Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
APA/Eva Manhart
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Wirtschaft

MedUni Campus erhält Fernkältezentrale

Der Ausbau der Fernkälte in Wien schreitet voran. Beim MedUni Campus Mariannengasse im neunten Bezirk erfolgte am Montag der Baustart für eine weitere Fernkältezentrale. Es ist bereits die achte Fernkältezentrale der Wien Energie.

Sie soll im Frühjahr 2025 in Betrieb gehen – mithilfe von Kältemaschinen und Wasser aus dem Donaukanal. Auf einer Fläche von mehr als 35.000 Quadratmetern will man die Temperaturen damit senken. Jene Kühlleistung, die nicht auf dem Campus benötigt wird, fließt in das Fernkältenetz der Wien Energie. Dieses wird sukzessive ausgebaut.

Der Campus der MedUni entsteht in unmittelbarer Nähe der Universität bzw. des Allgemeinen Krankenhauses in Wien-Alsergrund. Errichtet wird er von der Bundesimmobiliengesellschaft und der MedUni. Kooperationspartner in Sachen Kühlung ist die Wien Energie – die damit gewissermaßen an einen historischen Ort zurückkehrt. Denn auf dem Grundstück in der Mariannengasse befand sich einst die Wien-Strom-Zentrale.

190 Gebäude angeschlossen

Sieben Kältezentralen gibt es bisher: in der Postgasse, auf dem Schottenring und in der Renngasse für die Innenstadt. Weitere Anlagen befinden sich bei der Müllverbrennungsanlage Spittelau, beim Hauptbahnhof, bei TownTown und beim Austria Campus im Nordbahnviertel.

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Kältezentrale der Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
Kältezentrale der Wien Energie in der Postgasse
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Unter der Alten Post, einem riesigen Altbaugebäudekomplex, der seit mehr als drei Jahren saniert wird, wurden noch weitere Stockwerke unter dem Kellergeschoß in die Tiefe gegraben
Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Dieser Neubau unter dem Altbau bietet Platz für Kältemaschinen, Pumpen und Rohre
Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Neue Kältezentrale von Wien Energie in der Postgasse
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Über 28 Kilometer Leitungen kühlt das Energieunternehmen eine Fläche von vier Millionen Quadratmetern. In Wien werden so derzeit vor allem öffentliche Gebäude, Büros und Hotels klimatisiert, aber auch in Neubauwohnungen kommt Fernkälte zum Einsatz. Konkret sind es derzeit 190 Gebäude, die in Wien mit Fernkälte versorgt werden.

Darunter befinden sich etwa die Universität Wien, die Nationalbank, das Allgemeine Krankenhaus (AKH), das Parlament, das Rathaus, das Museum für angewandte Kunst, der Austria Campus sowie zahlreiche Hotels und demnächst die Staatsoper. Die Kühlleistung liegt derzeit bei 200 Megawatt, bis 2030 soll sie auf 370 MW fast verdoppelt werden.

MedUni Campus erhält Fernkältezentrale

Am Montag erfolgt beim MedUni Campus Mariannengasse im neunten Bezirk der Baustart für eine weitere Fernkältezentrale in Wien. Der Ausbau schreitet voran. Es ist bereits die achte Fernkältezentrale der Wien Energie.

CO2-Ausstoß halbiert

Fernkälte kühlt Verbraucherinnen und Verbraucher, wie der Name schon sagt, aus der Ferne. In einem geschlossenen Kreislauf wird kaltes Wasser über ein Netz aus isolierten Rohren transportiert. An Ort und Stelle nimmt das Wasser Wärme auf und kühlt dadurch die Raumtemperatur. Anschließend fließt es zurück und wird erneut zentral gekühlt.

Für die Kühlung aus der Ferne spricht vor allem der niedrigere CO2-Ausstoß im Vergleich zu konventionellen Hausklimaanlagen. Laut Wien Energie verbraucht eine Fernkältezentrale bei gleicher Menge erzeugter Kälteenergie um rund 70 Prozent weniger Primärenergie als dezentrale Klimageräte und verursacht um rund 50 Prozent weniger CO2-Emissionen. Nur eine Fernkältezentrale spart somit 878.000 kg CO2 pro Jahr.

