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ORF/Georg Hummer
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Politik

RH kritisiert Flächenwidmungsverfahren

Der Rechnungshof (RH) hat die Flächenwidmungsverfahren der Stadt von 2017 bis 2021 geprüft. In seinem Bericht beanstandete er unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private. Ein Fazit: Die Stadt solle zukünftige Wertsteigerungen besser vertraglich absichern.

Konkret hat der Rechnungshof für den Bericht neun der rund 200 Verfahren geprüft, damals waren die grünen Stadträtinnen Maria Vassilakou, Birgit Hebein und SPÖ-Stadträtin Ulli Sima (ab 2020) für das Planungsressort verantwortlich. Dabei stellte der RH fest, dass es – mit Ausnahme von einem Verfahren – bei allen eine enge Abstimmung mit den Grundstückseigentümern oder Projektentwicklern bei der Festsetzung oder Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne gab und jeweils schon konkrete Bauprojekte vorlagen.

RH kritisiert Flächenwidmungsverfahren

Der Rechnungshof (RH) hat die Flächenwidmungsverfahren der Stadt von 2017 bis 2021 geprüft. In seinem Bericht beanstandete er unter anderem eine enge Zusammenarbeit der Stadt mit Projektbetreibern und gewinnbringende Widmungsänderungen für Private. Ein Fazit: Die Stadt solle zukünftige Wertsteigerungen besser vertraglich absichern.

Weitere Kontrollinstanz fehlt

Diese enge Zusammenarbeit mit Projektentwicklern kann laut RH einer unabhängigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung allerdings zuwiderlaufen. Durch die Sonderstellung Wiens als Land und Gemeinde gibt es außerdem in der Bundeshauptstadt anders als in anderen Gemeinden keine Kontrolle durch eine weitere Instanz. Auch eine kritische Auseinandersetzung des Fachbeirats für Stadtplanung und Stadtgestaltung für die einzelnen Fachgebiete (etwa Architektur) war bei den untersuchten Verfahren nicht dokumentiert.

Konkrete Kritik übt der RH an der Umwidmung eines ehemaligen Marktplatzes in der Donaustadt. 2010 verkaufte die Stadt die Liegenschaft mit einer Bausperre um 261.400 Euro an die Wien Holding GmbH, diese verkaufte sie noch am selben Tag deutlich teurer um 350.000 Euro weiter. Über die Verkaufsabsicht war die Stadt angeblich informiert. Nachdem die Stadt den Flächenwidmungsplan geändert hatte, wechselte das Grundstück erneut die Besitzer und wurde schließlich um sieben Millionen Euro verkauft. Die Stadt hatte aber keine Nachzahlungsverpflichtung zum Kaufpreis in den ursprünglichen Vertrag aufgenommen.

Risiko der Sport-&-Fun-Halle

Die neue Sport-&-Fun-Halle beim Wiener Prater wurde zu einem Großteil auf einer Fläche erbaut, die als „Grünland – Erholungsgebiet, Sport- und Spielplätze“ gewidmet ist. Ein Bereich, in dem eigentlich keine Gebäude errichtet werden durften. Dennoch wurde eine befristete Baubewilligung erteilt. Der Rechnungshof empfiehlt der Stadt Wien, auf Dauer ausgelegte Gebäude nicht aufgrund befristeter Bewilligungen zu errichten. Schließlich gehe man auch ein finanzielles Risiko ein, hängt doch der dauerhafte Bestand des Gebäudes unter anderem von der Zustimmung eines künftigen Gemeinderats ab.

Neue Sport- und Funhalle in der Leopoldstadt
ORF/Lukas Lattinger
Die neue Sport-&-Fun-Halle wurde eigentlich nur befristet erlaubt

Speziell geprüft wurde auch der Verkauf einer Liegenschaft in Liesing. Dort hatte die Stadt 2017 in einem Gutachten angegeben, dass kurzfristig keine Überarbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans geplant sei. Nicht einmal ein Jahr nach dem Verkauf an ein Unternehmen, an dem wiederum über zwei Unternehmen ein ehemaliger Stadtrat beteiligt war, begann sie dann doch mit der Bearbeitung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans.

Der RH empfiehlt der Stadt, bei Grundstücksverkäufen Stellungnahmen der für Stadtteilplanung und Flächennutzung zuständigen Magistratsabteilungen einzuholen. Bei Festsetzung und Abänderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen solle der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung hinzugezogen werden. Für zukünftige Wertsteigerungen stadteigener Liegenschaften, die durch Widmungsänderungen entstehen, sollte die Stadt im Vertrag aus Sicht des RH Kaufpreisnachzahlungen vorsehen.

RH: Grünraum-Monitoring zweifelhaft

Zudem solle die Stadt in ihrem Fachkonzept Hochhäuser Einschränkungen für die Standorte sowie konkrete Mindest- beziehungsweise Maximalvorgaben vorsehen.

Auch das Grünraummonitoring kommt nicht gut weg. Die Stadt Wien weist mehr als 50 Prozent der Gesamtfläche als Grünflächen aus. Der Rechnungshof kritisiert, dass dabei auch Flächen unter Baumkronen, unabhängig von ihrer Beschaffenheit, und begrünte Dachflächen als Grünflächen betrachtet werden.

Planungsabteilungen: Kein Zeitpunkt für Widmung

Die Planungsabteilungen der Stadt Wien (MA21A und MA21B) haben gegenüber ORF Wien festgehalten, dass gegenüber Widmungswerbern grundsätzlich kein Zeitpunkt des Beginns eines Widmungsverfahrens genannt werde, „da mit einer konkreten Zeitangabe eine unzulässige Verbindlichkeit geschaffen würde und der Zeitpunkt auch nicht ausschließlich durch die MA 21 zu beeinflussen ist“. Das sei etwa auch bei dem vom Rechnungshof kritisierten Verkauf eines Grundstücks in Liesing so gewesen.

Beim Projekt in der Donaustadt, bei dem mehr Geschosse bewilligt und der Flächenwidmungsplan geändert wurden, sind laut Planungsabteilungen „die Rahmenbedingungen für die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum aus stadtplanerischer Sicht gegeben gewesen“. Deshalb sei die Widmung „eine sinnvolle Entscheidung, die unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen getroffen wurde“.

ÖVP sieht sich bestätigt

Elisabeth Olischar, Planungssprecherin der Wiener Volkspartei, sah in einer Aussendung die Kritik ihrer Partei bestätigt und konstatierte WIntransparenz, Chaos und Freunderlwirtschaft in der Wiener Planungspraxis". Gefordert wird „eine umfassende Reform der Planungspolitik“.

FPÖ-Obmann Dominik Nepp forderte in einer Aussendung Schritte der Justiz: „Nach dieser vernichtenden Kritik des Rechnungshofes an den Vorgängen müsste eigentlich die Justiz tätig werden und die damals verantwortlichen Planungsstadträtinnen sowie andere involvierte Personen befragen. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass Bürgermeister Ludwig davon nichts gewusst hat." Nepp will beim Verkauf von städtischen Liegenschaften neben den vom Rechnungshof empfohlenen Gremien auch eine Kontrolle durch den Gemeinderat.

Die Grünen forderten am Freitag aufgrund des Rechnungshof-Berichts einen Verkaufsstopp von städtischen Grundstücken. "Die Grundstücksverkäufe des Wohnbauressorts haben dazu geführt, dass die Stadt Wien am Ende den Einfluss auf Grundstücke verloren hat und Widmungsgewinne nur privaten Betreibern zugeflossen sind. Das darf künftig nicht mehr passieren, so Georg Prack, Wohnsprecher der Grünen.