Gericht

Betagte Frauen bestohlen: Bande verurteilt

Wegen Einbruchsdiebstahls und krimineller Vereinigung sind am Landesgericht vier mutmaßliche Mitglieder – drei Frauen und ein Mann – einer Bande verurteilt worden, die es auf betagte Wienerinnen abgesehen hatte. Die meisten Haftstrafen wurden aber auf Bewährung ausgesetzt.

Ein weiterer Mann, der erbeutete Schmuckstücke versetzt hatte, wurde der Hehlerei für schuldig befunden. Ein Schöffensenat verhängte über die aus Serbien stammenden Familienmitglieder Haftstrafen zwischen elf und 24 Monaten.

Was die Angeklagten getrieben hätten, sei „abscheulich und widerlich“, stellte Richter Markus Müller am Ende der Verhandlung fest. Die Haftstrafen wurden dessen ungeachtet mit einer Ausnahme unter Setzung einer dreijährigen Probezeit zur Gänze bedingt ausgesprochen, nur eine 26-Jährige muss von ihrer zweijährigen Strafe acht Monate absitzen. Bei ihr machte der nachgewiesene Gesamtschaden über 60.000 Euro aus.

Lange Verfahrensdauer

Ausschlaggebend für die Bewährungsstrafen war vor allem die lange Verfahrensdauer, die nicht die Angeklagten verschuldet hätten, wie Müller ausführte. Die inkriminierten Straftaten hatten sich vor über dreieinhalb Jahren zugetragen, der Akt sei von der Staatsanwaltschaft „aufgrund ungünstiger Vorkommnisse“ nicht zeitnahe erledigt worden, meinte der Richter. Erst als der Akt zu einer jungen Anklägerin wechselte, brachte diese binnen weniger Monate einen Strafantrag ein. Sämtliche Angeklagte hatten sich seit 2020 wohl verhalten und sich nichts mehr zuschulden kommen lassen – das war der zweite wesentliche Milderungsgrund.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab zu sämtlichen Entscheidungen vorerst keine Erklärung ab, die 26-jährige Frau meldete Strafberufung an.

Auch Schlüssel aus Schlüsselkästen entwendet

Die Angeklagten hatten – teilweise mit abgesondert verfolgten bzw. flüchtigen Mittätern und Mittäterinnen – gezielt an den Türen von betagten Personen, meist Frauen, geklopft. Sie gaben vor, eine Nachbarin, die sie angeblich besuchen wollten, sei nicht zu Hause und baten um Einlass, um nicht im Stiegenhaus frieren zu müssen. Auch der inzwischen altbekannte Schmäh, bei dem um ein Glas Wasser gebeten wird, wurde praktiziert. In einigen Fällen eigneten sich die Kriminellen auch die Schlüssel an, die die Opfer außen vor ihrer Wohnungstür in Kästchen für ihre Pflegekräfte angebracht hatten, und verschafften sich damit Zutritt in die fremden Räumlichkeiten. „Das ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten“, schimpfte die Staatsanwältin.

90-Jähriger Goldmünzen und Schmuck gestohlen

Eines der Opfer war im Tatzeitpunkt 87 Jahre alt. Nun erschien die inzwischen 90-Jährige als Zeugin und schilderte, wie sie im Juli 2020 eine Angeklagte aus Mitleid in ihre Wohnung gelassen habe, weil diese „auf der Straße“ gesessen sei: „Ich kann eine arme, schwangere Frau nicht im Rinnsal sitzen lassen. Ich habe sie zum Tee eingeladen.“ Plötzlich sei dann noch eine angebliche Schwägerin der Frau vor ihrer Wohnung gestanden, die zwei hätten sich zwei Stunden bei ihr aufgehalten: „Ich habe sie einfach nicht mehr rausgebracht.“

Nachdem die beiden endlich gegangen waren, stellte die betagte Wienerin fest, dass ihr Bargeld, Schmuck und Goldmünzen im Wert von fast 23.000 Euro fehlten. Auf die Frage des Richters, ob sie sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen wolle, erwiderte die 90-Jährige: „Das Geld ist mir egal. Ich will meinen Schmuck zurück. Damit sind Erinnerungen verbunden.“

Ein weiteres Opfer kam in einem Rollator in den Verhandlungssaal. Auch sie hatte eine Kriminelle zum Aufwärmen in ihre Wohnung gelassen, nachdem diese bei ihr angeklopft und „Es ist so kalt draußen“ geklagt hätte. „Dann hat sie mich gefragt, ob ich ihr Tee machen kann“, berichtete die 80-Jährige. Sie habe ihr auch etwas Brot gegeben, um später festzustellen, dass ihre Schmuckschatulle fehlte. Die Frau habe auch ihren Tresor geplündert, erinnerte sich die Pensionistin, 900 Euro hätten sich darin befunden.