Ex-BZÖ-Politiker Stefan Petzner am Mittwoch, 7. Juni 2023, anl. des Prozesses wegen schweren Betrugs am Straflandesgericht in Wien.
APA/HELMUT FOHRINGER
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Chronik

Stefan Petzner wegen Betrugs verurteilt

Der frühere BZÖ-Politiker Stefan Petzner ist am Mittwoch wegen Sozialbetrugs nicht rechtskräftig zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden. In der Verhandlung hatte er angegeben, keinen Vorsatz gehabt zu haben, jemanden zu betrügen, es sei ein Fehler passiert.

Das Gericht ging davon aus, dass Petzner sich 2019 wissentlich und in Täuschungsabsicht Arbeitslosengeld und Notstandshilfe in Höhe von knapp 7.600 Euro erschlichen hatte. Auf seine Verurteilung reagierte der 42-Jährige äußerst ungewöhnlich und erinnerte dabei an ein trotziges Kind. Petzner erhob sich vom Anklagestuhl und setzte sich mit dem Rücken zur Richterin und gespreizten Beinen wieder hin, wobei er gegen die Lehne des Sessels wippte, während die Richterin ihr Urteil begründete.

Ex-BZÖ-Politiker Stefan Petzner am Mittwoch, 7. Juni 2023, anl. des Prozesses wegen schweren Betrugs am Straflandesgericht in Wien.
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Stefan Petzner am Landesgericht Wien

„Sie reden einen Blödsinn!“, warf Petzner plötzlich ein, worauf ihn Verteidiger Meinhard Novak ermahnte. „Des is ma wurscht, die redet an Blödsinn“, beharrte Petzner. Nach der Verhandlung auf sein Verhalten im Gerichtssaal angesprochen, erklärte der 42-Jährige: „Ich bin ein emotionaler Mensch. Ich bin nicht so ein eiskalter Mensch wie der Grasser (Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Anm.).“ Mit ihm seien die Emotionen durchgegangen, „wenn man eine Kamikaze-Richterin vor sich hat“.

Petzner legt „volle Berufung“ ein

Petzner legte gegen das Urteil „volle Berufung“ ein, wie er nach der Urteilsbegründung feststellte. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab. Der Angeklagte hatte zu Beginn der Verhandlung gesagt: „Ich bekenne mich einsichtig nicht schuldig.“ Er sei der Überzeugung gewesen, dass alles in Ordnung gewesen sei, so Petzner. Er habe laut seinem Ermessen „alles richtig ausgefüllt“.

Petzners Anwalt Novak hatte eine diversionelle Erledigung angestrebt, drang damit bei Einzelrichterin Sonja Weis aber nicht durch. Sein Mandant habe keine bösen Absichten gehabt, versicherte Novak: „Er hat einen politischen killing instinct. Das kann er, aber Geschäftsmann ist er keiner.“ Novak zitierte in diesem Zusammenhang den Udo-Jürgens-Song „Traumtänzer“ – Petzner ist als Udo-Jürgens-Verehrer bekannt – und hielt fest: „Er (Petzner, Anm.) ist halt dieser Traumtänzer.“

„Kein Zahlenmensch“, „ein bisschen ein Chaot“

Petzner führte im Prozess aus, er habe 2019 sein Unternehmen – die petzner communications e. U. – aufgrund gesundheitlicher Probleme ruhend gestellt und auf Rat seines Vaters Sozialleistungen beantragt: „Es war mir richtig peinlich, zum AMS zu gehen. Ich habe 15 Minuten gebraucht, um mich hineinzutrauen. Ich habe das als persönliche Niederlage empfunden.“

Dass er in diesem Zeitraum auf Basis von insgesamt drei Aufträgen Einkommen als Selbstständiger bezog, habe er nicht als problematisch angesehen: „Es waren so 5.000 Euro. Das waren nicht 100.000 Euro wie bei der Karmasin (ehemalige ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin, Anm.).“ Er sei „ein bisschen ein Chaot“ und „kein Zahlenmensch, kein Mathematikmensch. Der Mathematiklehrer hat in der Schule gesagt: Der Petzner schafft die Matura sicher nicht. Ich hab’ sie trotzdem geschafft.“

AMS leitete Rückforderungsverfahren ein

Ein Vertreter des Arbeitsmarktservice (AMS) erklärte im Zeugenstand, Petzner sei 2019 als pflichtversicherter Selbstständiger gemeldet gewesen. Man habe ein Rückforderungsverfahren hinsichtlich der gegenständlichen Sozialleistungen eingeleitet, weil Petzner im infrage kommenden Zeitraum Einkünfte jenseits der Geringfügigkeitsgrenze bezogen habe. Petzner hatte laut seinem Einkommensteuerbescheid aus seiner beruflichen Tätigkeit Honorare in Höhe von rund 30.000 Euro erhalten, während er seine AMS-Anträge stellte.

Bis zu drei Jahre Haft drohten

Vor dem Prozess hatte Petzner gesagt, er sei zur Schadensgutmachung bereit. Sollte die Richterin ihm ein Diversionsangebot unterbreiten und die Staatsanwaltschaft mit diesem Vorgehen einverstanden sein, wäre Petzner ohne Verurteilung davongekommen. Ihm drohten bis zu drei Jahre Haft.

Petzner saß von 2008 bis Oktober 2013 für das BZÖ im Nationalrat und betrieb danach eine PR-Beratungsagentur, mit der er unlängst in die Insolvenz schlitterte. Das Insolvenzverfahren ist inzwischen wieder aufgehoben, ein Sanierungsplan wurde genehmigt, Petzners Gläubiger bekamen eine Quote von 25 Prozent zugestanden.