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Schwester geschlagen: 16-Jähriger verurteilt

Wegen absichtlich schwerer Körperverletzung musste sich heute ein 16-Jähriger vor Gericht verantworten. Er soll gegenüber seiner Familie gewalttätig geworden sein, besonders gegenüber seiner 15-jährigen Schwester. Er wurde zu 18 Monaten teilbedingter Haft verurteilt.

Über Monate hatte der Bursche seine gesamte Familie und im Speziellen seine jüngere Schwester tyrannisiert. Die 15-Jährige schlug er, weil sie die Schule besuchte und gemeinsam mit Burschen in dieselbe Klasse ging. Am 26. Mai 2023 prügelte er sie spitalsreif, weil sie sich weigerte, ihm einen Tee zu servieren. Nach diesem Vorfall hatte die Familie die Polizei alarmiert. Der 16-Jährige wurde fest- und in weiterer Folge in U-Haft genommen, wo er bis zu seiner Verhandlung fünf Monate verbrachte.

Von der über ihn verhängten Strafe wurden drei Monate unbedingt ausgesprochen, den Rest bekam der Bursch unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Per Weisung wurde Bewährungshilfe angeordnet, zudem muss sich der Jugendliche einer Psychotherapie unterziehen. Nachdem der unbedingte Strafteil unter Anrechnung der U-Haft als bereits verbüßt gilt, wurde der 16-Jährige unmittelbar nach der Verhandlung enthaftet. Er soll vorerst in einem Krisenzentrum untergebracht werden, der Wieder-Einzug bei seiner Familie ist ausgeschlossen.

Schulbesuch der Schwester abgelehnt

„Es war ihm nicht recht, dass die Schwester in die Schule gegangen ist“, hatte Staatsanwalt Wolfram Bauer eingangs der Verhandlung dargelegt. Dass die 15-Jährige obendrein mit gleichaltrigen Burschen in der Klasse saß, habe den Angeklagten „zusätzlich frustriert“. Der 16-Jährige war im August 2022 im Zuge einer Familienzusammenführung nach Österreich gekommen. Sein ältester Bruder, der seit mehreren Jahren legal in Wien lebt und arbeitet und bestens integriert ist, hatte ihn nach der Machtübernahme der Taliban aus Afghanistan zum Rest der Familie nach Wien geholt.

Der Bursch dürfte sich hier aber nicht eingelebt und mit der Anpassung an westliche Moral- und Wertvorstellungen schwer getan haben. Vor allem sein Frauenbild entsprach mehr dem der Taliban als einer weltoffenen Gesellschaft. „Es ist ihm nicht gelungen, hier Fuß zu fassen“, sagte der Staatsanwalt. Der Angeklagte habe sich gegenüber der ganzen Familie – er lebte in einem Haushalt mit seiner Mutter, der Schwester und zwei jüngeren Brüdern, während der ältere Bruder eine eigene Wohnung hatte – als „Herr des Hauses“ geriert.

Immer wieder die Schwester verprügelt

Speziell seine jüngere Schwester habe er „tyrannisiert“, hielt der Ankläger fest: „Wenn sie nicht seinen Wünschen entsprochen hat, ist es zu Gewaltausbrüchen gekommen.“ Regelmäßig bezogen die 15-Jährige, aber auch die elf und 13 Jahre alten Brüder Prügel.

Völlig eskalierte die Situation am 26. Mai, als sich die 15-Jährige weigerte, ihrem Bruder, der beim AMS als Arbeit suchend gemeldet war und einen Deutschkurs besuchte, einen Tee zu servieren. Er schlug ihr daraufhin mehrfach die Faust ins Gesicht und trat ihr gegen den Kopf, nachdem sie zu Boden gestürzt war. „Er hat sie übelst verprügelt“, meinte der Staatsanwalt. Die 15-Jährige erlitt einen klaffenden mehrfachen Nasenbeinbruch und musste mehrere Tage in einem Spital behandelt werden.

Auch der Mutter Geld abgepresst

Wie sich im Zuge der polizeilichen Ermittlungen herausstellte, hatte der Bursch der Mutter auch immer wieder Bares abgepresst, um sich Drogen kaufen zu können. Er drohte ihr, er werde seine Geschwister wieder schlagen, wenn sie ihm kein Geld gebe. Der Bursch dürfte in Afghanistan selbst schwere Gewalt erlebt haben. Sein Vater wurde getötet, er selbst wurde am Weg zur Schule bei einer Bomben-Explosion verletzt. Die Taliban sollen ihn außerdem verschleppt und malträtiert haben, worüber der 16-Jährige auf Befragen seiner Verteidigerin Anita Schattner in der Verhandlung aber nicht sprechen wollte: „Ich möchte mich nicht an diese Szenen erinnern.“

Zu den Vorwürfen – die Anklage lastete ihm absichtliche schwere Körperverletzung, fortgesetzte Gewaltausübung, mehrfache schwere Nötigung und gefährliche Drohung sowie Erpressung an – war der Bursch weitgehend geständig: „Ich habe nichts Gutes getan. Ich bereue es. Ich trage die Schuld, ich weiß es.“ Er stellte allerdings in Abrede, der Schulbesuch seiner Schwester wäre für ihn grundsätzlich ein Problem gewesen.

Angeklagter reumütig

Er versicherte, er werde in Zukunft „nichts mehr tun. Ich habe gesehen, wie es im Gefängnis ist“. Auf die Frage, weshalb er sich von seiner Schwester „bedienen“ habe lassen und diese immer wieder geschlagen habe, erwiderte der Jugendliche: „Damals war ich abhängig. Ich habe Drogen genommen. Ich konnte nicht klar denken. Mit meinen Brüdern habe ich aber nichts gemacht.“