Ukraine Vertriebene
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Soziales

Zuverdienstgrenze: Hürde für Ukraine-Vertriebene

In Österreich sind aktuell rund 78.000 Vertriebene aus der Ukraine registriert, davon rund 40 Prozent in Wien. Ein Leben in Normalität, Arbeit und einem eignen Einkommen ist für viele aber immer noch nicht Realität. Laut SOS-Mitmensch liegt das auch an dem „komplizierten System“ der Zuverdienstgrenze.

Rund 70.000 von Ukrainerinnen und Ukrainer leben derzeit in Österreich, 40 Prozent davon in Wien. Doch stecken die meisten von ihnen in der Armutsfalle Grundversorgung fest. In Wien hätte eine Mutter etwa in einer organisierten Unterkunft gewohnt, mit üblichen 40 Euro Taschengeld pro Monat. Sie fand einen Teilzeitjob und fragte beim Fonds Soziales Wien nach, ob das mit der Grundversorgung in Einklang wäre.

„Und die sagen: gut, du kannst hier weiter leben, aber du bekommst dann nicht diese 40 Euro. Sie hat gesagt, ok, super. Und im Juni hat sie eine Wohnung gefunden und ist in die Privatwohnung gegangen. Und dann hat sie eine Rechnung vom Fonds Soziales Wien über 3.100 Euro bekommen“, sagte Tanja Maier, die sich seit Februar 2022 in der Ukraine-Hilfe engagiert, gegenüber „Wien heute“.

Zuverdienstgrenze erschwert Situation

Dahinter steckt ein kompliziertes System der Zuverdienstgrenze, welches dieses Jahr auf Betreiben des Innenministeriums eingeführt wurde. Die Grenze wurde erhöht, doch für jeden verdienten Euro wird anteilig die Grundversorgung gekürzt. Wie und in welcher Höhe ist in jedem Bundesland unterschiedlich. Laut Tanja Maier gibt es für Menschen aus der Ukraine diesbezüglich kaum Möglichkeiten, Informationen einzuholen: „Es gibt keine einzige Website, wo eine Person von der Ukraine nachschauen kann, wie viel sie
arbeiten kann, um nicht alles zu verlieren“, so Maier.

SOS Mitmensch: Geflüchtete aus der Ukraine

Seit mehr als eineinhalb Jahren sind viele Ukrainerinnen mit ihren Kindern in Österreich. Doch ein Leben in Normalität, Arbeit und eigenes Einkommen, ist für viele immer noch nicht Realität, obwohl die meisten gerne arbeiten möchten. SOS Mitmensch hat am Dienstag gemeinsam mit Betroffenen auf die schwierige Situation aufmerksam gemacht.

Dazu teilt das Büro des in Wien zuständigen SPÖ-Sozialstadtrats Peter Hacker am Dienstag mit, dass es sich tatsächlich um ein kompliziertes System der Bundesregierung handeln würde: „Die Zuverdienstregelung für Ukraine-Flüchtlinge ist tatsächlich kompliziert. Der Fonds Soziales Wien setzt hier Regeln um, die das Innenministerium ausgearbeitet hat. Die Einhaltung wird auch vom Ministerium kontrolliert. Um die Bestimmungen für Vertriebene zu erklären, wird es zusätzliche Informationen auf der Website des FSW geben.“

Verdient man zu viel dazu, kann es auch sein, dass das organisierte Quartier verlassen werden muss. Die Unterbringung der Ukrainerinnen und Ukrainer in der Grundversorgung erschwert den Zugang zum Arbeitsmarkt.

Bürokratische Hürden vor allem in Österreich

Alexander Pollak von SOS Mitmensch zog einen Ländervergleich, demnach würden in den Niederlanden 70 Prozent der geflüchteten Ukrainerinnen bereits einer Arbeit nachgehen, in seien es 66 Prozent und in Dänemark 53 Prozent. „Und in Österreich sind es gerade einmal 14 Prozent. Und das hat eben mit diesen enormen bürokratischen Hürden, mit der Zuverdienstgrenze, mit der Angst vor dem Verlust der Wohnmöglichkeit zu tun“, sagte Pollak.

Hilfsorganisationen fordern immer wieder, Ukrainerinnen mit Asylberechtigten gleichzustellen, das würde bisher vorhandene Hürden abbauen. Bisher liegen dafür aber keine Pläne der Bundesregierung vor.