Otto Schenk
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Kultur

Otto Schenk blickt auf Leben zurück

Seit fast 80 Jahren steht er auf der Bühne: der Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor Otto Schenk. Kurz vor seinem 93. Geburtstag blickt er am Sonntag in einer Matinee im Theater Akzent noch einmal auf sein bewegtes Leben und seine Karriere zurück.

„Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“, ist der Titel der Matinee, die in der Vergangenheit bereits zweimal über die Bühne ging. Schenk spricht dabei mit Herbert Fechter, seinem langjährigen Manager und Freund. Angekündigt wird eine „Berg- und Talfahrt der Gefühle“ mit Anekdoten und Videozuspielungen. Eine weitere Vorstellung ist für den 12. Juni vorgesehen – Otto Schenks 93. Geburtstag. „Privates Glück ist, wenn mir Menschen noch zuhören“, hatte Schenk in einem Interview mit der APA im Vorjahr gesagt.

Veranstaltungshinweis

„Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut – Otto Schenk im Gespräch mit Herbert Fechter“, Theater Akzent, 14. Mai um 11.00 Uhr und 12. Juni um 19.30 Uhr

Filmhauptrolle noch vor wenigen Jahren

„Ich bin ein schwerer, träger Mühlstein, und immer wieder hat es Leute gegeben, die dieses Mühlrad bewegt haben“, kokettierte Schenk einmal mit der eigenen Trägheit. So schlimm konnte diese aber nicht sein, wenn er im Rückblick auf rund 170 Inszenierungen kommt, die er im Laufe seiner langen Karriere geschaffen hat.

Erst vor wenigen Jahren spielte er noch eine Hauptrolle in dem Fernsehfilm „Vier Saiten“: einen grantigen ehemaligen Starcellisten mit weichem Kern – eine der typischen Schenk-Rollen, mit denen er zum Publikumsliebling wurde. Seine letzte Theaterrolle war die des Dieners Firs in „Der Kirschgarten“ im Theater in der Josefstadt, unmittelbar vor Beginn der Coronavirus-Pandemie. Weitere zunächst geplante Abschiedsvorstellungen wurden 2021 kurzfristig abgesagt.

Bühnendebüt als Gendarm

Geboren wurde Schenk am 12. Juni 1930 in Wien als Sohn eines Notars und einer aus Triest stammenden Verkäuferin und Geschäftsleiterin. Sein Bühnendebüt feierte er bereits 1947 als Gendarm in Karl Schönherrs „Karrnerleut“ im Theater der Jugend.

Beim Vorsprechen am Max-Reinhardt-Seminar als Zettel überzeugte er unter anderen die große Helene Thimig. Mit einer Gruppe gleichgesinnter Theaterenthusiasten übernahm er in dieser Zeit auch das Parkring-Theater und landete mit Erich Neubergs Inszenierung von Becketts „Warten auf Godot“ einen großen Erfolg. Aus den Kellertheatern wechselte er Mitte der 50er über das Volkstheater ans Theater in der Josefstadt.

Weltkarriere als Opernregisseur

Den Durchbruch als Regisseur feierte Schenk 1960 mit seiner Josefstadt-Inszenierung von Eugene O’Neills „O Wildnis!“. Es folgten Horvath-Inszenierungen an den Münchner Kammerspielen, Regiearbeiten am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, bei den Salzburger Festspielen und an der Burg. Sein Schauspieldebüt am Burgtheater gab er erst 1996 als Hohes Alter in Raimunds Zaubermärchen „Der Bauer als Millionär“.

Fotostrecke mit 14 Bildern

Schenk im Jahr 2022
APA/Wolfgang Huber-Lang
Otto Schenk feiert im Juni seinen 93. Geburtstag
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Herbert Neubauer
Schenk als Firs und Alma Hasun als Dunjascha im Dezember 2019 in „Der Kirschgarten“ im Theater in der Josefstadt
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Roland Schlager
Schenk feierte am 12. Juni 2020 seinen 90. Geburtstag, hier sieht man ihn in der Rolle des Klaus Maier im Theater in der Josefstadt
Otto Schenk 88. Geburtstag
APA/Hans Punz
Schenk mit Freunden anlässlich einer Feier zu seinem 88. Geburtstag, 2018
Otto Schenk Romy 2016
APA/Herbert P. Oczeret
ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner, Schenk und Filmproduzentin Regina Ziegler bei der Romy Gala 2016
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Herbert Neubauer
Schenk als Hans Weiring, Hasun (l.) als „Christine“ und Eva Mayer als Mizi Schlager im Stück „Liebelei“ im Josefstadt-Theater in Wien, 2014
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Roland Schlager
Ruth Brauer-Kvam, Schenk, Kurt Sobotka und Gideon Singer im Stück „Forever Young“ am Theater in der Josefstadt, 2013
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Herbert P. Oczeret
Schenk als Edek im Stück „Chuzpe“ in den Kammerspielen in Wien, 2012
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Herbert P. Oczeret
V. l.: Grazyna Dylag als Zofia, Sandra Cervik als Ruth, Schenk als Edek und Gabriele Schuchter als Walentyna in „Chuzpe“ in den Kammerspielen in Wien, 2012
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Roland Schlager
Schenk in der Rolle des Klaus Meier in „Einmal noch“, das am 10. Juni 2010 aus Anlass seines 80. Geburtstags am Theater in der Josefstadt zur Uraufführung gelangte
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Hans Klaus Techt
Schenk als Plutzerkern im Stück „Der Talisman“ im Theater in der Josefstadt, 2009
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Roland Schlager
Schenk als Herr von Ledig im Nestroy-Stück „Unverhofft“, 2008
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Hans Klaus Techt
Schenk als Peter Dickkopf und Herbert Föttinger in der Rolle des Kasimir Dachl, seines Stiefsohns, in Johann Nestroys Stück „Heimliches Geld, heimliche Liebe“, 2001
Otto Schenk auf der Bühne
APA/Robert Jaeger
Christine Ostermayer und Schenk in Peter Turrinis „Josef und Maria“, 1999

