Donauturm im Grünen
ORF.at/Christian Öser
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Umwelt

630.000 Wiener haben zu wenig Grünraum

Die Zahl der Hitzetage wird in Wien in den nächsten Jahren steigen, sind sich die Fachleute einig. Leidtragende werden die Menschen sein, die wenig Zugang zu Grünraum haben. In Wien sind laut einer neuen Studie der Universität für Bodenkultur 630.000 Menschen betroffen.

Das heißt: Etwa jeder dritte Mensch in Wien hat zu wenig Grünraum in der Nähe. Genug Grünraum pro Person wären laut Universität für Bodenkultur 3,5 Quadratmeter Grün im Umkreis von 250 Metern in der Wohnumgebung. In dicht besiedelten Bezirken ist man jedoch weit davon entfernt. Dabei ist Grünraum im Umkreis von 250 Metern für alle Menschen auch eines der Ziele im Stadtentwicklungsplan 2025 der Stadt Wien.

Wenig Grün um die Quellenstraße, viel im Cottage-Viertel

Als Negativbeispiel wird in der Studie das Grätzel um die Quellenstraße in Wien-Favoriten genannt. Hier teilen sich laut Berechnung 36 Personen einen Baum im öffentlichen Bereich. „Und weil gerade etwa im zehnten Bezirk viel gebaut wird, werden sich künftig noch viel mehr Menschen einen Baum teilen müssen, wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird“, so Lilli Licka, Professorin für Landschaftsarchitektur, in einer Aussendung. Zum Vergleich: Im Cottage-Viertel in Wien-Währing kommt demnach im öffentlichen Bereich auf jede Person ein Baum.

Quellenstraße
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Das Grätzel um die Quellenstraße wird als Negativbeispiel genannt

Vorschlag: Straßen und Familienbäder als Parks

Laut Studie gibt es aber auch in dicht bebauten Gebieten noch Potenzial für mehr Grünraum. Für den Bereich Quellenstraße/Puchsbaumgasse/Nähe Reumannplatz wird etwa vorgeschlagen, im Straßenraum mehr Bäume zu pflanzen, Flächen zu entsiegeln und Sitzgelegenheiten einzurichten. Nebenstraßen könnten so zu „Straßenparks“ werden.

Als Idee genannt wird auch, das dortige Familienbad auch außerhalb der Badesaison als Park zu nützen oder schon vorhandene Sport- und Spielflächen etwa der Wiener Wasserareale zu öffnen. Wenig Grünraum pro Person gibt es laut der Studie etwa auch im Westbahnviertel im 15. Bezirk. Hier sieht man viel Potenzial, würden etwa Teile des ÖBB-Geländes für Parks genutzt.

„Grünraumverpflichtung“ für Neubauten gefordert

Die Arbeiterkammer (AK) Wien, die die Studie in Auftrag gab, fordert für Neubauten eine „Grünraumverpflichtung“, in der auch die Begrünung des Umlands festgelegt wird. So müssten auch private Investorinnen und Investoren für Baumpflanzungen und unversiegelte Flächen sorgen. Bei der Umgestaltung von Straßen und Plätzen sollten „Mikro-Erholungsräume“ mit viel Grün geschaffen werden. Außerdem fordert die AK, Sportplätze und Turnhallen zu öffnen – derzeit seien diese viel zu oft geschlossen oder nur einem kleinen Kreis vorbehalten.

Die AK sieht aktuell einen guten Zeitraum, um auch die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen – denn aktuell würden Stadtentwicklungspläne neu erstellt und die Wiener Bauordnung novelliert.

„Wer in den sehr dicht besiedelten Vierteln etwa im zehnten, elften, 15. oder 20. Bezirk wohnt und kein Geld für Sommerurlaube oder Klimaanlagen hat, braucht mehr Grünraum im Wohnumfeld, um auch künftige längere Hitzeperioden besser aushalten zu können“, wird AK-Kommunalpolitik-Experte Christian Pichler zitiert. Knapp 40 Prozent hätten in Wien zudem weder Balkon noch Terrasse oder Garten, heißt es in der Aussendung zur Studie. Rund 38 Prozent der Familien mit Kindern würden beengt wohnen.