Öffentliche Betriebsversammlung von Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
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Politik

Freizeitpädagogik: 2.000 protestieren gegen Reform

In Wien und Salzburg sind am Donnerstag rund 2.000 Freizeitpädagoginnen und -pädagogen auf die Straße gegangen. Sie protestierten gegen eine geplante Reform ihres Berufes. Weiterer Widerstand ist geplant: Eine Aktionswoche ab 12. Juni wird gerade vorbereitet.

Grund für den Protest ist ein Gesetzesentwurf des Bildungsministeriums, der sich noch im Diskussionsstadium befindet. Der Entwurf sieht vor, dass die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen zu „Assistenzpädagoginnen“ und „Assistenzpädagogen“ werden. Sie sollen dann auch im Lernteil von Ganztagsschulen eingesetzt werden und in ein anderes Gehaltsschema wechseln. Matura soll Voraussetzung für die Ausbildung werden, deren Dauer dafür halbiert werden soll.

„Wir sind keine Assistentinnen“

In Wien rief der Betriebsrat von „Bildung im Mittelpunkt“ (BiM) für 15.00 Uhr zur öffentlichen Betriebsversammlung auf dem Stephansplatz und zu einem anschließenden Demomarsch zum Bildungsministerium auf. „Bildung im Mittelpunkt“ gestaltet an 142 öffentlichen Volksschulen den Freizeitteil.

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Öffentliche Betriebsversammlung von Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
Öffentliche Betriebsversammlung von Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Wien
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Öffentliche Betriebsversammlung von Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Wien
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Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren – unterstützt von Eltern und Kindern – dem Aufruf nach Angaben von Polizei und Veranstaltern gefolgt. Die Reform brächte eine Verschlechterung nicht nur für die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen, selbst sondern für das gesamte pädagogische Berufsfeld, warnten die Demonstrierenden. „Wir sind keine Assistentinnen, wir sind eine eigene Profession!“, betonte die BiM-Betriebsratsvorsitzende Selma Schacht, die auch weiteren Widerstand gegen die geplante Reform ankündigte.

Freizeit-Pädagogen streiken

Die Betreuung an den öffentlichen Volksschulen soll neu organisiert werden, wenn es nach dem Bildungsministerium geht. Assistenz-Pädagogen sollen die Freizeit-Pädagogen ersetzen. Die Betroffenen befürchten weniger Gehalt und schlechtere Arbeitsbedingungen. Dagegen haben sie am Stephansplatz demonstriert.

Demonstrationen in anderen Bundesländern geplant

Bereits von 8.00 bis 10.00 Uhr fand eine vom Betriebsrat des Salzburger Vereins für Freizeitbetreuung und der Gewerkschaft GPA organisierte Kundgebung auf dem Mozartplatz in der Salzburger Altstadt statt. Laut GPA-Salzburg-Geschäftsführer Michael Huber nahmen daran rund 50 Personen teil. Am Freitag sollen die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Kärnten auf die Straße gehen, am 15. Juni in der Steiermark.

Laut dem BiM-Betriebsrat, der rund 2.300 Freizeitpädagoginnen und -pädagogen in Wien vertritt, brächte die geplante Reform Gehaltskürzungen von bis zu einem Fünftel, „unsinnige Einstiegshürden“, eine Verschlechterung der Ausbildung, eine unklare arbeitsrechtliche Situation und bedeute das Aus für die Freizeitpädagogikanbieter. Die Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) kritisierte, dass bei dem neuen Modell anstelle von Trägerorganisationen wie z. B. Hilfswerk, Volkshilfe und Kinderfreunden die Bildungsdirektionen der Länder das Angebot direkt verantworten sollen. Die Reform würde „ein bestens funktionierendes System“ gefährden.

Sorge um verschränkten Unterricht in Ganztagsschulen

Die SPÖ-Bundesbildungsorganisation befürchtet unterdessen, dass die Reform weniger Ferienbetreuung und ein Abgehen vom verschränkten Unterricht in Ganztagsschulen bedeuten würde. In Wien, das bereits über ein gut organisiertes System der Ganztagesbetreuung verfüge, wäre die Reform „eine enorme Verschlechterung“. Die Wiener SPÖ startete deswegen auf ihrer Website eine Petition.

Kind auf Spielplatz
ORF
Freizeitpädagoginnen und -pädagogen sind aktuell für die Freizeitgestaltung zuständig

Die Berufsgruppe der Freizeitpädagoginnen und -pädagogen wurde vor zehn Jahren geschaffen, um trotz Lehrkräftemangels den Personalbedarf beim Ausbau der schulischen Tagesbetreuung decken zu können. Die Freizeitpädagoginnen und -pädagogen sind „nur“ für die Freizeitgestaltung zuständig. In der individuellen Lernzeit, in der die Kinder bei den Hausaufgaben unterstützt werden, dürfen derzeit nur Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher eingesetzt werden.

Der Reformentwurf sieht nun vor, dass ab Herbst 2024 die zwei Berufsbilder Freizeitpädagoge und Erzieher durch „Assistenzpädagogen“ ersetzt werden, die im gesamten Betreuungsteil an ganztägigen Schulen einsetzbar sein und diesen sogar leiten dürfen sollen. Auch bei Bewegungseinheiten und fächerübergreifenden Einheiten in der Sommerschule sollen sie einsetzbar sein.

Lehrverpflichtung von 32 Wochenstunden geplant

Im neuen Modell soll die Matura Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung zum Assistenzpädagogen sein, die Dauer wird im Vergleich zur Freizeitpädagogikausbildung mit 30 ECTS halbiert. Außerdem soll die neue Berufsgruppe eine eigene Gehaltstabelle im Lehrerdienstrecht und eine Lehrverpflichtung von 32 Wochenstunden bekommen.

Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann hat die Reform zuletzt gegen Kritik verteidigt. Geplant sei eine Aufwertung der Berufsgruppe. Verschlechterungen soll es keine geben. Außerdem stecke man noch in den Verhandlungen.