Gericht

Wiener Wohnen-Prozess mit 53 Angeklagten

Ab 27. November wird am Landesgericht ein möglicher Bestechungs- und Korruptionsskandal aufgearbeitet. Einem 58-jährigen Geschäftsmann wird vorgeworfen, 45 ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wiener Wohnen „geschmiert“ zu haben. Sieben Beschäftigte des Geschäftsmanns sind als Bestimmungs- oder Beitragstäter mitangeklagt.

Der 58-Jährige leitete im inkriminierten Zeitraum von April 2011 bis 2013 eine Glaserei und Malerei, einen Steinmetzbetrieb und mehrere Baufirmen, aktuell ist er im Firmenbuch als Geschäftsführer eines Maler- und Anstreicherbetriebes eingetragen. Seinerzeit erledigte er vor allem für Wiener Wohnen Aufträge. In Form von „Häuserlisten“ wurden in Gemeindebauanlagen anfallende Reparaturarbeiten durchgeführt.

Der 44 Seiten umfassenden Anklageschrift der WKStA zufolge wurden darüber hinaus regelmäßig Aufträge verrechnet, „die nicht oder zumindest nicht im verrechneten Umfang ausgeführt wurden bzw. werden sollten“. Das funktionierte laut Anklage wie geschmiert, weil so genannte Werkmeister und Referenten bei Wiener Wohnen eingeweiht waren und für ihr Augen-Zudrücken mit Tank- und Einkaufsgutscheinen, in selteneren Fällen auch mit Sachwerten, bestochen worden sein sollen.

Gutscheinlisten geführt

In der Anklageschrift wird auf „ungewöhnlich viele Beweise für die Gewährung und die Annahme von Vorteilen“ verwiesen. Demnach wurden im Firmen-Konglomerat des Hauptangeklagten jährliche „Gutscheinlisten“ geführt. Ein Ex-Mitarbeiter des 58-Jährigen, der sich im Ermittlungsverfahren als Belastungszeuge zur Verfügung gestellt hatte, gab an, ihm sei schon „am Anfang“ gesagt worden, „dass man sich bei den WKM (Werkmeistern, Anm.) bedanken soll, eben mit Gutscheinen. Die Aufträge kamen dann herein. Ich habe geschaut, ob diese auf der Häuserliste standen.“

Ihm seien entsprechende Excel-Listen vorbereitet und Gutscheine im Gegenwert von „circa drei Prozent der Auftragssumme“ gekauft worden: „Ich habe mir dann Termine mit den WKM gemacht und ihnen vorbeigebracht.“ Er habe darauf „sehr positive Reaktionen der WKM“ erhalten. Als man bei Wiener Wohnen von der Korruptionsaffäre erfuhr man, wurde versichert, man sei um „rasche Aufklärung“ bemüht. Interne Konsequenzen wurden in Form einer inneren Revision und Compliance-Schulungen gezogen. Was die zur Anklage gebrachten Mitarbeiter betrifft, wurden etliche Suspendierungen vorgenommen. Ein Teil der Betroffenen schied freiwillig aus und suchte anderweitig nach einem neuen Job.

Beamter kassierte 15.000 Euro als Gutscheine

Bei einigen angeblich korrupten Gemeindebediensteten kam aufgrund der verfahrensgegenständlichen Machenschaften ein „Zubrot“ von wenigen 100 Euro zusammen. Andere sahnten allerdings ordentlich ab. Ein 57-jähriger Beamter soll sich um mehr als 15.000 Euro in Form von Gutscheinen bereichert haben. Laut Anklage wurden die Bestechungszahlungen an die Gemeindebediensteten in einem eigenen Evidenzbuch erfasst.

„Nachdem sich das System eingespielt und als wirksam und gewinnbringend herausgestellt hatte, wurde es optimiert“, hält die WKStA in ihrer Anklage fest. Da die Wiener Wohnen-Mitarbeiter weder feststellten, ob es überhaupt Schäden gab, und nachher auch nicht kontrollierten, ob diese überhaupt behoben und die erteilten Aufträge ordnungsgemäß durchgeführt wurden, „war es ein leichtes, tatsächlich nicht eingetretene ‚Schäden‘ zu melden und derart Scheinaufträge zu generieren“. Man verfiel sogar auf die Idee, angeblichen Glasbruch zu behaupten, indem Fenster gereinigt und das Silikon ausgetauscht wurde. Damit wurde der Eindruck erweckt, man habe in Brüche gegangene Fenster ausgetauscht.

Bei Hausdurchsuchungen Protokolle gefunden

Dass der Hauptangeklagte schriftliche Protokolle über wöchentliche Besprechungen mit seinen eingeweihten Beschäftigten als PDF-Dateien abgespeichert hatte, fiel ihm im Zuge der Ermittlungen insofern auf den Kopf, als er damit ungewollt ihn belastendes Beweismaterial generiert hatte. Die inkriminierten Vorgänge wurden damit teilweise bis ins Detail dokumentiert, sie konnten im Zuge von Hausdurchsuchungen sichergestellt und ausgewertet werden.

Die WKStA zitierte in ihrer Anklageschrift, wie über die „Häuserliste“ gewitzelt wird. So wird an einer Stelle zu in Rechnung gestellten Arbeiten festgehalten: „Wir machen ja gar nix. Außer putzen eventuell.“ – „Auch net, wenn’s kaputt is?“ – „Na. Es sind alle kaputt. Wir machen trotzdem nix.(…) Wir verrechnen drei und machen’s net.“

Die Verhandlung wird im Großen Schwurgerichtssaal über die Bühne gehen, wobei die ersten Sitzreihen im Publikumsbereich für die Angeklagten und ihre Verteidiger reserviert sind. Vorerst sind bis zum 7. Dezember sieben Verhandlungstermine anberaumt. Inwieweit dann weitere Verhandlungstermine benötigt werden, wird sich zeigen. Bei ehemaligen Gemeindebediensteten, die nur geringe Beträge eingestreift haben, käme im Fall einer geständigen Verantwortung und einer bisherigen Unbescholtenheit wohl eine diversionelle Erledigung in Betracht. Für sämtliche Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung.