Warnstreik des ärztlichen Personals der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring
APA/ Helmut Fohringer
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Politik

Warnstreik in Klinik Ottakring abgehalten

„Patientin todkrank, Ärztin todmüde“: In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring ist am Freitag ein einstündiger Warnstreik abgehalten worden. Ab 10.00 Uhr protestierte dort das medizinische Personal gegen die Arbeitsbedingungen.

Vor der Einrichtung sowie auch vor dem Spital wurden Kundgebungen abgehalten. Auf Plakaten und in Reden wurde dabei auf die Anliegen verwiesen. „Lieber Teilzeit als ganz weg“, „Klinik Ottakring: Come In & Burn Out“ oder „Patientin todkrank, Ärztin todmüde“ lauteten einige der Slogans, die die Teilnehmer in die Kameras der zahlreich erschienenen Medienvertreter richteten. „Es ist die Stunde, wo wir uns Gehör verschaffen“, hielt Severin Ehrengruber, einer der Sprecher des Streikkomitees, in seiner Rede fest.

„Es kann nicht so weitergehen“

Dem Gesundheitspersonal reiche es, versicherte er. „Es kann nicht so weitergehen.“ Gefordert werden mindestens 20 Prozent mehr ärztliches Personal für die Abteilung oder auch eine „deutliche Anhebung“ der ZNA-Zulage. Dass manche in der Politik meinten, man wolle nur mehr Geld und einen „gemütlichen Dienst“, sei falsch. Man sei die letzte Abteilung, in der es gemütliche Dienste gebe, beteuerte der Streiksprecher.

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Warnstreik des ärztlichen Personals der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring
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Warnstreik des ärztlichen Personals der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring
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Vollzeit als „Gesundheitsgefährdung“

Auch eine „faire Verteilung“ der Rettungszufahrten auf alle Notaufnahmen Wiens, angepasst an den Personalstand und die tatsächlichen Bettenkapazitäten, wird urgiert. Nach Ottakring gebe es mehr Fahrten als in das Allgemeine Krankenhaus oder die Klinik Floridsdorf, wurde etwa beklagt.

Auch ein Personalvertreter aus dem Pflegebereich erklärte sich heute solidarisch. Er fordert etwa die umgehende Einführung der 32-Stunden-Woche.

Warnstreik in Wiener Klinik Ottakring

In der Klinik Ottakring in Wien hat am Freitag ein Warnstreik stattgefunden. Das Personal hofft auch bessere Arbeitsbedingungen in diesem Spital, das die meisten Rettungszufahrten verzeichnet.

Stefan Ferenci, der geschäftsführender Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte in der Wiener Ärztekammer, bedankte sich in seiner Wortmeldung bei den Aktivistinnen und Aktivisten. Vollzeit in der Notaufnahme zu arbeiten, sei derzeit eine „aktive Gesundheitsgefährdung“, zeigte er sich überzeugt. Die präsentierten Forderungen bewertete er als „fast noch bescheiden.“ Ändere sich nichts, sei der Fortbestand der ZNA gefährdet.

Kritik an Hacker und Gewerkschaft

Kritisiert wurde heute nicht nur das „politische Missmanagement“ des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), sondern auch die Gewerkschaft. Der Streik, so stellte Ferenci klar, sei zu hundert Prozent rechtskonform. „Auch wenn es der Gewerkschaft nicht passt.“ Er zeigte sich auch in einer Aussendung enttäuscht darüber, dass die Gewerkschaft Younion an die Ärztinnen und Ärzte, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen würden, „Anwürfe“ richte.

Die Gewerkschaft hatte zuvor in einer Aussendung betont, dass man den „Alleingang der Wiener Ärztekammer“ nicht unterstütze. Edgar Martin, der Vorsitzende der Younion-Hauptgruppe II hielt dazu fest: „Wir vertreten 120 Berufsgruppen im Wiener Gesundheitswesen, praktisch alle haben Probleme – zum Teil massiv. Wir suchen Lösungen für das gesamte Team Gesundheit und nicht nur für Einzelne.“

Dies mache auch anders keinen Sinn, so Martin. Denn falls eine Gruppe „übermäßig Budget“ für sich abziehe, würden alle anderen leiden. „Das kann so weit führen, dass das Gesamtsystem nicht mehr funktioniert.“ Es bauche ein Bündnis, das für eine ausgewogene Gesamtlösung eintrete.

Unterstützung von Opposition

Uneingeschränkt solidarisch zeigte sich hingegen die Wiener Opposition. Die Gesundheitssprecherin der Grünen Wien, Barbara Huemer, zeigte sich überzeugt, dass sich die handelnden Personen ihre Entscheidung nicht leicht gemacht haben: „Für die chronische Arbeitsüberlastung und personelle Unterbesetzung auf der Notaufnahme müssen endlich nachhaltige Lösungen her.“

Wiens FPÖ-Obmann Dominik Nepp und der Gesundheitssprecher der Wiener Blauen, Wolfgang Seidl, sprachen von einem „Akt der Notwehr“. Dieser sei eine Folge der katastrophalen Politik Hackers bzw. des „unfähigen roten Managements“ des Wiener Gesundheitsverbundes.

