„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“
LHW/Doris Weberberger
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Kultur

30 Objekte: Jubiläum in der Exilbibliothek

Eine Schreibmaschine mit eingespanntem letzten Blatt, ein Manuskriptblatt eines Gedichtes, ein Aquarell, ein roter Haarfilzhut – das sind nur einige wenige der 30 Dinge, die in der 30-jährigen Jubiläumsausstellung der Exilbibliothek zu bestaunen sind.

Mit der Ausstellung von 30 Objekten, die von 30 eingeladenen Persönlichkeiten zu 30 im Archiv erfassten Personen ausgewählt wurden, und 30 dazu von ihnen verfassten Erläuterungen, wird das Jubiläum „30 Jahre Österreichische Exilbibliothek“ gefeiert. Kunststaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) und Ex-Minister Rudolf Scholten nahmen an der Eröffnung der Ausstellung „Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“ letzte Woche teil.

Arbeit gegen Vergessen und Verdrängen

„Ohne Scholten würde es die Exilbibliothek wohl nicht geben“, betonte Veronika Zwerger. Sie hat 2016 die Leitung der Österreichischen Exilbibliothek (ÖEB) von der Gründungsdirektorin Ursula Seeber übernommen. Der damalige Kulturminister setzte 1993 das Konzept des Germanisten Klaus Amann um, Leben und Arbeit österreichischer Autoren und Künstler in Exil und Emigration zu dokumentieren.

Heute umfasst die Österreichische Exilbibliothek (ÖEB), die in ihren ersten drei Jahrzehnten mehr als 250 Veranstaltungen, rund 40 Ausstellungen und über 50 Publikationen verantwortet hat, mehr als 9.000 Bände Fachliteratur, eine 7.000 Personen umfassende bio-bibliografische Datenbank, eine umfangreiche Foto-, Audio- und Videosammlung sowie Handschriften und Nachlässe zu rund 150 Personen.

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„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“
LHW/Doris Weberberger
„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“
LHW/Alisa Douer
„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“
LHW
„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“
LHW/Doris Weberberger

Die Arbeit gegen das Vergessen und das Verdrängen ist seit 30 Jahren unverzichtbare, zentrale Aufgabe der ÖEB. Deswegen wurden für die Jubiläumsausstellung Nachkommen, Autorenkollegen oder Wissenschafter gebeten, sich der Aufgabe der Objektauswahl zu unterziehen. „Manche sind eine Woche hier gesessen und haben sich durch Archivschachteln gekämpft, andere haben uns gebeten, eine Vorauswahl zu treffen und sich dann sehr rasch entschieden“, schildert Zwerger.

Schreibmaschine mit eingespanntem letzten Blatt

Die Diversität der Sammlung zu zeigen, war eines der Anliegen der Jubiläumsschau. Von Autor Jakov Lind ist etwa ein Aquarell zu sehen, von Autorin Mimi Grossberg wurde ein roter Haarfilzhut ausgewählt, aus dem Bestand von Hanna Kuh gibt es 1938 in Wien gehäkelte Bettsocken, von der Kunsthistorikerin Hilde Zaloscer ist ihre Schreibmaschine mit eingespanntem letzten Blatt zu sehen.

Ausstellungshinweis

„Die Erinnerung wohnt in allen Dingen“. Ausstellung anlässlich 30 Jahre Österreichische Exilbibliothek, 13. September 2023 bis 1. Februar 2024. Literaturhaus Wien, Eingang Zieglergasse 26A, Mo-Do: 9.00-17.00 Uhr (Sept. Do. geschlossen)

Der US-Musikwissenschafter Casey J. Hayes zeigt auf einem Tablet, wie er das Notizbuch des Kabarettisten und Autors Oscar Teller als Fundgrube zu Wiens Kabarettgeschichte verwendet hat. Die Enkelin von Maria Lazar, hat das 1984 in Schweden entstandene Manuskriptblatt des Gedichts „Emigrantenkorrespondenz“ ihrer Großmutter für die Ausstellung ausgesucht, Georg Stefan Troller entschied sich selbst für ein Blatt mit dem Stammbaum seiner Familie.

Beitrag von Weltautor Stefan Zweig

Die Beiträge in der auch von einem Katalog begleiteten Ausstellung stammen unter anderen von den Autoren Erich Hackl, Doron Rabinovici, Ann Cotten, Vladimir Vertlib und Barbara Zeman. Zu den vor den Vorhang geholten Persönlichkeiten zählen Weltautor Stefan Zweig und der bedeutende Fotograf und Kameramann Wolf Suschitzky ebenso wie Henriette Mandl, geborene Reich, und Kurt Weinberg. „Wir haben viele Unbekannte in unseren Beständen“, sagt Veronika Zwerger. Auch durch Recherchearbeiten von Wissenschafter sind viele der in den 1930er-Jahren Geflüchteten in den vergangenen Jahren aus der Vergessenheit geholt worden.