Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ, r.) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS,l.)
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Politik

Halbzeit für SPÖ-NEOS: Krisen im Zentrum

Seit zweieinhalb Jahren ist die rot-pinke Stadtregierung im Amt. In dieser Zeit hatte sie zahlreiche Krisen zu meistern: Von der CoV-Pandemie über Skandale in Kindergärten und Wien Energie bis hin zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Inflation auf Wien.

Im November 2020 nahm nach zwei Wochen Verhandlungen und Angelobung die sogenannte Fortschrittskoalition aus SPÖ und NEOS ihre Arbeit im Wiener Rathaus auf. Personell ist das SPÖ-Team unverändert geblieben, die Ressorts sind neu verteilt und der Posten des Vizebürgermeisters neu besetzt.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)
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Michael Ludwig (SPÖ)

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zieht ein bisher gutes Resümee: „Es war eine gute erste Halbzeit und ich freue mich schon auf die zweite. Wir haben mehr als die Hälfte der Projekte, die wir uns vorgenommen haben, abgewickelt, obwohl die Rahmenbedingungen sehr schwierig waren. Wir haben in dieser Zeit mehrere Krisen gleichzeitig zu bewältigen gehabt. Vieles hat immer noch im Nachhall starke Auswirkungen.“

NEOS: Fortschritte trotz aller Krisen

Die Koalition hatte in der ersten Hälfte ihrer Regierungszeit Krisen und Herausforderungen zu bewältigen, die unter normalen Umständen für zwei Legislaturperioden gereicht hätten: von der Covid-19-Pandemie und den Wiener Maßnahmen wie Alles gurgelt über den Ukrainekrieg mit tausenden Flüchtlingen, Energiekrise, die Causa Wien Energie inklusive Untersuchungskommission, Inflation, Missbrauchsskandale in Kindergärten bis hin zur angespannten Situation in den Wiener Spitälern.

Ihm sei es immer wichtig gewesen, neben dem Managen der Krisen die Fortschrittsprojekte ambitioniert anzugehen, betonte Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS): „Hier gibt es in der Stadt einen Regierungsmonitor, der ist online einsehbar. Wir haben 800 Projekte der Stadtregierung verhandelt. Bereits über 600 sind umgesetzt oder in Umsetzung. Und es ist mir wichtig, diesen Fortschritt für Wien zu bringen.“

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS)
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Christoph Wiederkehr (NEOS)

Beide Partner betonen gutes Verhältnis

In der bisherigen rot-pinken Regierungszeit sind zudem so viele Unterstützungen wie selten zuvor gewährt worden, etwa Maßnahmen gegen die Teuerung und finanzielle Hilfe im Bereich Wohnen. Die Koalition beschäftigte sich aber auch mit Themen wie den Lobautunnel, Protestcamps und den Ausstieg aus Gas. Themen, die die Stimmung der Koalition zumindest nach außen hin nicht belastet haben.

Wiederkehr sprach von zwei unterschiedlichen, aber kooperierenden Parteien: „Es sind zwei unterschiedliche Parteien mit auch zwei unterschiedlichen Weltanschauungen. Es gibt immer wieder Dissonanzen und natürlich auch unterschiedliche Auffassungen, die wir aber ausdiskutieren, um dann gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.“

Ludwig betonte die kollegiale Zusammenarbeit mit den NEOS „und würden uns auch wünschen, dass wir einen intensiveren Dialog mit den Oppositionsparteien führen. Denn ich finde es nicht sinnvoll, dass es hier diese scharfe Grenzziehung gibt zwischen Regierung und Opposition. Und ich will mir vornehmen, in der zweiten Halbzeit, wenn man so will, hier auch einen intensiveren Dialog mit den Oppositionsparteien zu führen.“

Opposition sieht Fülle von Versagen

Die Bilanz der Oppositionsparteien zur bisherigen rot-pinken Arbeit fällt nicht ganz unerwartet gegenteilig aus. So sprach der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer von einer vernichtenden Bilanz: „Skandale, Steuergeldverschwendung und Integrationsversagen. Das ist eine Bilanz, die eine Kabinenpredigt eigentlich notwendig machen würde. Und ich sage es Ihnen sehr offen: Die Themen, die brennen auch den Menschen unter den Nägeln.“

Analyse von Politikexperten Thomas Hofer

Die Grünen sahen die bisherige Regierungsarbeit mit sehr viel Orientierungslosigkeit verbunden: „Das, was als Fortschrittskoalition gestartet ist, ist jetzt eigentlich sehr viel Verwaltung, sehr viel Mutlosigkeit, gerade bei den großen Themen wie Klimaschutz. Wir haben eine Teuerungswelle da draußen, ich sehe eigentlich nur sehr mutlose Maßnahmen“, sagte der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus.

Dominik Nepp, Chef der Wiener FPÖ, spricht einer rot-pinken Koalition überhaupt die Existenz ab: „Das ist eigentlich eine rote Alleinregierung, denn die NEOS sind vollkommen in der SPÖ aufgegangen. Und dieser rote Streit in der SPÖ lähmt natürlich auch die Politik in Wien. Darum haben wir ein enormes Sicherheitsdefizit. Wir haben ein Gesundheitswesen, das selbst zum Akutpatienten geworden ist, und wir haben eine Teuerungslawine, die von Rot hausgemacht ist und nicht gestoppt wird.“

Verlängerung der Koalition vorstellbar

Personell ist die Wiener Stadtregierung stabil, bisher ist niemand ausgewechselt worden. Geht es nach den Regierungsparteien, ist 2025 eine Verlängerung der rot-pinken Koalition im Wiener Rathaus durchaus vorstellbar.