Kultur

Wienwoche zeigt Mensch am Rand der Gesellschaft

Menschen an gesellschaftlichen Rändern bestimmen heuer das Festival Wienwoche von 15. bis 24. September. Unter dem Motto „It’s Getting Cold in Here“ will man mit vielen Projekten Gehör für ihre Anliegen schärfen und lädt zum Perspektivenwechsel ein.

Klimakrise, neuer Kalter Krieg, Fragen der Energieversorgung, abnehmende Solidarität, prekäre Arbeitsverhältnisse – vor diesem Hintergrund will man „die Praxis der Wohlhabenden, der auf die Butterseite Gefallenen hinterfragen“, so Kuratorin Jelena Micic bei der Programmpräsentation. „Wen lassen wir in der Kälte stehen, während wir es auf ihre Kosten schön warm haben?“, fragte Micic, seit 2022 künstlerische Leiterin der Wienwoche.

Aufgestaute Wut in kreative Energie verwandeln

Das Festival will „die angestaute Wut in den Randzonen der Gesellschaft, unter den Diskriminierten und Ausgeschlossenen, in kreative Energie verwandeln“, betonte Kokuratorin Denise Palmieri. Das vorgestellte Programm reicht von Ausstellungen, Konzerten, Filmvorführungen, Performances und Interventionen bis zur „postapokalyptischen Baustellenparty“. Zum zweiten Mal präsentiert man sich als „grünes“ Event.

Aus 170 eingereichten Projekten wurden zehn für die Wienwoche ausgewählt, darunter „Sulyap“ der philippinisch-wienerischen Künstlerin Chelsea Amada. Sie wirft einen Blick auf die Verschränkung von Migration und Arbeit. In einem Panel Talk sowie einem Hybridformat aus Installation, Kurzfilmscreening und Ausstellung soll Bewusstsein für das kulturelle Erbe der philippinischen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen geschaffen werden. In Zusammenarbeit mit einer kollaborativen Plattform der türkisch-wienerischen Filmschaffenden Eyeofbrc entsteht ein „Themenraum“, der zur Auseinandersetzung mit Fragen der Diaspora, des Arbeitsexports, der Kolonialgeschichte und mit persönlichen Erfahrungen einlädt.

Auf der Jesuitenwiese im Prater richtet sich die Performance „Legacies Of The Healing“ unter den panafrikanischen Farben der Black Liberation Flag gegen das Vergessen „einer rassistischen und menschenfeindlichen Geschichte“. „Au-Pair Repair“ wiederum beschäftigt sich aus lateinamerikanischer Perspektive mit Au-pair-Arbeit in Österreich, „Senior Artist“ der IG Bildende Kunst mit Kunst und Alter.

Protestwandertag und Museum der Migration

Weiters gibt es u. a. eine Protestwanderung, eine antipatriarchale Skating-Ausfahrt, einen queerfeministischen Chor und Gesprächsabende. Außerdem wird das „Museums der Migration“ (Musmig) eröffnet. Am 16. September öffnet es im Rahmen der Wienwoche in der Aula der Akademie der Bildenden Künste seine Pforten – damit schließe sich „eine schmerzliche Leerstelle des institutionellen Museumsbetriebs in der Kulturhauptstadt Wien“, wurde betont. Allerdings fehlt noch eine Direktorin bzw. ein Direktor – Empfehlungen nehme das Kuratorinnenteam „gerne“ entgegen.