Heinz Fischer
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Politik

Fischer: Kleingarten-Causa „schmerzt mich“

Ex-Bundespräsident Heinz Fischer feiert am Montag seinen 85. Geburtstag. In der Gesprächsreihe „Bei Budgen“ nimmt er kritisch zum Nehammer-Video und zur SPÖ-Kleingarten-Causa Stellung. Diese schmerze ihn, so Fischer.

Als er davon erfahren habe, sei er „traurig“ gewesen, nicht „weil ich schon irgendein exaktes Bild hatte oder weil ich wusste, der ist schuldig und der ist unschuldig und der ist halb schuldig, sondern weil es das Klima beeinträchtig und weil es viele redliche Menschen gibt, die dann sagen ‚Aha, da gibt es doch Gleiche und noch Gleichere‘.“ Das beeinflusse die Atmosphäre in ungünstiger Weise „und das schmerzt mich“, so Fischer.

In der Causa geht es unter anderem um einen Kauf, den der Bezirkschef der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), 2020 in einer Anlage in Breitenlee tätigte. 2021 fand die Umwidmung des Grundstücks in Bauland statt – was ihm den Vorwurf einbrachte, von der Änderung profitiert zu haben.

Heinz Fischer im Gespräch mit Patrick Budgen (Langversion)

Heinz Fischer im Gespräch mit Patrick Budgen (Langversion)

„Es gibt Regeln, die man einhalten muss“

Wenn es Verdachtsmomente gibt, sei die Staatsanwaltschaft verpflichtet, einem Anfangsverdacht nachzugehen, so der Jurist auf die Frage, ob eine parteiinterne Prüfung genüge. Eine solche fand bereits statt und beurteilte die Vorgänge für korrekt. „Die SPÖ ist sicher nicht die letzte Instanz, die hier rechtliche Beurteilungen vornehmen kann“, befand der vor sieben Jahren nach zwei Amtszeiten in den Ruhestand wechselnde ehemalige Bundespräsident. Als er 2004 Bundespräsident wurde, hatte Fischer seine SPÖ-Parteimitgliedschaft ruhend gestellt.

Er glaube zwar schon, dass Gesetze nicht verletzt worden seien. Dennoch müsse man über diese Frage noch hinausgehen. „Es gibt Regeln, die man einhalten muss und die nicht identisch sind mit der Rechtslage.“

Enttäuschung über Nehammer

Auch das Video von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), in dem er Meldungen über Familien, die sich kein warmes Essen für ihre Kinder leisten können, in Frage stellte, stimmt Fischer „traurig“. Nehammer sei viel angegriffen worden, „er wollte sich irgendwie vor Funktionären abreagieren, aber sich dann zumindest indirekt an berufstätigen Frauen abzureagieren, die die Doppelbelastung haben oder die in einem Bezirk wohnen, wo es keine ausreichende Kinderbetreuung gibt, das sollte nicht sein“, sagte Fischer.

Dass Nehammer dabei ungewollt gezeigt habe, wie es in seinem Inneren ausschaut, werfe er ihm nicht vor, so Fischer weiter: „Im Gegenteil, man kann sagen, er hat Recht auf eine Privatsphäre. Aber dass das seine Emotionen sind, das ist schon ein bisschen enttäuschend.“

FPÖ im Umfragehoch: „Noch nicht entschieden“

Angesprochen auf den Erfolg der FPÖ zumindest in den Umfragen meinte Fischer, er habe keine Lust, sich zum „Erklärer von erhofften Wahlresultaten der FPÖ“ zu machen. „Für mich ist das noch nicht entschieden.“ Es sei „durchaus möglich, dass sich da eine neue Tendenz durchsetzt, die die FPÖ auf einem anderen Level stabilisiert“.

Ob er selbst FPÖ-Chef Herbert Kickl in seiner Zeit als Bundespräsident zum Kanzler angelobt hätte? Das könne man nicht abstrakt beantworten und hänge von sehr vielen Fragen ab, so Fischer: „Zum Beispiel von der Frage ab, wie die Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat sind. Wenn ein Kandidat ein Wahlresultat erzielt, dass a die stärkste Partei repräsentiert und b im Parlament eine breite Mehrheit sich organisiert hat durch eine Koalition, dann wird man dem die Kanzlerschaft nicht nehmen können.“

„Nichts anders gemacht als Van der Bellen“

Ob er angesichts dieser turbulenten innenpolitischen Zeiten der letzten Jahre manchmal froh sei, nicht mehr Bundespräsident zu sein? „Ich habe immer mitgelebt, manchmal auch mitgelitten und mir sicher auch gedacht: ‚Hätte ich das genauso gemacht wie mein Nachfolger oder oder aus irgendeinem Grunde ein bisschen anders‘“, so Fischer.

„In den groben Zügen und in den wichtigen Entscheidungen“ hätte er aber „definitiv nichts anders gemacht“ als Bundespräsident Alexander Van der Bellen. „Das habe ich auch bei der einen oder anderen Gelegenheit dem Herrn Bundespräsident gesagt, dass ich da wirklich zustimme.“

„85. Geburtstag etwas, worüber man mehr nachdenkt“

Angesprochen auf seinen bevorstehenden 85. Geburtstag sagte Fischer abschließend: „Das ist etwas, worüber man mehr nachdenkt als über den 77. oder den 63. Geburtstag.“ Man staune selbst, wenn man das eigene Geburtsdatum mit dem anderer Menschen vergleicht. Privat wird der Jubilar mit seiner Familie, den Kindern und Enkelkindern feiern.