Federpenal auf Tisch in Klassenzimmer
ORF.at/Carina Kainz
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Bildung

Waldorfschule zieht vor VfGH

Eine Wiener Waldorfschule zieht wegen der Ungleichbehandlung mit konfessionellen Privatschulen vor den Verfassungsgerichtshof. Konfessionelle Schulen bekommen vom Bund die vollen Gehälter für Lehrkräfte abgegolten. Bei nicht konfessionellen Privatschulen werden Förderungen oft nicht oder nur zum Teil gewährt.

Seit 2017 hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits zweimal ähnlichen Beschwerden nicht stattgegeben. Im konkreten Fall geht es um die Rudolf-Steiner-Schule in Wien-Mauer. Die Einrichtung ist mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet und kann damit anerkannte Schulzeugnisse ausstellen. Sie führt von der Volksschule bis zur Matura (wobei letztere an einer AHS bzw. einer Abendschule absolviert werden muss).

750 Euro Förderung pro Schulkind im Jahr

Die Schule folgt der Waldorfpädagogik, die auf der anthroposophischen Menschenkunde Rudolf Steiners (1861–1925) beruht. „Diese zeichnet sich u. a. durch die Lehren von der Dreigliederung des Menschen (Geist, Seele und Leib) und die Temperamentenlehre aus“, heißt es in der Beschwerde. Jährlich erhält die Schule derzeit rund 750 Euro pro Schülerin bzw. Schüler plus sechs vom Bund bezahlte Lehrkräfte (von insgesamt 43).

Da konfessionellen Privatschulen alle Lehrkräfte vom Staat finanziert werden, ortet die Waldorfschule eine verfassungsrechtliche Ungleichbehandlung. Zuletzt bestätigte der VfGH zwar, dass die Schulen tatsächlich ungleich behandelt werden – gleichzeitig sah er diese Differenzierung aber als „sachlich gerechtfertigt“ an. Dabei verwies er unter anderem auf die auch durch völkerrechtliche Verpflichtungen wie das Konkordat festgehaltene besondere Bedeutung der konfessionellen Privatschulen im Schulsystem.

Im Konkordat verpflichtet sich die Republik unter anderem, die Lehrerkosten konfessioneller Privatschulen zur Gänze zu finanzieren. Die besondere Stellung dieser Schulen liege innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Staats, so der VfGH.

Religionsbekenntnis macht Unterschied aus

Unter anderem argumentiert die Schule nun damit, dass das Religionsbekenntnis kein verfassungskonformes Unterscheidungskriterium darstellt. „Zwischen den nicht konfessionellen Privatschulen und den konfessionellen Privatschulen gibt es keine wesentlichen Unterschiede im Tatsachenbereich, die die differenzierte Behandlung (…) rechtfertigen würde.“ An beiden könne die Schulpflicht absolviert werden, es werde nach gesetzlich anerkannten Lehrplänen unterrichtet und die ausgestellten Schulzeugnisse der Privatschulen seien jenen von öffentlichen Schulen gleichgestellt.

„Die rechtliche Ungleichbehandlung ist neben dem Konkordat im Privatschulgesetz begründet, das im Jahr 1962 zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, als es überwiegend konfessionelle Privatschulen und noch keine nicht konfessionellen Privatschulen in freier Trägerschaft gab“, betonte der Anwalt der Schule, Wolfram Proksch, in einer Aussendung. „Abgesehen davon, dass die Differenzierung zwischen konfessionellen und nicht konfessionellen Privatschulen bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gleichheitswidrig war.“

Schülerzahl steigt, Förderung stagniert

In faktischer Sicht verweist die Schule darauf, dass die Subventionen für Alternativschulen in den vergangenen zehn Jahren pro Kind gesunken seien. „Seit zehn Jahren steigt die Schülerzahl, während die Förderung stagniert, was de facto eine Kürzung um 25 Prozent ergibt. Die konfessionellen Volksschulen werden um das über Zehnfache höher gefördert als Waldorfschulen.“ Den nunmehrigen Antrag sieht man jetzt als „Notwehr“.

Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass wichtige Reformen wie fächer- und jahrgangsübergreifender Unterricht, ganztägig verschränkter Unterricht und das Aufbrechen der 50-Minuten-Einheiten zunächst an Alternativschulen entwickelt worden seien. Darüber hinaus entlaste man durch die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern das staatliche Schulsystem – und in Deutschland sei eine Gleichstellung schon Realität.