Als Opernregisseur machte Schenk Weltkarriere. Seine erste Oper inszenierte er mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ bereits 1957 am Salzburger Landestheater. Den endgültigen Durchbruch in dieser Sparte schaffte Schenk 1962 mit Alban Bergs „Lulu“ an der Wiener Staatsoper. Der aktuelle Staatsoperndirektor Bodgan Roscic behielt die legendäre „Rosenkavalier“-Inszenierung Schenks aus dem Jahr 1968 im Repertoire und ließ sie lediglich musikalisch auffrischen.

TV-Hinweis

„Wien heute“ berichtet am 14. Mai über die Matinee mit Otto Schenk, 19.00 Uhr, ORF2.

Die New Yorker Met, wo Schenk 1970 mit „Fidelio“ debütierte und 2009 noch einmal seinen „Ring des Nibelungen“ auf die Bühne brachte, wurde seine zweite Heimat. Hier brach er für eine Zusammenarbeit mit Anna Netrebko 2006 auch seinen Eid, sich endgültig von der Regie zurückzuziehen, und inszenierte Gaetano Donizettis „Don Pasquale“.

Vom „Bockerer“ bis zum Zauberkönig

Schenk hat sich mit unzähligen Rollen in das Gedächtnis des Publikums gespielt, etwa als „Bockerer“ (1984 im Münchner Volkstheater bzw. 1993 in der Josefstadt), als Fortunatus Wurzel in „Der Bauer als Millionär“ (Salzburger Festspiele, 1987), als Salieri in Peter Shaffers „Amadeus“ (1991), als Zauberkönig in „Geschichten aus dem Wiener Wald“ (1994), als Molieres „Der Geizige“ (1995), als Rappelkopf in Ferdinand Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (Salzburger Festspiele, 1996) und in Thomas Bernhards „Theatermacher“ (2006).

Er ist ebenso Kammerschauspieler wie Ehrenmitglied von Wiener Staatsoper und Theater in der Josefstadt, zum 80er wurde er auch „Bürger von Wien“. „Die Kunst, zum Lachen zu bringen, ist Otto Schenk wie kaum einem anderen gegeben. Weil dieses Lachen aber mit dem geheimen Erkennen menschlicher Fehlbarkeit verbunden ist, lieben ihn die Menschen“, hieß es 2000 in der Begründung für den Lebenswerk-Nestroy. „Otto Schenk hilft ihnen, im Lachen für Augenblicke ihre Ängste aufzulösen. Und tröstet sie damit über eigenes Missgeschick, eigene Schwächen hinweg. So ist er zum populärsten Schauspieler Österreichs geworden.“

Frau Renee verstarb im Vorjahr

Schenk war seit 1956 mit seiner Frau Renee verheiratet. Sie verstarb im Vorjahr mit 95 Jahren. Die beiden hatten sich am Reinhardt-Seminar kennengelernt. Anfangs war Renee selbst noch als Schauspielerin aktiv, bevor sie die eigene Karriere auch zugunsten ihres Mannes aufgab. Das Paar hat einen Sohn, den Dirigenten Konstantin Schenk, geboren 1957.

Seine Popularität in Österreich verdankt Schenk auch seiner regen Bildschirmpräsenz und seinen zahlreichen Lesungen und Soloabenden. Mit Kabinettstücken wie „Die Sternstunde des Josef Bieder“ (seit 1992) und „Othello darf nicht platzen“ (ab 1990) hat er sich vor allem als Komiker ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben.

„Es war nicht immer komisch“, hat er dagegen ein Erinnerungsbuch genannt, „Ich war nie darauf aus, dass es komisch wird. Ich war darauf aus, dass man mir glaubt.“ Zu seinem 90. Geburtstag erschien auch „Schenk – Das Buch“ von Michael Horowitz. Schenk outet sich darin als „Menschenfresser“ und schließt mit einem Ausblick auf das unweigerlich kommende Lebensfinale: „Würde man mich fragen, ob ich Angst vor dem Tode habe, so würde ich antworten: Fragt mich das später!“