Das Opel-Werk in Aspern
Stellantis Austria/Christian Houdek
Stellantis Austria/Christian Houdek
Wirtschaft

Stellantis schließt Wiener Opel-Werk

Das Anfang der 1980er Jahre gegründete Opel-Werk in Wien-Aspern schließt bald endgültig. Der Betreiber Stellantis sieht für das Werk, in dem derzeit noch rund 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit der Getriebefertigung beschäftigt sind, keine Zukunft.

Für die Beschäftigten soll in den kommenden Wochen ein umfassender Sozialplan ausgearbeitet werden, gab Stellantis am Mittwoch bekannt. Die Stadt Wien will eine Arbeitsstiftung einrichten. „Es gibt noch keinen Termin für ein Produktionsende, jetzt beginnen die Gespräche mit den Betriebsräten“, hieß es aus dem Unternehmen zur APA. Der Prozess werde mehrere Monate dauern.

Für die Beschäftigten werde ein Jobcenter eingerichtet, das Hilfe bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes, einschließlich Optionen innerhalb des Konzerns, bieten soll. Stellantis hat abgesehen von dem Werk in Wien-Aspern keine anderen Produktionsstandorte in Österreich. Im Vertrieb sind hierzulande rund 250 bis 300 Personen beschäftigt.

Stellantis schließt Wiener Opel-Werk

Das Anfang der 1980er Jahre gegründete Opel-Werk in Wien-Aspern schließt bald endgültig. Der Betreiber Stellantis sieht für das Werk, in dem derzeit noch rund 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit der Getriebefertigung beschäftigt sind, keine Zukunft.

Fokus soll auf französischem Standort liegen

Im Zusammenhang mit dem gravierenden Wandel in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität seien die Voraussetzungen für eine nachhaltige Zukunft des Werks Aspern nicht gegeben, so Stellantis laut einer Mitteilung. In Aspern werden derzeit noch Sechsgangschaltgetriebe für Verbrennungsmotoren hergestellt, pro Tag sind das rund 1.000 Pkw-Getriebe. Stellantis will die Getriebeproduktion auf den französischen Standort Valenciennes fokussieren.

Betriebsgelände in „roter Zone“

Was mit dem österreichischen Werk nach dessen Ende passiert, ist noch nicht klar. Grundstückseigentümer ist die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Das Betriebsgebiet umfasst rund 600.000 Quadratmeter. Laut einer Aussendung von Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) befindet es sich in einer „roten Zone“. Das heißt, es ist für die betriebliche Nutzung gedacht und kann nicht umgewidmet werden. Die Wirtschaftsagentur Wien stehe als Partnerin für eine wirtschaftliche Neunutzung bereit.

Wiener Stadtwerke wollen Jobs anbieten

Wirtschaftsstadtrat Hanke sprach in der Aussendung von einer Ära, die in der Donaustadt zu Ende gehe, und von einer „traurigen Entscheidung“ für die Belegschaft. Man werde den Betroffenen gemeinsam mit Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zur Seite stehen. Es gebe bereits eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen dem städtischen Förderungsfonds waff, dem Betriebsrat und dem Unternehmen, hieß es. Schon im Zuge einer großen Personalabbauwelle 2018 habe es eine Arbeitsstiftung im waff gegeben.

Zudem wollen die Wiener Stadtwerke Jobs anbieten, etwa bei den Wiener Linien. Man habe in Zusammenarbeit mit dem Bund alles getan, um Opel/Stellantis in Wien zu halten, betonte Hanke. Durch die gesetzten Maßnahmen habe man den Standort auch für fünf weitere Jahre gesichert. „Dass sich letztendlich die Konzernstrategie durchgesetzt hat und nicht die Qualität des Standortes, müssen wir zu Kenntnis nehmen“, meinte Hanke.

Gewerkschafter: „Skandalöse Entwicklung“

Die Nachricht sei eine „absolute Hiobsbotschaft“, sagte Reinhold Binder, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) im Interview mit „Wien heute“. Nun stünden die betroffenen Beschäftigten im Fokus, es müsse ein Sozialplan im Detail ausgearbeitet werden. Am Freitag tage der Aufsichtsrat.

