Chronik

Prozess gegen Hochstapler: Haftstrafe

Ein besonders schwerer Betrugsfall wurde heute vor dem Wiener Straflandesgericht verhandelt. Ein Hochstapler, der sich seit 2003 sein Leben von Banken, Kreditgebern und Frauen finanzieren hatte lassen, ist am Freitag wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges und Untreue zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

„Die kriminelle Energie, die Sie an den Tag gelegt haben, sucht ihresgleichen. Sie haben das Leben dieser Frauen und deren Vertrauen in die Menschheit zerstört“, stellte Richterin Christina Salzborn am Ende fest.

Salzborn bescheinigte als Vorsitzende eines Schöffensenats dem bereits viermal einschlägig Vorbestraften, ein „blitzgescheiter Mann“ zu sein: „Hätten Sie Ihre Intelligenz anders eingesetzt, wäre die Welt besser dran gewesen.“ Es handle sich jedoch um einen „Betrüger, und das professionell. Sie haben es perfekt gemacht.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 56-Jährige akzeptierte nach Rücksprache mit Verteidiger Erich Gemeiner die über ihn verhängte Strafe, der Staatsanwalt gab allerdings noch keine Erklärung ab.

Schaden über 670.000 Euro

Die Anklage hatte dem Mann einen angerichteten Schaden von über 670.000 Euro angelastet. Er wurde zu fast allen von über 130 einzelnen Anklagepunkten schuldig erkannt. Der 56-Jährige hatte sich schon beim Prozessauftakt Ende Juli umfassend geständig gezeigt: „Es war ein Lügengebilde. Ich wollte immer mehr sein, als ich selber bin.“ Der Drang, sich als vermögender Lebemann auszugeben, „hat sicher auch mit meiner Herkunft zu tun. Mein Vater war Grieche.“ Dass er gleichzeitig mit mehreren Frauen ein Verhältnis hatte, sei „aus Jagdgründen, um mich abzulenken“ geschehen.

Festgenommen wurde der Mann am 18. Juli 2022. Zu diesem Zeitpunkt war er mit zwei Frauen liiert, die nichts voneinander wussten. Er lebte bei der einen in einer feudalen Penthouse-Wohnung, wenn diese außer Haus war, empfing er in der 300-Quadratmeter-Wohnung die andere und kochte sogar für Gäste.

Ex-Partnerinnen befragt

Mit der einen Partnerin, die er über eine Singlebörse kennengelernt hatte, befand sich der Mann seit Oktober 2018 in einer Beziehung. Er habe ihr den im Ausland viel beschäftigten und wohlhabenden Businessmann vorgespielt, der in Griechenland Grundstücke besitze, schilderte die 55-Jährige als Zeugin: „Ich habe nicht gewusst, dass er ein professioneller Betrüger ist.“

Erst im Nachhinein sei sie draufgekommen, dass der Garagenplatz für die gemeinsame Wohnung auf ihre Kosten lief, obwohl sie kein Auto und nicht einmal einen Führerschein besitzt, dass er ihre Eltern um Geld angepumpt und in ihrem Namen und mit einer gefälschten Unterschrift einen Kredit in Höhe von 25.000 Euro aufgenommen hatte. „Er hat es geschickt gemacht“, gab die Zeugin an, „das ist das Faszinierende an ihm. Er kann einen so reindrehen, dass man es nicht merkt.“

Die zweite Partnerin hatte der Mann ebenfalls auf einer Partnerbörse kennengelernt. Die 51-Jährige verliebte sich im Jänner 2021 in den wortgewandten, charmant auftretenden Mittfünfziger. Ihr erklärte er, er verdiene 20.000 Euro im Monat und habe keinerlei Sorgen, da er 50 Millionen geerbt habe.

Als der Sohn der geschiedenen Frau ein Praktikum machen wollte, besorgte er dem Burschen eine Wohnung in Wien – die monatliche Miete machte 2.280 Euro aus. Bezahlt wurde der Mietzins nie. Oft habe der Angeklagte für sie keine Zeit gehabt, berichtete diese getäuschte Frau: „Er hat von Dienstreisen, einer Knieoperation, einer Erkrankung erzählt. Einmal ist sein leiblicher Vater gestorben, später seine Stiefmutter.“

„Er hat eine Spur der Zerstörung hinterlassen“

Nach seiner Festnahme schrieb der 56-Jährige beiden Frauen aus dem Gefängnis Briefe, in denen er ihnen jeweils seine ungebrochene Zuneigung bekundete. Die einer versuchte er zu einem „Neustart“ zu überreden, die andere nannte er seinen „Lebensmenschen“, mit dem er es nach seiner Entlassung aus der Gefängnis „nochmal probieren“ wolle.

Einer weiteren Betroffenen – eine Handelsdelegierte an einer in Wien ansässigen Botschaft, mit der von 2012 bis 2016 zusammen war – hatte er nicht nur Geld abgeknöpft, indem er Arztkosten für eine Hirntumorbehandlung und einen plötzlichen finanziellen Engpass vormachte. Er fälschte auch deren Unterschriften, schloss auf deren Namen Kreditkartenverträge ab, fing die Karten ab und verwendete sie selbst.

„Er hat eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Der finanzielle Schaden ist das eine, der gute Ruf ist das andere. Er hat meinen guten Ruf und meine Connections benutzt und beschmutzt“, berichtete die 50-Jährige dem Gericht. Sie habe dem Angeklagten „leider Gottes sehr lange alles geglaubt“, räumte sie ein: „Er war der Regisseur im Schauspiel seines Lebens. Es war alles fake.“

Ex-Frau in finanziellen Ruin getrieben

Besonders übel dürfte der 56-Jährige der Frau mitgespielt haben, mit der er von 1994 bis 2014 verheiratet war. Nach der Scheidung bezahlte er weder ihr noch dem gemeinsamen Sohn Unterhalt. Am Ende habe sie nur mehr 50 Euro besessen und ihren Sohn arbeiten schicken müssen, um die Familie über Wasser halten zu können, teilte die 55-Jährige dem Senat mit, wobei sie in Tränen ausbrach.

„Ich hab’ mir Frauen gesucht, und ja, da hab’ ich versucht, über sie an Geld zu kommen. Dass das schrecklich und abscheulich ist, das weiß ich mittlerweile“, hatte der Angeklagte in seiner Beschuldigteneinvernahme bekannt. Inzwischen lasse ihn das, was er den Betroffenen angetan habe, nicht mehr schlafen: „Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf und denke mir, was bin ich für ein schlimmer Mensch.“