Chronik

Professionelle Schlepperbande ausgehoben

Die Polizei hat 87 Mitglieder einer internationalen Schlepperbande ausgeforscht. Sie sollen Tausende Menschen durch Österreich geschleppt und so rund zehn Millionen Euro Gewinn gemacht haben. Ein Taxilenker führte die Polizei auf die richtige Spur.

Im April 2021 war er zur Polizei gegangen und hatte Anzeige erstattet. Er hatte zuvor vier Aufträge für Fahrten bis zur deutschen Grenze erhalten und sollte dort mehrere Personen abliefern. Sechs Monate später entdeckten die Polizisten eine 40 Quadratmeter große Bunkerwohnung: „Sie war total verdreckt, Dusche und WC waren in einem katastrophalen Zustand“, schilderte einer der Beamten.

16 Geflüchtete und ein Verdächtiger hielten sich in der Wohnung auf. Die Polizisten stellten mehrere Handys sicher. Die Geschleppten wurden als Zeugen befragt, die Handys erhärteten den Verdacht der Ermittler, dass eine Schlepperbande am Werk sei. Aussagen eines anderen Verdächtigen führten schließlich zu weiteren Ermittlungen. Die Polizei konnte mehr als 1.000 Delikte klären und insgesamt 84 Mitglieder einer mutmaßlichen Schlepperbande ausforschen.

Syrer, Bulgaren und Österreicher unter Verdacht

Bei den Verdächtigen handelt es sich demnach vorwiegend um Personen mit syrischer, bulgarischer und österreichischer Staatsbürgerschaft. Die Schlepperbande habe einen Gewinn von mehr als zehn Millionen Euro erzielt, erklärte Gerald Tatzgern, Leiter des Büros für Schlepperei, Menschenhandel und grenzüberschreitende Prostitution im Bundeskriminalamt.

Der Kopf der Organisation sei nun per internationalem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben, der Großteil der Bandenmitglieder wurde bereits durch das Landesgericht Wien verurteilt, drei Beschuldigte befinden sich noch in Untersuchungshaft, zwei weitere sitzen laut dem Bundeskriminalamt im Ausland in U-Haft und warten auf die Auslieferung nach Österreich. In die Ermittlungen eingebunden waren das Stadtpolizeikommando Schwechat, die Landeskriminalämter im Burgenland und in Niederösterreich und die Staatsanwaltschaft Wien sowie ausländische Behörden.

Taxis für Österreich-Strecken bevorzugt

Dass ein Wiener Taxilenker die Sache ins Rollen brachte, sei leicht erklärbar, sagte Tatzgern. Für die Teilstrecken innerhalb Österreichs habe das Schleppernetzwerk nämlich regelmäßig auf die Dienste von Taxis zurückgegriffen. „Über die Grenze mussten sie selber gehen, drüben wartete dann bereits wieder ein Auto“, so Tatzgern. Die Hinterleute würden sich unter anderem in Deutschland mit unterdrückten Telefonnummern um die Organisation der Taxis kümmern.

Die Schlepperorganisation sei wie eine Firma aufgebaut gewesen, jeder habe seine eigenen Aufgaben gehabt, hieß es weiter. Sie verfügte etwa in Kooperation mit Handyshops, Kleingeschäften und Restaurants über ein eigenes Zahlungssystem, um den konventionellen Weg zur Bank zu umgehen. Die Kommunikation untereinander sei ausschließlich über Messenger-Dienste wie WhatsApp und Telegram sowie Internettelefonie verlaufen.