Menschen sitzen im Garten eines Heurigen mit Ausblick über Wien
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Wirtschaft

Heurige setzen auf junges Publikum

Spritzwein und eine deftige Brettljause – das ist nicht mehr das einzige Geschäft von Heurigen in Wien. Die Heurigenlokale passen sich der Zeit an und orientieren ihre Konzepte an den Bedürfnissen des vermehrt jungen Publikums – etwa vegetarische und vegane Speisen.

„Es ist schon ein neues jugendliches Klientel, das zum Heurigen kommt“, schildert Evelyne Finger, Betreiberin des Heurigen Der Hirt auf dem Wiener Nussberg. Das junge Publikum würde immer mehr die Natur suchen, sagt sie. Alleine diesen Sommer gab es hier etwa 24 30er-Feiern und sechs Hochzeiten. Finger übernahm den Heurigen vor zwei Jahren. Sie setzte beispielsweise auch vegane und vegetarische Speisen auf die Speisekarte – und Lounge-Musik auf die Playlist.

Schwierige Suche nach Personal

Worauf sich die Gäste allerdings auch einstellen müssen: gehobenere Preise. Generell sei der Heurige nicht mehr der Ort für günstiges Essen und Trinken, meint auch Michael Edlmoser, Obmann des Vereins „Der Wiener Heurige“.

Heurigenboom bei Jugendlichen

Wer in Wien von Heurigen spricht, denkt in erster Linie an Spritzwein und eine deftige Brettljause. Doch die Heurigen passen sich immer mehr der Zeit an und orientieren ihre Konzepte an den Bedürfnissen der jungen Menschen. Das wird auch angenommen.

„Wir zahlen den gleichen Strom wie die Gastronomie, und auch den Mitarbeitern müssen wir ordentlich was zahlen. Das heißt, die Zeiten sind nicht einfacher geworden“, so Edlmoser. „Es ist nicht leicht, Mitarbeiter zu finden“, erzählt auch Heurigenbetreiberin Finger. Man müsse einiges versprechen und zahle auch ein bisschen mehr als Mitbewerberinnen und Mitbewerber.

Deutlich weniger Betriebe als in den 1950ern

Die Wiener Heurigenkultur hat sich jedenfalls geändert. In den 1950er Jahren gab es noch 500 Betriebe, momentan liegt die Zahl laut Wiener Landwirtschaftskammer bei geschätzt 100. Unter anderem liege das daran, dass die nächste Generation die Betriebe teils nicht übernommen habe, aber nicht nur: „Wie es 500 gegeben hat, hat man die Oma genommen, hat sie im Sommer aus dem Schlafzimmer ausquartiert, hat dort drei Tische reingestellt und hat praktisch Heurigenbetrieb gemacht. Das geht heute nicht mehr“, scherzt Edlmoser.

Es ist ein Scherz mit wahrem Kern: Viele Heurigenbetriebe wurden früher im eigenen Wohnraum betrieben, oft allerdings auch nur tageweise oder für wenige Wochen, da der Wein aus dem kleinen Eigenanbau bald aufgebraucht war. „Die Betriebe sind professioneller geworden“, so Edlmoser. Heute gibt es auch mehr Vorschriften, etwa bei der Hygiene und bezüglich der WC-Anlagen.

Speisen lösten Wein als größten Umsatzbringer ab

Die Erwartungen und Wünsche der Gäste seien damals anders gewesen, heißt es auch bei der Wiener Landwirtschaftskammer. Das Gesamtangebot der Heurigen für die Gäste sei wahrscheinlich sogar gleich geblieben – hätten die aktuellen Heurigen doch deutlich länger geöffnet als die damaligen. Ganz allgemein werde immer weniger Alkohol getrunken, konstatiert die Kammer. Der meiste Umsatz werde mit Speisen gemacht – und nicht mehr wie früher mit dem Wein.