Ein Patient in einem Pflegebett
APA/Hans Klaus Techt
APA/Hans Klaus Techt
Gesundheit

Patientenanwalt: Bericht zeigt Defizite

Schon vor seiner Veröffentlichung sorgt der Bericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft für das Jahr 2022 für Aufregung. Die Ärztekammer sieht eine Spitalsmisere in Wien durch den Bericht bestätigt.

Laut „Kronen Zeitung“, die aus dem Bericht der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft zitiert, hätte der Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) im Vorjahr öfter versucht, Gefährdungsanzeigen der Belegschaft unter anderem der Klinik Ottakring, Klinik Floridsdorf sowie Favoriten und dem AKH als „übertriebene Aktionen“ zu relativieren. So kündigte etwa die Klinik Ottakring gestern Mittwoch für den 30. Juni einen Warnstreik an.

Kritisiert werden dort die Arbeitsbedingungen. Gefordert werden mindestens 20 Prozent mehr ärztliches Personal für die Abteilung oder auch eine deutliche Anhebung der Zulage der Zentralen Notaufnahme, „um die psychisch und physisch belastende Arbeit in einer Notaufnahme adäquat abzugelten“. Auch eine „faire Verteilung“ der Rettungszufahrten auf alle Notaufnahmen Wiens, angepasst an den Personalstand und die tatsächlichen Bettenkapazitäten, wird urgiert.

Betreuungsdefizite und mangelnde Erreichbarkeit

Laut „Kronen Zeitung“ würde die Häufung der Anzeigen in Kombination mit Bettenschließungen und OP-Verschiebungen auf ernsthafte Personalprobleme hindeuten, soll die WPPA in ihrem Bericht schreiben. Dort sollen exemplarisch jene Beschwerden ausgewählt worden seien, die auf einen Zusammenhang mit Ressourcenproblemen oft in Verbindung mit Kommunikationsschwächen hindeuten. Laut „Krone“ wurden da etwa in Ambulanzen die mangelnde telefonische Erreichbarkeit sowie Betreuungsdefizite während des Wartens kritisiert.

Als Beispiel wurde ein 31-Jähriger thematisiert, der trotz Schmerzen in der linken Brust mit der Diagnose Muskelverspannung bzw. Nervenschmerzen wieder nach Hause geschickt wurde. Wenig später erlag der Mann einem Herzinfarkt. Eine 53-Jährige verblutete bei der Dialyse, weil die Drehverriegelung nicht korrekt durchgeführt wurde. Das gewaschene Blut floss nicht zurück in den Körper, sondern auf den Boden. Die Frau erlitt einen Hirnschaden aufgrund des Blutverlustes und starb.

Jelinek kommentiert Bericht erst nach Veröffentlichung

Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek betonte in einer an die APA übermittelten Stellungnahme, dass der Bericht erst am kommenden Mittwoch veröffentlicht werde und auf der Homepage der WPPA für jeden einsehbar sei: „Offensichtlich ist er schon jetzt an ein Medium weitergegeben worden.“ Die in dem Bericht aufgezeigten strukturellen Mängel und die daraus abgeleiteten Empfehlungen“ würden erst nach der Veröffentlichung des Berichts kommentiert.

„Die im Tätigkeitsbericht – wie schon in den vergangenen Jahren – dargestellten Einzelfälle dienen nicht dazu, die derzeit breit diskutierten Personalprobleme zu veranschaulichen, sondern dazu, die Tätigkeit der WPPA im Zusammenhang mit individuellen Behandlungsfehlern und die dabei für die Patientinnen und Patienten oder ihre Angehörigen erzielten Entschädigungen darzulegen“, betonte Patientenanwalt Jelinek gegenüber der APA.

Ärztekammer fühlt sich durch Bericht bestätigt

Die Ärztekammer Wien sieht eine Spitalsmisere in Wien durch den Bericht der Patientenanwaltschaft bestätigt. Was von Stadt und WIGEV als „Getöse der Ärztekammer“ abgetan wurde, stelle nun auch die Patientenanwaltschaft fest: "Wer Gefährdungsanzeigen des Personals als ‚übertriebene Aktionen‘ relativiert, spielt mit dem Leben von Patientinnen und Patienten“, sagte der geschäftsführende Vizepräsident Stefan Ferenci.

Zum Streik in der Klinik Ottakring sagte Ferenci, es sei verständlich, dass die Beschäftigten in den Spitälern sich angesichts der „Deckel-drauf-Politik“ des WIGEV und der Stadt nun selbst organisieren. Beschäftigte würden immer wieder beklagen, von Personalvertretung und Gewerkschaft younion im Stich gelassen zu werden. Für die Ärztekammer sei per Rechtsgutachten klar, dass die Verhältnis- und Rechtmäßigkeit von dezentral organisierten Streiks auch gegen die Zustimmung der Gewerkschaft younion außer Frage steht.