Chronik

Teilbedingte Haft nach tödlichem Crash

Ein 27-Jähriger ist heute am Wiener Landesgericht wegen grob fahrlässiger Tötung nicht rechtskräftig zu einem Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt, verurteilt worden. Der Mann war über den Ring gerast und bei Rot in ein Auto gekracht. Eine Frau starb.

„Sie musste sterben aufgrund Ihrer rücksichtslosen Vorgangsweise“, meinte Einzelrichterin Corinna Huber in ihrer Urteilsbegründung zum 27-Jährigen. Die Richterin verwies darauf, dass zum Unfallzeitpunkt, dem 13. September 2022 um 19.37 Uhr, schlechte Sichtverhältnisse gegeben waren. Die Dämmerung war eingebrochen, es regnete, die Fahrbahn war nass.

Trotzdem raste der Mann mit seinem Mercedes mit 106 km/h über die Ringstraße. Er ignorierte an der Kreuzung mit der Wipplingerstraße eine rote Ampel und kollidierte mit dem Pkw einer 48-Jährigen. Die zweifache Mutter hatte keine Überlebenschance. Der Mercedes krachte direkt in ihre Fahrertür, die Frau erlitt einen Aortariss und starb in einem Spital.

Übermüdung nach Sightseeing

Der Lenker ist ortsunkundig und war übermüdet. Der 27-Jährige lebt in Belgien und war übers Wochenende zum Sightseeing nach Wien gereist. In der Nacht vor dem Unfall war er bis 4.00 Uhr unterwegs gewesen. Nach dem Unfall wurde er einer Amtsärztin vorgeführt. Diese stellte fest, dass er weder durch Alkohol noch Suchtmittel beeinträchtigt war.

Die Amtsärztin hielt allerdings fest, dass ihm während der Untersuchung die Augen zufielen. Darauf angesprochen, meinte der Angeklagte in der Verhandlung: „Totale Übermüdung habe ich nicht verspürt. Es war die Müdigkeit einer Person, die die ganze Zeit in der Stadt herumgelaufen ist und sich Sehenswürdigkeiten angeschaut hat.“

Angeklagter kondolierte Angehörigen

Wie ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten ergab, hatte die Frau von der Wipplingerstraße kommend vorschriftsmäßig die Ringstraße übersetzen wollen. Sie hinterließ eine minderjährige Tochter und einen volljährigen Sohn.

Der 27-Jährige, der sich reumütig geständig verantwortet und den im Verhandlungssaal anwesenden Angehörigen der Getöteten, darunter die minderjährige Tochter, kondoliert hatte, erbat Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Mann wirkte schuldeinsichtig

Die Tochter und der Sohn der Getöteten hatten sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen. Die Minderjährige bekam ein Trauerschmerzensgeld von 20.000 Euro sowie die Kosten für die psychologische und psychotherapeutische Nachbetreuung zugesprochen. Dem volljährigen Sohn billigte das Gericht einen Gesamtbetrag von 25.900 Euro zu. Der 27-Jährige erkannte die Forderungen der Halbwaisen in diesem Umfang auch an.

Der Mann wirkte vor Gericht schuldeinsichtig. Er konnte allerdings nicht erklären, weshalb er mit durchgetretenem Gaspedal auf 106 km/h beschleunigt hatte: „Ich weiß nicht genau, wie hoch die Geschwindigkeit war.“ Angefühlt habe es sich „wie 80, 85 km/h“. Erlaubt sind im Ortsgebiet 50. Er habe „schnell ins Hotel gewollt“. „Warum geben Sie da Vollgas?“, fragte die Richterin. „Es war ein Fehler. Es tut mir leid. Es gab keinen Grund.“

Ampel zeigte acht Sekunden vor Crash rot

Laut verkehrstechnischem Gutachten zeigte die Ampel an der Kreuzung Ringstraße – Wipplingerstraße bereits acht Sekunden vor der Kollision der beiden Fahrzeuge rot. Diesbezüglich merkte der Angeklagte an, er habe die über dem Fahrbahnbereich angebrachte Ampel nicht gesehen: „In Belgien ist die Ampel immer neben der Fahrbahn. Man sieht die Ampel ganz klar.“

Der Mann syrischer Abstammung ist in Belgien als Raser bekannt. Er weist vier Vormerkungen wegen Schnellfahrens auf, ihm wurde nach einer 160-Stundenkilometer-Fahrt auch schon einmal der Führerschein abgenommen. Dessen ungeachtet sei der 27-Jährige „kein routinierter Rechtsbrecher“, bemerkte sein Verteidiger abschließend: „Der Unfall in Wien hat ihn tief geprägt. Sein Fahrverhalten ist heute ein anderes. Er wird für immer damit leben müssen, den Tod einer Person verursacht zu haben.“