Kurzfristige Leerstände sind ein ganz gewöhnliches Phänomen. Etwa, wenn eine Firma ihren Sitz woanders hinverlegt, steht das alte Gebäude kurz leer bis ein neuer Mieter einzieht. Problematisch wird der Leerstand erst, wenn er über einen längeren Zeitraum hinweg vorherrscht.
Ein großer Mitgrund für einen längerfristigen Leerstand sind zeitintensive bürokratische Abwicklungen wie Flächenumwidmungen oder das Einholen einer Baugenehmigung. „Dadurch kann schnell mal ein Jahr vergehen, bis die angedachten baulichen Maßnahmen umgesetzt werden“, erklärt der Geschäftsführer der „Kreative Räume Wien“, Uli Fries. Das Gebäude steht also ein Jahr leer, ohne genutzt zu werden.
Probleme bei der Belegung
Gleichzeitig sind unzählige Personen aus der Kunst- und Kulturbranche auf der Suche nach erschwinglichem Raum. Nur selten wird ein Gebäude jedoch an diesen Sektor vermietet. Die Gründe dafür sind vielfältig. „Häufig fehlt den Eigentümerinnen und Eigentümern die Bereitschaft, auf die hohen Mieten des gewerblichen Sektors zu verzichten“, so Uli Fries. Ein weiteres Problem stellen die hohen Aktivierungskosten dar, welche bei länger andauernden Leerständen anfallen können.
Zentral ist bei den Verfügungsberechtigten zudem die Angst vor dem Arbeitsaufwand, welcher für sie im Zuge der Belegung des Gebäudes entstehen könnte. Auch mögliche Nutzungskonflikte, wie bei Veranstaltungen oder Ausstellungen auftretender Lärm, werden als Argument gegen die Vermietung an Kunstschaffende verwendet.

Kreativer Lösungsansatz
Dabei zeigen zahlreiche Beispiele aus der Praxis, wie eine Zwischennutzung durch Kunstschaffende funktionieren kann. Eines dieser Beispiele ist der Verein „Never At Home“. Mit der temporären Aktivierung und künstlerischen Bespielung leerstehender Räume möchte er Lösungskonzepte zum Leerstandproblem aufzeigen und gleichzeitig Kunst und Kultur fördern.
Nach den Leerstandaktivierungen am Stubenring und dem Schulgebäude in der Hegelgasse startete „Never At Home“ nun bereits sein drittes Projekt. Aktuell bespielt das siebenköpfige Team zusammen mit der Plattform „ArtCare“ eine ehemalige Druckerei am Sachsenplatz in der Brigittenau. Möglich gemacht wird das Projekt durch „WohnArt“. Auf 3.600 Quadratmetern Fläche bietet das Areal Raum für 46 Künstlerinnen und Künstler – 38 davon sind bereits eingezogen. Die ehemaligen Bürogebäude werden als Ateliers genutzt, während die alten Druckhallen als Ausstellungs- und Veranstaltungsräume fungieren.
Ateliers sind meist sehr teuer und daher nur für wenige erschwinglich. Die Vereinsmitglieder betonen, wie wichtig es ihnen ist, den Kunstschaffenden leistbare Ateliers und Ausstellungsräume zur Verfügung stellen zu können. „Wir versuchen, die Studios so günstig wie möglich anzubieten. Daher sind unsere Studios auch die günstigsten in Wien“, so Stefan Altenriederer von „Never At Home“. Daher legt der Verein auch Wert darauf, die Ateliers nicht nur an etablierte Künstlerinnen und Künstler, sondern auch an Junge zu vermieten.
Leerstand als Chance
Um Zwischennutzungen auch für die Eigentümerinnen und Eigentümer attraktiv zu machen, muss ihnen aufgezeigt werden, wie sie davon trotz ausbleibender hoher Mieteinnahmen profitieren können. Hierzu können Beratungsstellen für Leerstandaktivierung wie etwa „Kreative Räume Wien“ Auskunft geben.
Durch Zwischennutzung können Gebäude vom Verfall bewahrt werden. Aber auch in Hinblick auf eine neue Vermietung kann sie Vorteile bringen. „Eine Zwischennutzung kann Aufmerksamkeit auf einen Raum lenken – und kann so dazu beitragen, reguläre Mieterinnen zu finden“, so Uli Fries. Aber auch der Übergang von einer Zwischennutzung hin zu einer regulären Miete ist denkbar. Der Geschäftsführer nennt hier die Staffelmiete als wirkungsvolles Instrument.
Mit Blick auf den erheblichen Anteil der Baubranche am Treibhausgasausstoß, muss Raum als Ressource gesehen werden. „Wenn Nutzungspausen bei der Bespielung eines Gebäudes entstehen, soll Zwischennutzung nicht mehr der Einzelfall, sondern die Regel sein“, so der Wunsch von Uli Fries. Gleichzeitig tragen Zwischennutzungen im kreativen Bereich zum Erhalt der florierenden Wiener Kunst- und Kulturszene bei.