Grafik zu Fernkälte
Grafik: APA/ORF

„Lieferung von kaltem Wasser“

Ein weiterer Vorteil ist, dass Fernkälte im Gegensatz zu dezentralen Kühlungssystemen keine Abwärme an Ort und Stelle produziert und so weniger zur ohnehin starken Erhitzung im innerstädtischen Raum beiträgt. „Kältelieferung ist Lieferung von kaltem Wasser“, sagte der Fernkälteexperte der Wien Energie, Burkhard Hölzl, am Sonntag. Konkret hat das Wasser eine Temperatur von plus sieben Grad Celsius. „Durch die Nutzung erwärmt der Kunde das Wasser, es wird zurück zu unseren Kältezentralen gepumpt und wieder abgekühlt“, erklärte Hölzl.

Zur Rückkühlung wird beispielsweise Flusswasser aus dem Donaukanal genutzt. An Ort und Stelle wird das kalte Wasser über eigene Kühlsysteme, etwa über Rohre in den Wänden oder Gebläsekonvektoren, im Gebäude verteilt und so die Raumtemperatur gesenkt. Gebläse sind dabei wirkungsvoller als Flächenkühlungen, weil sie die Luft nicht nur kühlen, sondern auch gleich entfeuchten.

Raumkühlung über Heizkörper nicht möglich

Fußbodenheizungen wären begrenzt einsetzbar, da kalte Luft absinkt, ist der Kühlungseffekt im Gegensatz zur Deckenkühlung aber viel kleiner. Eine Raumkühlung über herkömmliche Heizkörper ist hingegen nicht möglich. „Wenn ich mit sieben Grad kaltem Wasser in den Heizkörper fahren würde, würde die Luft dort kondensieren, das Kondenswasser würde permanent auf den Boden tropfen. Dann ist die Wohnung auf einmal eine Tropfsteinhöhle“, erklärte Hölzl. Auch die Fläche der Heizkörper wäre zu klein für einen spürbaren Kühlungseffekt.

Fernkälte eignet sich daher vor allem für Gebäude, die neu gebaut werden. Eine Nachrüstung in bestehenden Gebäuden ist oft nur schwierig möglich, etwa, weil das Einverständnis aller Parteien notwendig ist, und macht nur dann Sinn, wenn das gesamte Haus renoviert wird.

Dezentrale Kältemaschinen

Neben Fernkältezentralen gibt es grundsätzlich auch dezentrale Kältemaschinen, die nicht ans Fernkältenetz angeschlossen sind. Zur Erzeugung der Kälte kommen zwei Arten von Maschinen zum Einsatz: „Einerseits die elektrische Kältemaschine, das ist wie ein klassischer Kühlschrank, und ich habe als treibende Kraft elektrische Energie. Andererseits setzen wir auch eine andere Technologie ein, nämlich Absorptionskältemaschinen. Diese arbeiten mit thermischer Energie“, so der Experte.

In Wien kommen dabei Absorptionskältemaschinen zur Abdeckung der Grundlast zum Einsatz, auch weil sie eine gewisse Zeit brauchen, um anzulaufen. Spitzen werden mit elektrischen Kältemaschinen ausgeglichen. Die thermische Energie zur Kälteerzeugung in Absorptionskältemaschinen kommt etwa aus der Müllverbrennung. Die Wärme wird im Winter zum Heizen über Fernwärme genutzt, im Sommer ist der Bedarf an Fernwärme geringer. „Wärme steht aus der Müllverbrennung zur Verfügung, diese zu nutzen, macht natürlich Sinn“, sagte Hölzl.

Auch industrielle Abwärme geeignet

Auch industrielle Abwärme eignet sich gut zur Erzeugung von Fernkälte, weil auch sie ganzjährig zur Verfügung steht. Eine weitere Option bietet die Kühlung durch Sonnenwärme (Solarkühlung), die etwa bereits bei Projekten in Graz und Güssing zum Einsatz kommt.

Wien hat österreichweit das mit Abstand größte Netz, aber auch die anderen Bundesländer ziehen nach. Größere Netze gibt es laut Wien Energie nur in Stockholm, Paris und Helsinki. Wegen der zunehmenden Hitze rechnen Expertinnen und Experten damit, dass Europa in Zukunft etwa gleich viel Kühlenergie im Sommer wie Heizenergie im Winter brauchen wird. Wichtig ist allerdings auch hier, auf möglichst umweltfreundliche Technologien zu setzen.