Mitglieder von „Scientist for Future“ haben das Denkmal mit Augenbinde und Ohrstöpseln ausgestattet.
APA/Nikolaus Täuber
APA/Nikolaus Täuber
Politik

Klimaprotest: Figl-Statue erhielt Augenbinde

Mit Augenbinde und Ohrstöpseln ausgestattet blickte am Montag das Denkmal des ÖVP-Urgesteins Leopold Figl am Wiener Minoritenplatz Richtung Bundeskanzleramt. Für die Adjustierung zeichneten die „Scientists for Future“ verantwortlich.

Diese übten angesichts des Stillstandes in der Klimapolitik harsche Kritik an der ÖVP. Vier Jahre nach der Anerkennung des „Klimanotstandes“ durch den Nationalrat taumle die Regierung um Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) „blind in die Klimakatastrophe“, hieß es.

Am 25. September 2019 rang sich der Nationalrat „wenige Tage vor der Wahl“ die Anerkennung des Klimanotstandes in Österreich ab, erklärten die versammelten Wissenschaftler um den Klimapolitikexperten Reinhard Steurer bei einer Pressekonferenz. Aus dem damals „sehenden Moment“, als die Politik auf einer Linie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen agierte, wurde spätestens zum Vierjahresjubiläum jedoch ein „Tag der Klimaheuchelei“.

„Keine Erwartungen mehr“ an Regierung

Im Jahr 2023 habe sich die Hoffnung auf konkrete Aktionen gegen die Klimakrise mehr oder weniger zerstreut. Steurer erwarte sich von der Regierung „gar nichts mehr“, erklärte der an der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) tätige Politikwissenschaftler.

Als wesentlichen Faktor dafür bezeichneten die Forscher, zu denen auch die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb und der Ökologe und „Wissenschafter des Jahres“ Franz Essl zählten, die ÖVP rund um Kanzler Nehammer. Dem von Steurer mit Binde und Stöpseln ausstaffierten Konterfei Figls erspare man kurzzeitig den Blick auf das Augenverschließen und die „Scheinklimapolitik“ seiner Nachfolger in der Volkspartei.

Es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen, statt auf andere zu zeigen, und auf Zusammenhalt statt Hetze gegen Klimaprotestierende und Spaltung der Gesellschaft zu setzen. Im Gegensatz zu einst versprochenen Fortschritten im Klima- und Umweltschutz sei Österreich „am Weg zurück“, so Barbara Laa von der Technischen Universität (TU) Wien.

Österreich ist „großer Teil des Problems“

Außer „populistischen Narrativen“ wie die Bezeichnung Österreichs als „Autoland schlechthin“ durch Nehammer, das Wettern gegen das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 und die Blockade der Diskussionen zu Temporeduktionen auf den Straßen habe die ÖVP nichts zu bieten. Letzteres wäre jedenfalls „die effektivste Einzelmaßnahme“ gegen die in Österreich weiter deutlich zu hohen Treibhausgasemissionen beim „Sorgenkind“ Verkehr, so Laa.

Mit seinem deutlich über China liegenden Pro-Kopf-CO2-Ausstoß ist Österreich „ein großer Teil des Problems“, so Steurer, und gleichzeitig ein großer Leidtragender, wie Kromp-Kolb ausführte. Einer bisherigen globalen Erwärmung von rund 1,2 Grad Celsius steht eine Erhitzung in unseren Breiten von 2,7, in Wien sogar knapp 3,0 Grad Celsius gegenüber. „Es wird immer schlimmer“, sagte Kromp-Kolb.