2018 erhielt das Opel-Werk eine „Innovationsförderung“ der Stadt Wien in der Höhe von einer Million Euro – damit der Standort erhalten bleibt. Viele Versprechungen hätten sich „in Luft aufgelöst“, kritisierte Gewerkschafter Binder und sieht eine „skandalöse Entwicklung“. Binder forderte für die Zukunft: „Jede Forschungsmillion muss gekoppelt werden an konkrete Arbeitsplätze in Österreich.“

Werk schrumpfte in vergangenen Jahren

Die Geschichte des Opel-Werks in Wien begann am 23. August 1979, als der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) und GM-Austria-Generaldirektor Helmuth Schimpf einen Vertrag für die Errichtung eines Motorenwerkes unterzeichneten. Opel war damals Teil der amerikanischen General-Motors-Gruppe. In der Hochphase 1983 waren rund 2.200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Standort beschäftigt. Im August 2017 wurde Opel Teil der französischen PSA-Gruppe. Im Jänner 2021 fusionierten die Peugeot-Mutter PSA und Fiat-Chrysler zu Stellantis.

In den vergangenen Jahren schrumpfte das Werk immer weiter zusammen. Bis 2020 wurden an dem Standort noch Motoren gefertigt. Damals verlor Aspern den letzten Großauftrag von General Motors, der Mitarbeiterstand reduzierte sich weiter. Auch die Pandemie und Probleme wegen Chipmangels setzten dem Standort zu.

Nachfrage nach Getrieben aus Wien sinkt

Mit dem Wandel in der Automobilindustrie, dem Fokus auf Elektromobilität und der damit einhergehenden fortschreitenden Elektrifizierung der Stellantis-Produktpalette sinke die Nachfrage nach Sechsgangschaltgetrieben für Verbrennungsmotoren aus Wien, so der Autobauer. Stellantis hat derzeit 28 Elektroautomodelle (BEV) auf dem Markt und will diese Zahl bis Ende 2024 fast verdoppeln.

Zu Stellantis in Österreich gehören die Automarken Abarth, Alfa Romeo, Citroen, DS Automobiles, Fiat und Fiat Professional, Jeep, Opel und Peugeot, die „Mobilitätsmarke“ Free2Move, die Finanzorganisationen Stellantis Financial Services und Leasys Austria sowie die Händlerbetriebe Stellantis&You und das Produktionswerk Wien-Aspern. Der Vertrieb der Marke Maserati ist separat organisiert.

FPÖ sieht Aus für Verbrennermotor als Grund

FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker sah das Bekenntnis zur Elektromobilität als Ursache für die Schließung. "Das ist also das Ergebnis der Verkehrspolitik der EU und der Grünen. Das sture Verteufeln des Verbrennungsmotors vernichtet Existenzen von fleißigen Arbeitern. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp vermutet hinter der Schließung ebenso das „kommende Verbot des Verbrennungsmotors“, außerdem die „katastrophale Standortpolitik der rot-pinken Stadtregierung“ und die „Teuerungswelle von SPÖ-Bürgermeister Ludwig“.

Laut Plänen der EU dürfen ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotor mehr zugelassen werden, noch offen ist ob es Ausnahmen für den Betrieb mit eFuels gibt. Rund jeder fünfte in Österreich neu zugelassene Pkw verfügt mittlerweile über einen reinen Elektroantrieb.

ÖVP kritisiert Standortpolitik, SPÖ die Regierung

Manfred Juraczka, Finanzsprecher der Wiener Volkspartei, sprach von einem „schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort in Wien“. Den betroffenen Mitarbeitern müsse seitens der Stadt jedenfalls umfassend zur Seite gestanden werden. Verwundert zeigt sich Juraczka, dass trotz der im Jahr 2018 mit einer Million Euro dotierten Einzelförderung für das Unternehmen der Standort letztendlich nicht gehalten werden konnte.

Von einer „Hiobsbotschaft“ sprach SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Jetzt gehe es darum, die Beschäftigten zu unterstützen. Die Schließung sei auch Ausdruck fehlenden Gestaltungswillens seitens der Regierung in der Industriepolitik. Man müsse davon ausgehen, dass durch den Wandel hin zur E-Mobilität viele Arbeitsplätze verloren gehen. Das könne die Regierung „nicht einfach schulterzuckend zur Kenntnis nehmen“, so Muchitsch.