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Insolvenzen in Wien steigen kontinuierlich

892 Unternehmen sind im ersten Halbjahr 2023 in Wien von Insolvenzen betroffen. Das ist ein Plus von 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, berichtet der KSV. Und es ist mehr als ein Drittel alle Unternehmen, die österreichweit im selben Zeitraum insolvent geworden sind.

Laut dem Gläubigerschutzverband KSV1870 stiegen die geschätzten Passiva in Wien im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 330 Mio. Euro. Bis zum Jahresende wären bis zu 1.800 Insolvenzen realistisch. Der bereits im Jahr 2022 eingesetzte Trend setze sich im laufenden Jahr fort: Die Insolvenzzahlen in Wien steigen kontinuierlich. Bei 892 Insolvenzen bedeute das rund fünf Firmenpleiten pro Tag in Wien. Im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor der Covid-19-Pandemie, gab es im ersten Halbjahr 2023 um 49 insolvente Wiener Unternehmen mehr.

„Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Wiener Unternehmen derzeit sehr herausfordernd sind. Von einer ‚Insolvenzwelle‚ ist die Bundeshauptstadt aber dennoch ein Stück entfernt“, sagte Jürgen Gebauer vom KSV1870.

Antrag auf Insolvenz oft zu spät

Von den 892 insolventen Unternehmen in Wien wurde bei rund 42 Prozent mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von 15,4 Prozent. Der Trend der vergangenen Monate und Jahre hält damit weiterhin an. „Leider wird trotz unseres sanierungsfreundlichen Insolvenzrechts oft zu lange mit der Insolvenzantragstellung zugewartet, wodurch noch vorhandene Vermögenswerte zu Lasten der Gläubiger vernichtet werden“, erklärte Gebauer.

Passiva in Wien um 2,5 Prozent gestiegen

Sind bundesweit die geschätzten Verbindlichkeiten im Vergleich zum Vorjahr um 26 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro gestiegen, kam es in Wien zu einem deutlich geringeren Anstieg. Verbindlichkeiten in Höhe von 330 Mio. Euro sind ein Plus von 2,5 Prozent. Der Grund für den geringeren Anstieg liegt darin, dass im Vergleich zu Restösterreich in Wien bereits im Jahr 2022 mehrere Großinsolvenzen aufgeschlagen haben.

Dennoch sind auch im Jahr 2023 aktuell zwei der fünf größten Pleiten des Landes am Handelsgericht Wien anhängig. Auffallend ist, dass zwei der drei größten Wiener Unternehmensinsolvenzen aus dem Energiebereich stammen. So finden sich die Konkurse der Gazprom Austria GmbH sowie der envitra Energiehandel GmbH hinter der Insolvenz einer Privatstiftung auf den Plätzen zwei und drei in Wien.

Mehr Insolvenzen als im Vorjahr erwartet

Die drei größten Insolvenzen Wiens waren die Alpha Privatstiftung mit 31,6 Mio. Euro, die Gazprom Austria GmbH mit 31,4 Mio. und die envitra Energiehandel Ges.m.b.H. mit 20,0 Mio. In Wien waren Bauwirtschaft und Handel am stärksten betroffen. Die meisten Insolvenzen gab es bei der Bauwirtschaft mit 106 Insolvenzfällen. Es folgt „Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ (102 Fälle) und die Beherbergungs- und Gastronomiebranche (77 Fälle).

Der KSV 1870 hält bis zum Jahresende rund 1.800 Firmenpleiten für möglich und damit mehr als im Vorjahr. „Aufgrund der für die Wiener Unternehmenslandschaft generell herausfordernden wirtschaftlichen Situation ist davon auszugehen, dass insbesondere für jene Firmen, die sich bereits jetzt in Schieflage befinden, ein Insolvenzverfahren unausweichlich sein wird“, befürchtete Gebauer.