Menschen am Lichtermeer am Heldenplatz mit einer Israel-Flagge
APA/Eva Manhart
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Politik

Lichtermeer für Geiselfreilassung

20.000 Menschen haben laut den Organisatoren am Donnerstag an einem Lichtermeer am Heldenplatz teilgenommen, um an die von der Hamas in Israel als Geiseln Genommenen zu erinnern.

„Ich möchte diese Veranstaltung nicht offiziell beginnen, ohne dass der Botschafter ‚meines‘ Israel – auch wenn ich nicht israelischer Staatsbürger bin – hier wäre“, sagte Mitorganisator Daniel Landau ganz zu Beginn. Also wies er in der Einleitung auf die 220 neben der Rednerbühne platzierten Stühle hin, die für die von der Hamas Entführten standen, sowie deren Bilder, die auf einen Trakt der Hofburg projiziert waren.

Befürchtungen über etwaige Störaktionen bis hin zu Anschlägen entgegnete Landau mit positivem Denken. Es könnten Leute nicht hier sein, weil sie sich fürchteten, sagte er. Doch er sei der Meinung, die Sorgen seien unbegründet, „denn der Terror darf nicht gewinnen. Er wird nicht gewinnen. Niemals.“ Vorkommnisse gab es laut Polizei, die keine Angaben zur Teilnehmerzahl machte, keine.

IKG-Präsident sprach von „grausamsten Massaker“

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, verglich die Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center, den islamistischen Anschlägen in Paris im November 2015 sowie mit dem Attentat auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Jänner desselben Jahres. „Es war das grausamste Massaker an Jüdinnen und Juden, das die Welt nach 1945 gesehen hat.“, so Deutsch. „Hier gibt es keinen Kontext: Es sind Verbrechen der grausamsten Art.“

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Menschen am Lichtermeer am Heldenplatz mit einer Israel-Flagge
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Angehörige von Entführten beim Lichtermeer
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Angehörige von Geiseln sprachen auch während des Lichtermeers
Menschen am Lichtermeer am Heldenplatz mit einer Israel-Flagge
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Botschafter David Roet
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Der israelische Botschafter David Roet
Oskar Deutsch
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Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch
Politikerinnen und Politiker am Lichtermeer
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Zahlreiche Politikerinnen und Politiker nahmen an der Veranstaltung teil

„In Österreich stieg die Anzahl der antisemitischen Vorfälle seit dem 7. Oktober um mindestens 400 Prozent im Vergleich zu 2022. Sie alle stehen hier dagegen auf“, wandte Deutsch sich ans Publikum. „Ihre Anwesenheit ist ein wichtiges Zeichen. Sie alle zeigen, dass wir für eine offene Gesellschaft einstehen, eine liberale Demokratie“, sagte er zu den Kundgebungsteilnehmern. „Es ist die Aufgabe von uns allen, von jedem Menschen auf dieser Welt, auf die Befreiung der Geiseln zu drängen.“

Botschafter übte Kritik an UNO

Der designierte Botschafter Israels in Österreich, David Roet, dankte Mitorganisator Landau: „Sie haben eine inspirierende Arbeit geleistet“, meinte er. Der Heldenplatz, auf dem das Lichtermeer stattfand, erinnere ihn an die dunkelsten Kapitel der Geschichte. Doch „ich erkläre, dass ‚Nie wieder‘ jetzt ist, ‚Nie wieder‘ gilt für alle’“.

Kritik übte Roet an UNO-Generalsekretär Antonio Guterres: „Wir sind tief entsetzt über den Generalsekretär der Vereinten Nationen.“ Vor kurzem habe dieser „beide Seiten verurteilt“ und Israel und die Hamas gleichgesetzt.

Angehörige von Geiseln in Wien

Im Vorfeld der Solidaritätskundgebung befanden sich auch drei Israelis in Wien, die Angehörige unter den von der Hamas als Geiseln genommenen Personen haben. Alexandra Arayev, Eli Albag und Tal Yeshurun reisten nach Wien, um die Geschichten ihrer Verwandten – darunter auch ein österreichisch-israelischer Doppelstaatsbürger – zu erzählen, Unterstützung westlicher Staaten einzufordern und ihre zentrale Forderung zu untermauern: „Tut alles, um sie nach Hause zu bringen.“

Angehörige von Geiseln und Vermissten
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Drei Angehörige von Geiseln berichteten über ihre Erfahrungen

Das Hostages and Missing Families Forum wurde nur Stunden nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober gegründet, um Familien dabei zu unterstützen, ihre Verwandten aus Gaza zurück nach Israel zu bringen. „Nach 26 Tagen weiß ich noch immer nichts von meiner Schwester“, sagte die 24-jährige Alexandra Arayev. Die 19-jährige Karina Arayev wurde am 7. Oktober von der Militärbasis Nahal Os entführt.

Doppelstaatsbürger vermisst

Aus dem Militärbunker verschleppt wurde auch die 18-jährige Liri Albag, die vor Kurzem ihren verpflichtenden Militärdienst angetreten hatte. „Sie wurde in den frühen Morgenstunden noch im Schlafanzug von Hamas-Terroristen entführt“, sagte ihr Vater Eli. In ihrer letzten Nachricht habe sie geschrieben: „Auf uns wird geschossen.“ Nur wenige Stunden später habe er seine Tochter in einem Hamas-Propagandavideo wiedererkannt.

Lichtermeer für Geiselfreilassung

Auf dem Heldenplatz hat am Donnerstag ein Lichtermeer in Erinnerung an die von der Hamas in Israel als Geiseln Genommenen stattgefunden.

Insgesamt sieben Verwandte von Tal Yeshurun befinden sich derzeit in Geiselhaft der Hamas, weitere vier wurden ermordet. Ob es in Wahrheit nicht mehr sind, weiß Yeshurun nicht. „Ich frage mich, ob jene, von denen ich glaube, dass sie Geiseln sind, in Wahrheit unter den 140 noch nicht identifizierten Leichen sind. Ich habe bisher kein Lebenszeichen von ihnen bekommen“, sagt Yeshurun. Auch bei einem der ermordeten Verwandten habe er erst zwei Wochen nach dessen Tod davon erfahren. Unter jenen Familienmitgliedern, von denen Yeshurun nichts weiß, ist auch der israelisch-österreichische Doppelstaatsbürger Tal Shoham.