Wien Museum
APA/EVA MANHART
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Kultur

Wien Museum mit neuem Gegenwartsbezug

Ab 6. Dezember zeigt das um- und ausgebaute Wien Museum in einer neuen Dauerausstellung furzende Ziegen, den Platz eines Dienstmädchens zur Biedermeierzeit und eine emotionale Wien-Karte. Erzählt werden soll damit die Stadthistorie anhand von 1.700 Objekten.

Keine drei Monate dauert es noch, bis das um- und ausgebaute Wien Museum am Nikolotag wieder seine Pforten öffnet – und damit dem Publikum auch seine völlig neue Dauerausstellung präsentiert.

Diese ist durch eine ganze Ebene für das 20. Jahrhundert und „Stadtfenster“ in die Jetztzeit nicht nur gegenwärtiger als ihre Vorgängerin, sondern bietet auch originelle Attraktionen vom Periskop in den Stephansdom bis zur furzenden Biedermeierziege.

Stadthistorie mit Bezügen zur unmittelbaren Gegenwart

Die neue Dauerausstellung erzählt die Stadthistorie anhand von 1.700 Objekten. Mithilfe des Formates „Stadtfenster“ sollen Bezüge zur unmittelbaren Gegenwart hergestellt werden. Beispielsweise werden mit einer Ökoinstallation auf Basis archäologischer Ausgrabungen die Umweltsünden der vergangenen 200 Jahre sichtbar gemacht – vom Verbau des Wienflusses und der Einplanierung von Müll über Versiegelung von Naturraum bis zum Nachweis radioaktiven Materials durch weit entfernte Atombombentests.

In der Mittelalterausstellung wird erstmals mithilfe eines Modells aus dem 3-D-Drucker das damalige Stadtgebiet anschaulich gemacht. Mittels einer interaktiven Station können außerdem Gerüche und Klänge der damaligen Zeit nachempfunden werden. Besucher und Besucherinnen können weiters ein sechs Meter hohes Modell des Stephansdoms aus dem 19. Jahrhundert betrachten, das von der Decke hängt. Dieses kann mit Hilfe eines Periskops erkundet werden.

Schimpfender Großvater bis hin zur furzenden Ziege

Eine weitere Thematik ist der Barock und die Aufklärung. Hier sollen anhand des Pompejanischen Salons bereits bekannte Objekte neue Geschichten erzählen. Die Räume werden mit einer Collage vertonter authentischer Dialoge rund um den Wiener Kongress bespielt.

Im Biedermeierkapitel soll Gemälden dank eines DJ-Pults Leben eingehaucht werden, indem man in atmosphärische Klangteppiche den dargestellten Motiven entsprechende Geräusche reinsampeln kann – vom schimpfenden Großvater über den Lose anpreisenden Bettlerburschen bis zur furzenden Ziege. Eine Bodenmarkierung vor dem Grillparzer-Zimmer veranschaulicht, wie viel oder besser wenig Platz das Dienstmädchen des Dichters zur Verfügung hatte: 1,4 Quadratmeter ohne Fenster.

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Verjüngende Raumflucht

Um die gesellschaftliche Enge im Vormärz spürbar zu machen, verjüngt sich die Raumflucht zusehends. Nach dem Revolutionsjahr 1848 landet man im Kapitel über den Ringstraßenbau und die großen Infrastrukturprojekte rund um die Weltausstellung 1873.

Zusätzlich dazu wird das 20. Jahrhundert mit Kunstkostbarkeiten aus dem Wien der Jahrhundertwende, aber auch dem aufkeimenden Antisemitismus mit Karl Lueger beleuchtet. Außerdem werden dem Roten Wien und seinen Errungenschaften viel Aufmerksamkeit geschenkt. Der Nationalsozialismus wird in der Dauerausstellung ebenfalls detailliert beleuchtet, der Austrofaschismus hingegen eher auf überschaubarem Raum abgehandelt.

Lebensgefühl in der Stadt Wien

Die Nachkriegszeit ist geprägt von der Entwicklung der Donaumetropole zur Autostadt und entsprechenden Gegenbewegungen, dem U-Bahn-Bau, dem Kampf um den öffentlichen Raum und Migrationsbewegungen. Zwei Formularseiten für Zuzügler aus anderen Bundesländern und ein ganzer Aktenordner voll Papierkram für Nicht-EU-Bürger sollen verdeutlichen, dass die Willkommenskultur zumindest aus bürokratischer Sicht nicht für alle Menschen in gleichem Umfang besteht.

Als Outro haben sich die Ausstellungsmacherinnen eine „emotionale Wien-Karte“ einfallen lassen. Auf ein großes Luftbild können Besucherinnen und Besucher mit farbigen Stickern bestimmte Fragen zum Lebensgefühl in der Stadt beantworten. Zum Auftakt soll man kundtun, wo man sich in Wien am liebsten trifft.