Beginn einer 30er-Zone
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Verkehr

Großteil der Wiener Straßen mit Tempo 30

Österreichweit wird gerade wieder über Tempo 30 diskutiert. In Wien gilt bereits in einem Großteil des niederrangigen Straßennetzes Tempo 30. Die Ausweitung scheitert oft an den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die Initiative „Raum fair teilen“ fordert in Wien-Wieden Tempo 30 auf der Favoritenstraße. Vom Gürtel bis zur Einmündung in die Wiedner Hauptstraße wollen die Gruppenmitglieder eine Temporeduktion, auch der Bezirk spricht sich dafür aus – bislang aber ohne Erfolg. „Grundsätzlich ist das der Bereich von der Favoritenstraße, wo am meisten Leben auf der Straße ist und alles das kann sich halt leichter entfalten, wenn Tempo 30 statt 50 gilt“, sagt der Sprecher der Initiative, Martin Niegl.

„Öffis“ verhindern oft Tempo 30

Doch wie so oft in Wien durchkreuzt ein öffentliches Verkehrsmittel die Wünsche. Die Buslinie 13A fährt einige Hundert Meter auf dem Stück zwischen Rainergasse und Südtiroler Platz. „Wir haben diesen Fall bereits geprüft und wir sind zum Schluss gekommen, dass der öffentliche Verkehr in dem Fall aufgrund dieses dichten Intervalls nicht verlangsamt werden soll“, erklärt der Leiter der Abteilung für Verkehrsorganisation der Stadt Wien (MA 46), Markus Raab.

Ulrich Leth misst die Geschwindigkeit eines Autos
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Nur weil in einer Straße Tempo 30 gilt, halten sich nicht alle daran, sagt der Verkehrswissenschafter

„Jeder, der da wohnt und den 13A benützt, weiß, dass der hier kaum schneller als 30 km/h fahren kann“, kritisiert Christine Schleifer-Tipp von der Initiative „Raum fair teilen“. Es gibt in Wien zudem etliche Straßen, wo Linienbusse trotz Tempo 30 von der Behörde genehmigt werden. Dazu gehört auch der 13A, der etwa auf der Gumpendorfer Straße oder der Neubaugasse Tempobeschränkungen einhalten muss.

Jede Straße ein Einzelfall

Auf der Gumpendorfer Straße sei Tempo 30 notwendig, weil viele Fußgänger queren und die Straße eng ist, argumentiert Behördenleiter Raab. „Wenn sich da zwei Busse begegnen, ist selbst Tempo 30 noch zu viel.“ Sie müssten also sowieso abbremsen, weil nicht ausreichend Platz ist.

Tempo 30 Zonen und Straßen in Wien, die Karte kann per Touch oder Icons rechts unten herangezoomt werden

Rund 2.800 Kilometer Straßen gibt es in Wien. Laut Stadt Wien gelten in zwei Drittel davon bereits Tempo 30. In den niederrangigen Straßen, also den kleinen Nebenstraßen, sind es fast 90 Prozent, rechnet die Stadt vor. Jede Tempo-30-Zone sei eine Einzelfallentscheidung, sagt Raab. „Wir haben in Wien den Standpunkt, dass Hauptverkehrsrouten den Verkehr flüssig halten sollen. Wenn wir beispielsweise am Gürtel Tempo 30 machen, besteht die Gefahr, dass die Leute erst wieder ins Siedlungsgebiet ausweichen, in der Hoffnung, dass sie dort rascher vorankommen.“

Verkehrswissenschafter für Tempo 30 „fast überall“

Ob in allen Straßen Tempo 30 gelten soll, darüber gebe es in der Verkehrswissenschaft eine generelle Diskussion, erklärte Verkehrswissenschafter Ulrich Leth von der Technischen Universität (TU) Wien. „Auf der einen Seite wird argumentiert, dass der öffentliche Verkehr dadurch eingeschränkt wird. Auf der anderen Seite (…) passiert in den Tempo-50-Straßen der Großteil der Verkehrsunfälle mit Personenschaden.“

Ein Bus fährt bei der Gumpendorfer Straße über den Gürtel. Im Bild ist auch ein Tempo 30 Ende Schild
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Am Gürtel ist auch aus Sicht der Verkehrsplaner Tempo 30 kein Thema

Allerdings nur, weil eine Straße Tempo 30 ist, halten sich nicht alle daran, meint Leth. Er macht regelmäßig selbst Messungen mit einem Radarmessgerät. Das Ergebnis in den meisten Fällen: „Nicht allzu viel über 30, aber so 35, 40 km/h ist da schon üblich.“ Selbst diese Überschreitung habe Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, sagt Leth. Er ist der Meinung, dass Tempo 50 als Ausnahme nur in einzelnen Straßen, wie dem Gürtel, bleiben soll, „aber sonst sollte flächendeckend Tempo 30 gelten.“

Diskussion um Tempo 30

In Wien sind bereits 68 Prozent des Straßennetzes 30er Zonen. Straßen, in denen öffentliche Verkehrsmitteln fahren, bleiben oft 50er Zonen. Das stößt auch auf Widerstand bei Anrainerinnen und Anrainern. Mehr als 200 Gemeinden und Städte fordern nun eine Reform der Straßenverkehrsordnung, damit sie Tempo 30 Zonen selbst bestimmen können.

Das will auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit, sagt der Leiter im Bereich Forschung, Klaus Robatsch. „Wir gehen davon aus, dass wir ein Viertel weniger Unfälle mit Personenschaden hätten und das wäre natürlich ein sehr hoher Wert.“