Lange gab es nur sehr wenige Daten darüber, wie bewusst obdachlosen Menschen ihre Möglichkeiten zur Krebsvorsorge sind. Eine unter der Leitung der Medizinischen Universität Wien durchgeführte Studie zeigt nun: Die meisten obdachlosen Menschen sehen eine Vorsorgeuntersuchung als Luxusgut.
Tumore oft erst bei akuten Problemen entdeckt
Der Studie zufolge würden Menschen ohne festen Wohnsitz in ihrer Lebensrealität andere Probleme über Vorsorgeuntersuchungen stellen. Einzelne lokale Initiativen scheitern laut der Untersuchung meist daran, betroffene Menschen zu erreichen. Oft werde Krebs bei Frauen und Männern dieser unterversorgten Bevölkerungsgruppe erst entdeckt, wenn es notärztliche Versorgung benötigt. Etwa wegen einer akuten Erkrankung oder aufgrund eines Tumors, der bereits so weit fortgeschritten ist, dass er Beschwerden verursacht.
Wird eine Krebserkrankung bei einer obdachlosen Person früh genug festgestellt, seien regelmäßige Behandlungs- und Nachsorgemaßnahmen aufgrund ihrer Lebensumstände nur schwer durchzuführen. Neben den Betroffenen wurden im Rahmen der Studie auch Personen aus dem Gesundheits- und Sozialdienst befragt. Auch bei ihnen sei das Bewusstsein für die Krebsvorsorge nur in geringem Ausmaß vorhanden.
Lebenserwartung 30 Jahre niedriger
Die im Rahmen des EU-Projekts „Cancerless“ veröffentlichten Forschungsergebnisse zeigen nun, dass konkrete Präventionsangebote für diese Gruppe fehlen. Die Studienergebnisse sollen dabei helfen, Vorsorgeuntersuchungen für obdachlose Menschen flächendeckend zu gewährleisten.
Krebs gilt bei obdachlosen Menschen als die zweithäufigste Todesursache und trifft sie auch etwa doppelt so oft wie die Allgemeinbevölkerung. Ein wichtiger Grund hierfür ist die medizinische Unterversorgung. Ihre Lebenserwartung liegt bei etwa 47 Jahren und damit rund 30 Jahre unter der durchschnittlichen Lebenserwartung in Österreich.
Erhöhter Alkohol- und Tabakkonsum als Risikofaktoren
Die geringere Lebenserwartung hängt auch mit einem höheren Risikoverhalten wie Alkohol- und Tabakkonsum zusammen. Weitere Gründe sind etwa häufig auftretende Infektionskrankheiten und Mangelernährung in Kombination mit Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem.
Laut der Caritas sind in Österreich aktuell etwa 20.000 Menschen als obdachlos beziehungsweise wohnungslos registriert. Fast 60 Prozent davon leben in Wien. Rund zwei Drittel der obdachlosen Menschen sind Männer. Obdachlosigkeit wird vor allem in städtischen Ballungsräumen registriert. Das geht aus der Wohnstatistik 2022 der Statistik Austria hervor.