Bei Budgen: Dr. Eva Mase
ORF
ORF
gesundheit

„Bei Budgen“: Palliativärztin über den Tod

Wie alles im Leben kann der Tod besser oder schlechter gelingen, meint die erfahrene Palliativärztin Eva Masel in ihrem Buch „Gut gelaufen“. In der Talk-Reihe „Bei Budgen“ erzählte die Chefin der Palliativstation im AKH über die Herausforderungen und Chancen in ihrem Bereich.

Nur wenige Tage vor Allerheiligen spricht die Leiterin der Palliativstation über den Tod, dem sie quasi jeden Tag ins Auge schaut. Sie ist Leiterin der Klinischen Abteilung für Palliativmedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und lehrt und forscht an der Medizinischen Universität Wien.

Als Fachärztin für Innere Medizin wollte sie einen beruflichen Weg einschlagen, bei dem sie nahe an den Menschen arbeitet und hat sich auf Palliativmedizin spezialisiert, ein Fach, in dem es darum geht, die letzte Lebenszeit so angenehm wie möglich zu gestalten.

Gedanken vor dem Sterben

In ihrem Buch geht es um schöne Abschiede vom Leben. „Also ich würde schon sagen, dass im Tod oder im Sterben selber auch sehr viel Leben an sich drinnen steckt, weil das Leben noch mal so richtig intensiv spürbar wird, wenn die Menschen in die letzte Lebensphase eintreten“, sagte Masel.

Es müsse nicht alles „schrecklich und traurig“ sein, sondern wir würden den Tod „irgendwie in uns tragen“. So erlebe sie die letzten Stunden von vielen Menschen in ihrem Arbeitsalltag. Die Vorstellung vom Tod könne bedrohlicher sein, als die Wirklichkeit. In der Palliativstation lernt sie viele verschiedene Menschen kennen, die sich in verschiedenen Situationen befinden und auch unterschiedlich Abschied nehmen.

Glück, Nähe und das eigene Vermächtnis

Oft geht es den Menschen, bevor sie sterben, um die Dinge, die lebende Menschen beschäftigen: „Es geht um Beziehungen, es geht um Nähe. Es geht um das, was man im Leben vielleicht gerne gemacht hätte und dann doch nicht gemacht hat. Also ich habe das Gefühl, es sind so die großen Lebensthemen: Glück, Nähe und das eigene Vermächtnis.“

Fragen wie: „Wem muss ich was verzeihen, wer muss mir was verzeihen?“ würden sich am Ende des Lebens nochmal aufzeigen. „Und meistens ist es nicht so, dass die Leute sich damit beschäftigen, dass sie noch mal gerne in die Arbeit gehen möchten“, führte sie fort.

Wunsch nach Hochzeit

Auf der Palliativstation komme es immer wieder vor, dass Menschen sich noch eine Hochzeit wünschen. An einen Fall erinnert sich Masel besonders. „In diesem Fall ist die Patientin nach Hause gegangen und durch ein mobiles Palliativteam zu Hause betreut worden. Sie hat auf der Palliativstation den Heiratsantrag bekommen und dann habe ich von der Krankenschwester vom mobilen Palliativteam gehört, dass sie eine wunderschöne Feier hatte. Sie wurde auch geschminkt und man hat ihr auf dem Foto nicht angesehen, dass sie einen Tag später verstorben ist. Sondern das Leben auf diesem Foto war noch so präsent.“

Frühe Auseinandersetzung mit dem Tod

Die Steirerin musste sich selbst früh mit dem Thema „Tod“ auseinandersetzten, erzählte sie. Ihre Mutter ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben, als sie 19 Jahre alt war. „Also in der Steiermark war das Fach Palliativmedizin noch wirklich in den Kinderschuhen. Und da hatte ich das Gefühl, dass die Ärztin meiner Mutter wirklich überfordert war“, erzählte sie. Sie hätte sich von der Ärztin mehr Unterstützung erwartet – auch was die nächsten Schritte betrafen, nachdem ihre Mutter verstarb.

Bei Budgen: Dr. Eva Mase
ORF
In ihrem Buch schreibt die die Palliativärztin über „schöne Abschiede vom Leben“

Mit ihrer Arbeit und mit ihrem Buch möchte sie dazu beitragen, dass der Umgang mit dem Tod oder mit dem Lebensende, mit mehr Offenheit begegnet wird. „Es gibt in der Medizin noch immer diese Verzweiflung im Umgang mit dem Tod. Und die gibt es auch in der Gesellschaft immer noch. Und deswegen glaube ich, dass das Buch vielleicht ein Stück dazu beitragen kann, ein wenig mehr Offenheit für das Thema zu haben – und das nicht nur zu Allerheiligen“, sagte Masel.

Angst vor dem Ende

Die Angst vor dem Tod sei normal, auch sie hätte trotz ihres Berufs bis zu einem gewissen Grad Angst, aber „ich habe auch das große Vertrauen, dass ich gut begleitet werden kann. Und tatsächlich ist ja wirklich noch niemand zurückgekommen. Und das hat ja doch auch einen tröstlichen Charakter.“