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Wirtschaft

Wiener Tourismus will nachhaltiger werden

Viele Reiseziele haben im Sommer Hochsaison. Auch nach Wien strömen zu keiner Jahreszeit so viele Menschen wie in den Monaten Juli und August. Der Klimawandel macht die Stadt jedoch zu einem immer heißer werdenden Urlaubsziel. Wien Tourismus würde bereits Maßnahmen ergreifen.

Im Moment werden die meisten Besucherinnen und Besucher noch in den Sommermonaten Juli und August verzeichnet. Durch Extremwetterereignisse – wie zunehmende Hitzewellen – könnte sich das künftig jedoch ändern. Marie-Therese Tropsch, stellvertretende Unternehmenssprecherin von Wien Tourismus, geht davon aus, dass Besucherinnen und Besucher ihr Reiseverhalten bald ändern werden: „Mittelfristig werden viele Besucherinnen ihren Wien-Urlaub auf weniger heiße Monate verschieben. Dadurch wird sich die Hauptsaison auf aufkommensschwächere Monate ausdehnen.“

Keine Schließungen von Sehenswürdigkeiten in Wien

Dieses Jahr wurde die Akropolis in Athen wegen extremer Hitze zwischenzeitlich für Besucherinnen und Besucher geschlossen. Dass es in den nächsten Jahren auch in Wien zu einem derartigen Szenario kommen könnte, schließt Tropsch derzeit aus. „Als die Akropolis geschlossen wurde, hatte es in Athen weit über 40 Grad. Davon bleiben wir hoffentlich noch lange entfernt“, so die Sprecherin. Auch Kerstin Krellenberg, Geographieprofessorin an der Universität Wien, erachtet hitzebedingte Schließungen von Wiener Sehenswürdigkeiten in naher Zukunft als unwahrscheinlich.

Drei Viertel der Wienbesucherinnen und -besucher würden wegen des Kulturangebots in die Stadt reisen. Dieses sei ganzjährig verfügbar und finde zu großen Teilen in klimatisierten Innenräumen statt. „Die Touristinnen wollen sich die vielen Wiener Museen und Kirchen anschauen. Sie halten sich während ihres Wien-Aufenthalts also oft in Gebäuden auf und sind daher auch nicht so stark von der Hitze betroffen“, so Tropsch. Draußen würden 1.300 in der Stadt verteilte Brunnen und 300 Nebelduschen Möglichkeiten zur Abkühlung bieten.

Staatsoper
Chiara Swaton/ORF
Ein großer Teil des Wiener Kulturtourismus spiele sich in Innenräumen ab

Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit

Da sich Touristinnen und Touristen die Infrastruktur mit den Bewohnerinnen und Bewohnern teilen, zähle der Städtetourismus zu den nachhaltigsten Formen des Reisens, sagte Tropsch. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, müssten aber auch hier Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit gesetzt werden.

Ein wichtiger Punkt, bei dem viel CO2 eingespart werden könnte, ist der Verkehr. Im Rahmen der Economy-Strategie von Wien Tourismus soll die Anreise nach Wien mit dem Auto bis 2025 im Vergleich zu 2018 um fünf Prozent verringert und die Zahl der Bahnreisenden um fünf Prozent erhöht werden. Durch verschiedene Kooperationen mit den ÖBB sowie den Ausbau von Nightjet-Verbindungen soll das Ziel realisiert werden. Krellenberg bekräftigte: „Damit Touristinnen und Touristen sich für die öffentlichen Verkehrsmittel entscheiden, müssen diese für sie die beste Alternative darstellen.“

Innerhalb der Stadt soll das mit der Vienna City Card erreicht werden. Mit ihr können die Öffis in der Wiener Kernzone unbegrenzt und ohne weitere Kosten genutzt werden. Zudem können sich die Besucherinnen und Besucher mit der Karte Ermäßigungen in über 200 Wiener Betrieben sichern. Seit diesem Jahr kooperiere die Vienna City Card nur noch mit Institutionen, die mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert sind.

Nightjet
Eisenberger/ÖBB
Durch den Ausbau von Nightjet-Verbindungen soll die Anreise mit der Bahn attraktiver gemacht werden

140 zertifizierte Betriebe bis 2025

Ein weiteres Ziel der Economy-Strategie widmet sich Beherbergungsbetrieben, Gastronomie und Museen. Bis 2025 sollen möglichst viele touristische Betriebe mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert werden, um den Wiener Tourismus umweltverträglicher zu machen. Für das Siegel notwendige Kriterien sind etwa der Bezug von 100 Prozent Ökostrom, der Umstieg auf möglichst erneuerbare Heizenergie sowie die Nutzung energiesparender Leuchtmittel und wassersparender Sanitäranlagen.

Das Zertifikat könne auch als Marketing-Strategie nach außen verwendet werden. „Wir wollen touristische Betriebe durch Beratungsgespräche davon überzeugen, sich zertifizieren zu lassen. Bis 2025 wollen wir die Anzahl an zertifizierten Betrieben um 25 Prozent im Vergleich zu 2018 erhöhen“, so Tropsch über die zukünftigen Pläne.

Im Jahr 2018 waren 112 touristische Betriebe, also Hotels und Museen, mit dem Umweltzeichen zertifiziert. Bis 2025 soll die Zahl noch auf 140 anwachsen. Schon zertifiziert sind etwa der Wilhelmshof, das Magdas Hotel und das Boutiquehotel Stadthalle. Bei den Museen haben unter anderem das Kunsthaus Wien, das Technische Museum Wien und die Albertina das Österreichische Umweltzeichen bereits erworben.

Begrüntes MQ
APA/Georg Hochmuth
Begrünungsmaßnahmen sollen im Sommer für Abkühlung in der Stadt sorgen

Weitere Schritte gefordert

Krellenberg sieht, dass die Stadt sich in verschiedenen Bereichen um mehr Nachhaltigkeit bemüht. Um die Hitze im Sommer effektiv zu reduzieren, müsse jedoch noch mehr getan werden. „Es muss entsiegelt werden. Dadurch entsteht unter anderem Raum für mehr Grünflächen, welche einen Abkühlungseffekt für die Stadt haben“, so die Geographin. Sie empfiehlt, insbesondere Bäume zu pflanzen, da diese durch ihre Verdunstung für einen größeren Kühlungseffekt als Grünflächen ohne Bäume sorgen und gleichzeitig Schatten spenden können.

Auch im öffentlichen Verkehr könnte das Warten in der Hitze durch Verschattung und Begrünung angenehmer werden: „Die Dächer von Straßenbahn-Haltestellen könnten etwa begrünt und mit Solarmodulen ausgestattet werden“, meinte Krellenberg. Ein weiterer Anreiz, die Öffis zu nutzen, würde geschaffen, wenn die Passagiere mit der von der Solaranlage erzeugten Energie beim Warten direkt ihr Handy aufladen könnten. Wolle die Stadt die Auswirkungen des Klimawandels so gering wie möglich halten, sei ein Umdenken notwendig, stellte Krellenberg klar.