Kultur

Vienna Design Week mit „Passionsweg“

Seit 17 Jahren präsentiert sich die Vienna Design Week als multidisziplinäres Festival. Dabei hat sie keinen fixen Standort. Heuer führt sie auf einem „Passionsweg“ bis 22. Oktober an Orte in der Leopoldstadt – etwa zu einem Ofenbauer und zu einer Hutmacherin.

„Die Design Week ist eine Formel, und wir befüllen sie mit immer neuen Variablen“, sagte Direktor Gabriel Roland bei einer Presseführung. Neben dem kuratierten Teil zeigen Ausstellerinnen und Aussteller in der Festivalzentrale im Prater vielfältige Arbeiten. Das Pyrarium auf der Oberen Donaustraße 77 ist Teil des „Passionsweges“, auf dem kuratierte Tandems aus Handwerk und Design Ideen vorstellen.

Ofenbauer Andrei Florin Verga lädt mit der deutschen Designerin Johanna Seeleman anhand eines von ihnen entworfenen und umgesetzten Ofens zum Dialog mit dem Feuer. „Inspiriert ist das Objekt von der einfachsten Art und Weise, Feuer zum Kochen zu verwenden“, erklärte Verga. „Wir haben diese primitivste Brennlösung ins Hochmoderne gebracht und so weit optimiert wie nur möglich.“ Dennoch steht das „Feuer im Raum, man hat Lagerfeuerfeeling, spürt die Strahlung der Flamme. Der Körper interagiert mit dem Feuer.“

Start der Vienna Design Week

Bis 1. Oktober kann man bei der Vienna Design Week mehr als 200 Veranstaltungen erleben. Der Schwerpunkte liegt heuer im zweiten Wiener Gemeindebezirk.

„Stadtarbeit“, Ausstellungen und Diskurs

Nicht weit führt der „Passionsweg“ zum Geschäft von Eva Siebert in der Großen Pfarrgasse 12, wo sie Hüte anfertigt. Die Strohborte ist einer ihrer Lieblingsstoffe. Den hat dort das Künstlerduo Calia Picard und Hannes Schreckensberger „entdeckt und kennengelernt“, wie der mit seiner Partnerin in Frankreich lebende Oberösterreicher der APA erzählte. „Es ging darum, aus diesem Material und Evas Technik ein neues Design- oder Kunstobjekt zu gestalten, aber keinen Hut zu produzieren.“ Entstanden ist eine Art Wandteppich, ausgearbeitet auf einer ganz seltenen, mehr als 120 Jahre alten Maschine in Sieberts Betrieb, ausgestellt zwischen verschiedensten Hüten.

Ein weiteres Format des Festivals ist die „Stadtarbeit“. Eine Jury sucht aus Bewerbungen Projekte aus, die im öffentlichen Raum umgesetzt werden. „Membran“ nennt sich etwa ein Kollektiv aus Studierenden der Angewandten, am Praterstern erzeugen sie Seile. „Wir benutzen auf Baustellen gesammelte Materialien, die weggeschmissen worden wären“, erläuterte Julia Habarda. „Wir zerschneiden sie in Streifen, um daraus mit traditioneller Seilereitechnik Seile zu drehen, die wir mit Passanten verknoten, um Netze in tote Ecken der Stadt aufzuhängen. Menschen sollen Orte unter dem Slogan ‚Die Stadt als Spielplatz‘ mitgestalten.“

Eine Designschatzkammer ist die Festivalzentrale im ehemaligen Magdas Hotel im Prater. In jedem Raum stößt man auf andere Formen und Spielarten von Design. Tischlermeisterin Johanna Schörkhuber hat einen Gegenstand von gestern, den Sekretär, neu interpretiert. „Die Sekretärin“ heißt ihr zusammenklappbares Arbeitszimmer, geboren aus der Pandemie und dem zunehmenden Homeoffice. „Man kann nach der Arbeit die Tür schließen und den Sekretär wegschieben. Von außen schlicht und einfach, aber wenn geöffnet mit viel Platz “, beschrieb Schörkhuber ihr Design aus Tradition und Anforderungen an ein modernes Büro.

Eine Minute im „Destruction Room“

Spaß verspricht der „Destruction Room“ der Designer und Künstler JB Gambier und Hugo Beheregary. Besucher und Besucherinnen haben eine Minute Zeit, in Schutzkleidung und mit einem gewählten Werkzeug in einem mit weißen Pappmöbeln ausgestatteten Raum „zu wüten“. Die beschädigten Möbel werden anschließend in einer Reparaturstation unter Aufsicht der Designer wiederhergestellt.

Beschaulicher geht es bei „Metiers“ des deutsch-österreichischen Kunstduos Markus Hanakam und Roswitha Schuller zu. Mittels künstlicher Intelligenz (KI) entstanden bildliche Darstellungen von stereotypisierten Berufsgruppen im Stil von Meissner-Porzellanfiguren. „So wie die Rokoko-Figuren seinerzeit bedrohte oder prekäre Berufsgruppen dargestellt haben, Fischweiber oder Striezelverkäufer, haben wir heutige prekäre Berufsgruppen wie Clickworker oder Foodora-Fahrer gewählt und diese in den Rokoko-Stil transferiert“, führte Schuller aus.

In diesem Jahr gibt es im Rahmen der Design Week auch einen neuen Fokus auf Diskurs. „Wir veranstalten drei große Konferenzen zu den Themen Lebensmittel, Kreislaufwirtschaft und ‚Was sind die Grenzen von Design?‘“, so Direktor Roland. Das Festival soll jedenfalls niederschwellig sein und der „Fokus auf Vermittlung“ liegen.