Angeklagter wird von Jusitzwachebeamte in den Gerichtssaal geführt
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Chronik

Mutmaßlicher Mafia-Pate: „Bin nicht schuldig“

Ein mutmaßlicher Mafia-Pate, der im vergangenen Dezember bereits wegen schweren Raubes nicht rechtskräftig zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, steht erneut vor Gericht. Er muss sich wegen mutmaßlichen Drogenhandels verantworten. Er gab an, er sei „nicht schuldig“.

Er habe innerhalb von zwei Jahren die Einfuhr und den Verkauf von mehr als 500 Kilogramm Heroin und Kokain organisiert, wirft die Staatsanwaltschaft dem 35-Jährigen vor. Der Staatsanwalt bezeichnete den Angeklagten als „Filialleiter“ einer serbisch-montenegrinischen Mafia-Bande, „dessen Leben von Morden und anderen schweren Verbrechen geprägt ist“.

Elf Jahre Haft wegen schweren Raubes

Der Mann wurde im vergangenen Dezember am Wiener Landesgericht wegen schweren Raubes zu elf Jahren Haft verurteilt – der Schuldspruch wurde mittlerweile vom Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt, offen ist nur mehr, ob es auch beim von der ersten Instanz verhängten Strafausmaß bleibt.

In diesem Verfahren war es um einen Überfall gegangen, bei dem der nach einer Serienfigur benannte „Dexter“ Ende Dezember 2019 mit sechs anderen Banden-Mitgliedern in einer Garage in der Bundeshauptstadt einer anderen Täter-Gruppe mit Gewalt 13 Kilogramm Kokain und 106.000 Euro abgenommen hatte. Die ausgeraubten Kriminellen wurden dabei teilweise schwer verletzt.

Langjährige Haftstrafe in Serbien

Der 35-Jährige hat in Serbien bereits eine langjährige Haftstrafe wegen Mordes verbüßt. Seine Wiener Suchtgiftgeschäfte, die nun Gegenstand eines vorerst bis Mitte Oktober anberaumten Geschworenenverfahrens sind, flogen auf, weil die Bande vermeintlich abhörsichere Krypto-Handys verwendet hatte, mit denen man zwar nicht telefonieren, aber Sprach- und Audio-Nachrichten sowie Videos verschicken konnte.

Angeklagter sitzt im Gerichtssaal mit Handschellen, Großaufnahme nur von Armen und Händen
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Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe

„Die Täter haben sich sehr sicher gefühlt“, sagte der Staatsanwalt. Weit über 300 einzelne Suchtgiftdeals ließen sich mit sichergestellten Chats nachweisen und entsprechendem Bildmaterial belegen. Außerdem habe der Angeklagte eine äußerst markante Stimme, verwies der Ankläger auf Audio-Nachrichten mit Anweisungen des 35-Jährigen.

Ausländische Behörden knackten Kommunikation

Ausländischen Strafverfolgungsbehörden war es gelungen, die vermeintlich abhörsichere Kommunikation zu knacken und die Inhalte, die über Server in Kanada und Frankreich liefen, zu sichern. In weiterer Folge wurden die Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt, was Ermittlungen gegen Kriminelle in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte – sie alle hatten sich Krypto-Messenger-Dienste bedient, um ihre Machenschaften abzuwickeln. Die Chats, die „Dexter“ und seine rund 200 Köpfe umfassende Gruppierung betrafen, wurden über Europol den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt.

Anwalt: Verwertbarkeit der Beweise „fragwürdig“

„Die Verwertbarkeit der Beweismittel ist umstritten und fragwürdig. Nach meiner Rechtsauffassung ist sie unzulässig“, bemerkte Verteidiger Werner Tomanek, der daher per Beweisantrag die Vorführung der Chat-Protokolle in der Hauptverhandlung unterbinden wollte. „Es ist geklärt, dass wir diese Daten verwenden dürfen“, hielt dem der Staatsanwalt entgegen. Es gebe dazu mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (OGH). Der Beweisantrag wurde dann auch vom Gericht abgewiesen.

Der Angeklagte wollte im Detail zu den wider ihn erhobenen Vorwürfen nicht Stellung nehmen und machte weitgehend von seinem Schweigerecht Gebrauch. Auf die Frage nach seinem Beruf gab er „Ich habe in einem Kaffeehaus gearbeitet“ an. Als Manager des Lokals habe er 300 Euro im Monat verdient. Er habe ein abgeschlossenes Ökonomie-Studium, kein Vermögen, „ein wenig“ Schulden, die er auf Nachfrage mit „an die 100.000 Euro“ bezifferte.

Urteil fällt frühestens Mitte Oktober

Verteidiger Tomanek bezeichnete die Anklage als „Arbeitshypothese“. Der behauptete Verkauf von hunderten Kilogramm Suchtgift während der Pandemie und damit „im tiefsten Lockdown, ohne Nachtgastronomie“ sei zu bezweifeln. Vorerst sind in dem Verfahren, das unter strengen Sicherheitsvorkehrungen über die Bühne gehen wird, sechs Verhandlungstage anberaumt. Das Urteil wird frühestens am 12. Oktober fallen. Da eine übergroße Suchtgift-Menge inkriminiert ist, fällt die Strafsache in die Zuständigkeit eines Geschworenengerichts.