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Chronik

Schlechte Noten für Wiener Schulen

Der Lehrkräftemangel hat Schulleiter in Wien das ganze Jahr begleitet. Förderunterricht für Sprachschwierigkeiten blieb oft auf der Strecke. Der Beruf des Lehrers in der Großstadt sei nicht attraktiv genug, viele wandern nach Niederösterreich ab.

In der OMS Pfeilgasse in der Josephstadt wurden im vergangenen Schuljahr rund 240 Schülerinnen und Schüler von insgesamt 35 Lehrkräften unterrichtet. In den Deutschförderklassen kommen 20 Kinder auf eine Lehrerin. Es gibt Personalmangel, beklagt die Schulleiterin Martina Dedic.

Zwar gebe es auch in allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) ähnliche Klassengrößen, vergleichen könne man die Situation aber nicht. „Wir haben eben Kinder, die verhaltensauffällig, sozial und emotional beeinträchtigt sind. Da braucht es eine unheimlich große Unterstützung.“ Bei Krankenständen, Mutterschutz oder Pensionierungen wird auf jene zurückgegriffen, die gerade noch in der Ausbildung sind, schildert Dedic.

„Die jetzige Ausbildung ist meiner Meinung nach, und was ich von vielen Leuten rundherum höre, nicht die geeignetste.“ Pädagogik und Inklusion würden vernachlässigt. „Die Lehrer und Lehrerinnen selbst arbeiten toll, sie schmeißen sich wirklich rein. Sie sind für die Kinder da und machen mehr, als Lehrkräfte eigentlich tun sollten.“ Man solle zwar Wissen vermitteln, sei hier aber auch Sozialarbeiter. Für die Schulleiterin ist das ausschlaggebend, weshalb der Lehrerberuf für manche unattraktiv geworden ist.

Bilanz am Schuljahresende

Die Wiener Schulen ziehen kurz vor Beginn der Sommerferien Bilanz: Nach wie vor mangle es an Lehrkräften, weshalb der Förderunterricht für Sprachschwierigkeiten oft auf der Strecke bleibt. Auch in der Bildungsdirektion gibt es einen Personalmangel.

„Wollen Lehrer-Abwanderung nicht verhindern“

Bildungsdirektor Heinrich Himmer sieht das anders. Für ihn ist der Lehrerberuf weiterhin attraktiv. Er untermauert diese Aussage damit, dass für das kommende Schuljahr 2200 Stellen ausgeschrieben sind, bei bereits 3000 Bewerberinnen und Bewerbern. Angesprochen auf die Abwanderung von Lehrpersonal aus Wien betont er im Interview in der Sendung „Wien heute“, dass man die Abwanderung nicht unterbinden wolle. Man müsse dem Lehrermangel als Bund begegnen. Ein Wechsel zwischen den Bundesländern solle kein Problem darstellen.

Bildungsdirektor Himmer zum Lehrermangel

Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer spricht unter anderem über den Lehrermangel und mögliche Lösungen

„Wir haben jetzt ein neues Kooperationsmodell mit den Hochschulen in Wien geschaffen, wo wir zum Beispiel für bestimmte Fachrichtungen eine Zusammenarbeit in Angriff genommen haben. Wir holen dabei Studierende, die am Ende ihres Studiums sind, zur Unterstützung in die Schulen.“, so Himmer.

Lehrkräftemangel in einem Jahr verdoppelt

An der OVS Grubergasse in Ottakring gibt es laut Schulleiterin Martina Mollay ebenso ein großes Personalproblem. Nächstes Jahr sollen doppelt so viele Lehrkräfte wie bereits in diesem Jahr fehlen. 300 Kinder gehen in die OVS Grubergasse. „Das nächste Jahr plane ich auf Luft. Fürs nächste Jahr fehlen mir 120 Lehrerstunden. Das ist noch einmal dramatisch gestiegen, weil Lehrpersonen nach Niederösterreich abwandern und weil sich manche Lehrerinnen versetzen lassen.“

Außerdem gebe es Pensionierungen. Betroffen vom Mangel sind vor allem jene Kinder, die einen speziellen Sprachförderbedarf haben. Traumatisierte ukrainische Kinder ohne Deutschkenntnisse konnten hier nicht so gefördert werden, wie es sich die Schulleitung gewünscht hätte. Die Schulleiterin Martina Mollay fasst die Situation zusammen: „Ehrlich gesagt, wir waren froh, dass jemand in der Klasse steht, der atmet.“

FPÖ: „Keine nachhaltigen Maßnahmen“

Die Wiener FPÖ sieht Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) einmal mehr „restlos überfordert“. Ihm sei der Lehrermangel zuzuschreiben. Obwohl die prekäre Situation an Volks- und Mittelschulen seit Jahren bekannt sei, seien echte und nachhaltige Maßnahmen ausgeblieben, sagte der Bildungssprecher der Wiener FPÖ, Maximilian Krauss. Die Hilferufe aus den Schulen dürften nicht länger ungehört bleiben, Wiederkehr sei dringend gefordert zu handeln.