Menschen sitzen im Wiener Augarten auf einer Bank
ORF.at/Carina Kainz
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Politik

Studie: Zusammenleben im Grätzl läuft gut

Das Zusammenleben in Wien funktioniert besser als gedacht. Das zeigt eine Studie von SORA im Auftrag der Stadt. In der direkten Nachbarschaft funktioniert das Zusammenleben für zwei Drittel sehr oder ziemlich gut. Mehr als die Hälfte der Befragten findet jedoch, dass zu viele Menschen nach Wien zuwandern.

Wenig überraschend ist dieses Ergebnis der Studie: Konkret sind 53 Prozent der Meinung, dass es in Wien zu viel Zuwanderung gibt. Die Studie zeigt laut SORA-Projektleiter Christian Glantschnigg aber auch, „dass positive Auswirkungen von Zuwanderung auf die Lebensqualität in Wien und den Arbeitsmarkt auch von jenen wahrgenommen werden, die Zuwanderung tendenziell kritisch sehen“.

Eindeutig habe sich gezeigt, dass die Akzeptanz immer höher werde, je direkter der Kontakt zu Personen mit Migrationshintergrund sei. Denn auch wenn die Stimmungslage zu Migration insgesamt kritisch ist, werde das Zusammenleben in der Nachbarschaft sehr positiv beurteilt.

Studie: Zusammenleben im Grätzl läuft gut

Das Zusammenleben in Wien funktioniert besser als gedacht. Das zeigt eine Studie von SORA im Auftrag der Stadt. In der direkten Nachbarschaft funktioniert das Zusammenleben für zwei Drittel sehr oder ziemlich gut. Mehr als die Hälfte der Befragten findet jedoch, dass zu viele Menschen nach Wien zuwandern.

Skepsis bei Älteren

Vorteile sahen die – mehr als 1.000 – Befragten auch für den Arbeitsmarkt, wo gezielte Zuwanderung als sinnvoll erachtet wird. Die Mehrheit ortet auch einen freundlichen Umgang miteinander.

Skepsis macht sich laut der Erhebung vor allem bei älteren Menschen bemerkbar. Jüngere Wienerinnen und Wiener sind generell offener. Relativ gering fielen die Unterschiede bezüglich Herkunft aus, also ob es sich bei den Befragten um Personen ohne oder mit Migrationshintergrund handelt. Letztere wurden ganz gezielt in die Studie einbezogen. Rund 400 Teilnehmer fielen in diese Kategorie.

Deutschkenntnisse wichtigster Punkt

Zwei Drittel haben Freunde, die aus einem anderen Land zugewandert sind. Mehr als neun von zehn Befragten finden es für gelungene Integration wichtig, dass zugewanderte Menschen Deutsch sprechen. Für eine Integration braucht es für die meisten vor allem drei Dinge: Deutschkenntnisse, Toleranz sowie einen Arbeitsplatz.

Wiederkehr und Sora-Studienleiter Glantschnigg
PID/Christian Fürthner
Vizebürgermeister Wiederkehr teilt gegen ÖVP aus

Hier muss laut Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) auch der Bund, vor allem die ÖVP, ansetzen. So brauche es unter anderem eine gerechte Verteilung von Schutzsuchenden sowie 1.000 Polizistinnen und Polizisten mehr für Wien. Darüber hinaus fordert Wiederkehr ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und die Möglichkeit von verpflichtenden Sprachkursen für außerordentliche Schüler und Schülerinnen.

Die ÖVP habe jahrelang versagt, so Wiederkehr. „Hören Sie auf, Öl ins Feuer zu gießen, und handeln Sie endlich“, appellierte er an die verantwortlichen Minister und Ministerin der ÖVP. Der Bund solle dringend nachziehen und nicht ständig die Menschen auseinanderdividieren.

Experte „positiv überrascht“

Der Wiener Integrationsexperte Kenan Güngör zeigt sich von dem Studienergebnis „positiv überrascht“. Wien sei in den letzten 20 Jahren um ein Drittel gewachsen. Es leben um 400.000 Menschen mehr in Wien, das spüre man überall, und da gebe es auch einen „Wachstumsschmerz“, so Güngör, Mitglied des Wiener Integrationsrates, Dienstagabend im „Wien heute“-Studiogespräch. Doch die Studie zeige eine alles in allem „realistische Einschätzung, es ist nicht einseitig in eine Richtung gekippt“.

Integrationsexperte Güngör im Interview

Integrationsexperte Kenan Güngör spricht darüber, ob Deutschkenntnisse der Schlüssel zum besseren Miteinander sind.

Mahrer: „Integrationsversagen in Wien“

Die ÖVP hat der Medientermin eher ratlos zurückgelassen, wie die Volkspartei in einer Reaktion wissen ließ: „Auch heute hat man wieder gesehen, dass Probleme in Wien weiter negiert werden. Erneut hat es Stadtrat Wiederkehr verabsäumt, zum Integrationsversagen in Wien echte Maßnahmen zu präsentieren“, kritisierte Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer. Die präsentierten Zahlen seien „alles andere als optimal“. Wiederkehr versuche, sich in Beschwichtigungen zu retten, wälze die Verantwortung ab und suche die Schuld bei anderen, befand Mahrer.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sprach sich gegen „kleinliches politisches Hickhack“ aus. Man sei bereits vor Wochen auf die Stadt Wien zugegangen, berichtete sie. Sie deutete zugleich an, dass für die hohe Migration nach Wien auch die Stadt mitverantwortlich sei. „Auffallend ist, dass der direkte Zuzug ins Sozialhilfesystem in Wien höher ist als in anderen Bundesländern, nicht zuletzt da Wien gewissen Migrantengruppen freiwillig höhere Beiträge zahlt. Da muss sich etwas tun“, hieß es in einer Stellungnahme der Ministerin.

Rundumschlag der FPÖ

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp befand, dass „jede Form von Integration“ gescheitert sei. Rot-Pink mache dort weiter, wo Rot-Grün aufgehört habe, nämlich „mit ausgebreiteten Armen jeden Wirtschaftsmigranten in Wien aufzunehmen“, konstatierte er. Doch auch die ÖVP kam nicht ungeschoren davon. Die österreichischen Grenzen seien immer noch löchrig wie ein Schweizer Käse und Abschiebungen von kriminellen Asylwerbern ein „Jahrhundertereignis“, so Nepp.