OGH ENTSCHEIDET †BER FIRTASCH AUSLIEFERUNG AN DIE USA: FIRTASCH
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

Firtasch-Verfahren beginnt von vorne

Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat die Wiederaufnahme des Verfahrens über die Auslieferung des ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch bewilligt, wie es am Freitag in einer Aussendung mitgeteilt hat. Das bedeutet für das von den USA betriebene Auslieferungsverfahren zurück an den Start.

Die USA haben vor mittlerweile mehr als neun Jahren die Wiener Justiz um Auslieferung Firtaschs im Zusammenhang mit angeblichen Schmiergeldzahlungen ersucht. Firtasch solle umgerechnet mindestens rund 17 Millionen Euro an indische Politiker gezahlt haben, und zwar für ein nie realisiertes Geschäft mit Titan. Firtasch bestreitet den Vorwurf, er habe sich in Indien ab 2006 gemeinsam mit anderen Personen als Teil einer kriminellen Vereinigung Lizenzen zum Mineralabbau gesichert.

Juristisches Marathon-Pingpongspiel

Firtasch war 2014 auf Betreiben der USA in Österreich festgenommen worden, kam aber gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro auf freien Fuß. Seither beschäftigt das Auslieferungsverfahren mehrere Instanzen und gleicht einem juristischen Pingpongspiel über eine Marathondistanz. In erster Instanz entschied das Wiener Landesgericht für Strafsachen am 30. April 2015 gegen eine Auslieferung, weil die Anklage politisch motiviert sei.

Das OLG Wien erklärte im Februar 2017 die Auslieferung Firtaschs jedoch für zulässig, worauf der Oberste Gerichtshof (OGH) tätig wurde. Im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes und einen Erneuerungsantrag hemmte der OGH im Dezember 2017 die Durchführung der Auslieferung für die Dauer des Verfahrens.

Im Juli 2019 entschied der OGH, dass anders als vom OLG angenommen zwar auch beim Vorwurf von „rein kriminellen Taten“ geprüft werden müsse, ob das Ersuchen aus politischen Beweggründen gestellt worden sei. Der OGH billigte aber die Beurteilung durch das OLG, dass solche politischen Gründe nicht erwiesen seien.

OLG hob eigene Entscheidung auf

Daraufhin beantragte Firtasch im Juni 2019 die Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens und legte dazu zahlreiche neue Dokumente vor, darunter notariell beglaubigte schriftliche Zeugenaussagen. Das Wiener Landesgericht für Strafsachen Wien wies den Antrag auf Wiederaufnahme im März 2022 ab.

Der dagegen eingebrachten Beschwerde von Firtaschs Rechtsvertretern wurde nun allerdings vom OLG Folge gegeben, womit zugleich die Entscheidung desselben Gerichts aus dem Jahr 2017 aufgehoben wurde.

Straflandesgericht muss erneut entscheiden

„Das Landesgericht für Strafsachen Wien wird nun auf der Basis der neuen Beweismittel neuerlich über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden haben“, teilte OLG-Sprecher Reinhard Hinger mit. Die aktuelle Entscheidung des OLG bedeute nur, „dass Gründe für die Wiederaufnahme vorliegen“. Die Entscheidung in der Sache selbst obliege dem Erstgericht.

Dabei wird auch zu prüfen sein, ob Firtasch allenfalls diplomatische Immunität zukommt. „Die genannte Person hat in Österreich keine diplomatische Immunität“, erklärte indes eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums am Freitag auf APA-Anfrage. Nicht kommentieren wollte sie die Frage, welche außenpolitischen Konsequenzen das Ministerium im Zusammenhang mit der Gerichtsentscheidung sehe.

Wenn rechtskräftig entschieden würde, dass die Auslieferung zulässig ist, hätte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bzw. deren allfällige Nachfolgerin oder Nachfolger zu entscheiden, ob sie auch durchgeführt wird. Wenn rechtskräftig entschieden würde, dass sie unzulässig ist, käme die Auslieferung nicht in Betracht.

Anwalt: „Firtasch in hohem Maße dankbar“

Die am Freitag bekanntgegebene Entscheidung sei für seinen Mandanten eine große Erleichterung, reagierte Firtaschs Anwalt, Dieter Böhmdorfer: „Herr Firtasch ist in hohem Maße dankbar, dass die unabhängige österreichische Justiz äußerst genau und objektiv die neu beigebrachten Tatsachen und Beweismittel geprüft und auf dieser Grundlage die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens bejaht hat.“