Schild einer Polizei-Dienststelle
ORF.at/Roland Winkler
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CHronik

Wiener Polizei will Nachtbetrieb reduzieren

Ab 1. Oktober soll die Wiener Polizei ihren Nachtbetrieb reduzieren. Um Überstunden zu reduzieren, sollen laut „Kurier“ statt 81 nur noch 29 Inspektionen geöffnet sein. Das Ministerium sieht keine negativen Folgen. Die Gewerkschaft ist geteilter Meinung.

Ein wenig erinnert das neue System an jenes der Nachtapotheken. Nur noch ein Kommissariat pro Bezirk soll von 19.00 bis 7.00 Uhr für den Parteienverkehr geöffnet bleiben. Die übrigen werden zwar auch weiterhin besetzt sein, allerdings kann man nicht mehr direkt in die Inspektion gehen, um dort etwa eine Anzeige zu erstatten, so der „Kurier“.

Polizei will Nachtbetrieb reduzieren

Während der Nachtstunden sollen ab Oktober in Wien nur 29 statt 81 Polizeiinspektionen für die Bevölkerung geöffnet haben. Die Polizei hält sich mit Details über die konkrete Umsetzung der Maßnahme noch bedeckt.

Zusätzlich dazu werden Inspektionen an neuralgischen Punkten wie dem Hauptbahnhof, dem Westbahnhof, Wien Mitte und Praterstern geöffnet bleiben. In den Flächenbezirken Floridsdorf und Donaustadt sollen jeweils zwei Stationen offen sein. Die Polizei betonte gegenüber der Tageszeitung, dass eine stetige Weiterentwicklung und Modernisierung in verschiedenen Bereichen der Polizeiarbeit und der organisatorischen Rahmenbedingungen notwendig sei.

BMI: „Keine negativen Folgen für Bevölkerung“

„Durch die Entlastung des Polizeidienstes von Innendiensttätigkeiten kommt es zur Konzentration der exekutivdienstlichen Aufgaben auf den Kernbereich, nämlich den Außendienst, und gleichzeitig zu einer Reduktion von unplanbaren Überstunden. Dadurch wird die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht und eine langjährige Forderung der Gewerkschaft erfüllt“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Innenministeriums gegenüber „Wien heute“.

Sendungshinweis

„Wien heute“, 30.8. ORF 2

Beamte, die für den Parteienverkehr und Bürgeranliegen gebunden waren, könnten im exekutiven Außendienst eingesetzt werden. Der PI-Kommandant habe mehr Handlungsoptionen. Für die Bevölkerung habe das keine negativen Auswirkungen, da die Erhebungen ergeben hätten, dass es in der Zeit zwischen 19.00 und 7.00 Uhr lediglich durchschnittlich zu 0,5 relevanten Amtshandlungen pro Polizeiinspektion komme.

Die Möglichkeit, die Polizei rund um die Uhr zu erreichen, besteht demzufolge auch weiterhin entweder via Notruf 133 oder mindestens in einer rund um die Uhr für Bürgeranliegen zugänglichen Inspektion pro Bezirk. Bei Verkehrsknotenpunkten wie den großen Wiener Bahnhöfen und dem Praterstern würden die Polizeiinspektion zusätzlich rund um die Uhr für die Anliegen der Bevölkerung zur Verfügung stehen.

Gewerkschaft: Besetzung muss sich ändern

Die Gewerkschaft sieht die neue Maßnahme zur Reduzierung der Überstunden prinzipiell positiv. Walter Strallhofer, sozialdemokratischer Polizeigewerkschafter, begrüßte die Grundidee. „Wenn es dazu beiträgt, dass weniger Überstunden geleistet werden müssen und die Kolleginnen mehr Freizeit als Dienstzeit haben, dann stehen wir dem Ganzen sicher positiv gegenüber“, meinte er gegenüber Radio Wien.

Allerdings schränkte er ein, wenn die Mindestanzahl der Besetzung in der Inspektion die gleiche bleibe, wie es der derzeitige Plan vorsieht, dann werde sich auch nichts an den Überstunden ändern. „Weil die Kollegen sind dann da, und ob die dann zusätzlich Parteienverkehr machen, das wird dann nicht an den Überstunden hängen.“ Der Punkt sei also, dass auch der Mindeststand in der Besetzung geändert werden müsse, so Strallhofer.

Gerhard Zauner, Wiener FCG-Gewerkschafter, spricht sich ebenfalls für die Maßnahme als Entlastung für die Kollegen aus: „In zwei Dritteln aller Dienststellen fällt zumindest der Parteienverkehr weg, und das ist natürlich eine Entlastung.“

Für AUF nur negative Folgen

Anders die FPÖ-nahe AUF-Fraktion: „Es ist bereits der normale Polizeidienst nur mit 30 Prozent Überstunden möglich. Wenn man wirklich Überstunden einsparen will, wird es mit dieser Maßnahme nicht getan sein“, sagte der Wiener AUF-Landesvorsitzende Werner Herbert. Er befürchtet unter anderem weitere Einsparungen bei Sonderstreifen und gab ein Beispiel: „Wir haben im Zuge der Angriffsserie gegen Obdachlose den Streifendienst verstärkt. Das wird es dann ohne inspektionsübergreifende Ausgleichsmaßnahmen nicht mehr geben.“

Es sei zudem offen, wie sich ein solches Konzept auf Inspektionen ohne Funkwagen auswirken würde. „Rund die Hälfte aller Inspektionen in Wien verfügt über keinen ständigen Funkwagen. Was machen dann die Kollegen, die keinen Parteienverkehr haben?“, so der Personalvertreter. „Es liegt nahe, dass diese Beamten dann woanders eingesetzt werden, um die Mehrbelastung auszugleichen.“ Herbert fordert nun Aufklärung rund um die kolportierten Pläne.

Vielleicht mit Notruftaste

Unklar ist bisher auch, wie die „geschlossenen“ Polizeistationen technisch ausgestattet werden und ob es für Bürger einen Notrufschalter via Gegensprechanlage gibt, mit dem sie mit dem Polizeinotruf verbunden werden.

Die Polizei hält sich mit Details über die konkrete Umsetzung der Maßnahme noch bedeckt, betont jedoch, dass eine Schließung von Polizeiinspektionen kein Thema ist. Maßnahmen, die die Bevölkerung betreffen, werden zeitgerecht veröffentlicht, so die Wiener Polizei in einer Stellungnahme.