Keine Einschränkungen durch Streik

Der WiGev selbst versicherte nach dem Streik bzw. der Demo, dass alle Patientinnen und Patienten „jederzeit vollumfänglich“ versorgt worden sind. Insgesamt sieben Personen wurden laut Spitalsbetreiber in dieser Zeit behandelt. Da alle diensthabenden Ärztinnen und Ärzte an der Kundgebung teilgenommen hätten, seien diese von Kolleginnen und Kollegen anderer Abteilungen vertreten worden, hieß es. Auch der medizinische Direktor des WiGev, Michael Binder, habe sich darunter befunden.

Der Betrieb der Zentralen Notaufnahme fand somit ohne Einschränkungen statt. Außerhalb der Zentralen Notaufnahme sei es – abgesehen von einer zeitweisen Blockade des Zugangs zur Zentralen Notaufnahme durch die Kundgebung – ebenso zu keiner Beeinträchtigung des Spitalsbetriebs gekommen, teilte man mit.

Warnung vor gefährlichen Situationen

Erst im April hatten Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme Ottakring in einer Gefährdungsanzeige auf die problematischen Zustände dort aufmerksam gemacht. Dienste könnten kaum noch besetzt werden. Oft kämen bis zu zehn Rettungsfahrzeuge binnen weniger Minuten mit schwer kranken Patientinnen und Patienten, hieß es da. Es komme immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil kritisch Kranke stundenlang warten müssen.

Patientenanwalt: Anliegen nicht relativieren

Hilferufe wie diese haben sich zuletzt gehäuft, wie eine schriftliche Anfrage der Wiener Freiheitlichen an den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte. 2022 gab es insgesamt 71 Gefährdungsanzeigen beim Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV), 25 davon allein aus der Klinik Ottakring. Der Wiener Patientenanwalt Gerhard Jelinek nahm das Thema in seinen Bericht an den Gemeinderat auf.

„Wenn ich in den einzelnen Krankenanstalten mit den Direktionen über das Thema Gefährdungsanzeigen gesprochen habe, wurde mir zugegeben: Ja, es gibt solche Gefährdungsanzeigen. Allerdings sei das übertrieben“, sagte Jelinek gegenüber Ö1. Es handle sich um Belastungsanzeigen, habe man ihm gesagt. „Das ist mir dann aufgrund der Vielzahl dieser Gefährdungsanzeigen nicht sehr plausibel erschienen. Daher habe ich auch in meinem Bericht geschrieben, man sollte das nicht relativieren oder bagatellisieren.“

Mehr Geld, Personal und bessere Infrastruktur

In der Zentralen Notaufnahme in Ottakring habe sich an den Missständen nichts geändert, heißt es vom ärztlichen Personal dort. Deshalb sah man sich gezwungen, zu streiken. Konkret fordert das Streikkomitee 20 Prozent mehr ärztliches Personal, eine höhere Notaufnahmenzulage, eine faire Verteilung der Rettungszufahrten auf alle Wiener Notaufnahmen und bessere Infrastruktur, etwa die Umsetzung des geplanten Schockraums und mehr Ultraschallgeräte.

Von 31 ärztlichen Dienstposten seien 27 besetzt. Künftig könne man 37 besetzen, sagt Peter Gläser, der Ärztliche Direktor der Klinik Ottakring. „Wir haben derzeit 37 genehmigte Dienstposten dort, die wir sofort umsetzen könnten, wenn wir eine entsprechende Bewerberlage haben. Das dann noch bedarfsorientiert zu erweitern ist dann selbstverständlich. Da gibt es keine Restriktionen. Das, was gebraucht wird, wird zur Verfügung gestellt.“ Auch sonst sei ein Großteil der Forderungen bereits realisiert oder angegangen worden.

Klare Vorgaben und Zahlen gefordert

Die Sprecherin des Streikkomitees, Aglaia Kotal, sagte in Ö1: „Der Streik findet trotzdem statt, weil mit uns nicht klar verhandelt wurde, mit klaren Vorgaben, Zahlen, Niederschriften. Das brauchten wir, um zu sehen, da tut sich was.“ Am Mittwoch habe es auch ein spontanes Gespräch mit Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb gegeben. „Dabei wurde versprochen, die Dinge jetzt anzugehen.“

Eine direkte Aussprache zwischen dem Streikkomitee und dem Gesundheitsstadtrat gab es bisher nicht. Eine Bitte um einen Gesprächstermin lehnte Hacker ab und verwies die protestierenden Ärzte auf den Dienstweg.