obama und Österreich

Dieses unbedingte Können und Engagement ist nicht nur auf zahlreichen Einspielungen dokumentiert, Bumbry erhielt im Laufe ihres Lebens auch viele Auszeichnungen. In Italien wurde ihr der renommierte Premio Giuseppe Verdi verliehen, Frankreich machte sie 1996 zum Commandeur des Ordre des Arts et des Lettres (deutsch: Ordens der Künste und der Literatur). 2009 verlieh ihr der damalige US-Präsident Barack Obama den Preis des Kennedy Centers in Washington D.C. für ihr Lebenswerk, und 2017 konnte sich die Sängerin über die Lebenswerkehrung im Rahmen des Österreichischen Musiktheaterpreises freuen.

„Grace Bumbry war eine Ikone der Opernkunst und eine Wegbereiterin für Generationen von Opernsängerinnen nach ihr“, schrieb Grünen-Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer zum Tod der Opernsängerin. „Mit ihrem legendären Debüt in Bayreuth in den 60ern hat sie entscheidend zur Gleichberechtigung im Opernbetrieb beigetragen. Dass sich ein Weltstar wie sie Wien als ihre Wahlheimat ausgewählt hat, war eine Ehre für die Stadt und das Land. Grace Bumbry, ihre Stimme, ihre Persönlichkeit werden fehlen.“