CHRONIK

„Kein Schaden“: Freispruch für Graffiti-Künstler

Ein 33-Jähriger, der an Brücken, einer Trafostation und Mauern unerlaubt Graffiti angebracht hatte, ist am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der schweren Sachbeschädigung freigesprochen worden. Der Richter sah keinen Schaden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Anklage umfasste insgesamt vier Delikte, der inkriminierte Gesamtschaden betrug mehr als 30.000 Euro. Der Angeklagte ist in der Graffiti-Szene kein Unbekannter. Er hinterlässt seit längerem in Wien auf freigegebenen Mauern und Wänden seine „Kunstwerke“.

Bilder der Graffiti als Beweis selbst vorgelegt

Bilder der Graffiti hat der Angeklagte selbst dem Gericht vorgelegt. Als Beweis dafür, dass er den öffentlichen Raum nur verschönern wollte. Eine Wand am Donaukanal hatte der Mann mit einem Krokodil und grünen Augen versehen, eine Trafo-Hütte an der Freda-Meissner-Blau-Promenade mit einem comicartigen riesigen Katzenkopf.

Für letzteres hatten die Wiener Netze ursprünglich einen Schaden von 15.000 Euro geltend gemacht, was selbst Einzelrichter Gerald Wagner irritierte: „Das sieht ja besser aus als davor.“ Das dürften schließlich auch die Wiener Netze so gesehen haben – unmittelbar vor der Verhandlung wurde der Privatbeteiligten-Anschluss zurückgezogen.

Sorge vor missbilligender Reaktion der Mutter

Die ASFINAG, die für eine besprühte Brücke zumindest 5.000 Euro an finanzieller Wiedergutmachung wollte, schickte jedoch keinen Vertreter zur Verhandlung, sodass für das Gericht unklar blieb, worin der behauptete Schaden bestanden haben soll. Neben den Wiener Netzen hielten auch zwei weitere Einrichtungen ihre Forderungen nicht aufrecht bzw. äußerten sich dazu nicht mehr, sodass ein Freispruch erging.

Der 33-Jährige, dem im Fall einer Verurteilung bis zu zwei Jahre Haft und hoher Kostenersatz gedroht hätten, fiel nach der Verhandlung vor Erleichterung seiner Rechtsvertreterin um den Hals. Wie er ihr gestand, hätte ihm bei einem Schuldspruch vor allem eine missbilligende Reaktion seiner strengen Mutter am meisten zu schaffen gemacht.