Frau tippt auf Handy
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Gesundheit

Experten: Handysucht mit Drogen vergleichbar

Im Schnitt verbringen die Österreicherinnen und Österreicher drei Stunden täglich mit ihrem Smartphone. Immer mehr Menschen werden von einer „Online-Aktivität“ regelrecht abhängig – zwei Wiener Experten des Anton-Proksch-Instituts sehen in ihrem neuen Buch Parallelen zu Drogensucht.

Das Smartphone ist wohl nicht das erste woran man denkt, wenn es um Suchtkrankheiten geht. Aber immer mehr Menschen wollen und können sich ein Leben ohne Smartphone nicht mehr vorstellen. Zwei Wiener Psychologen sehen zwischen der Handy- und Drogensucht durchaus Parallelen. „Das Hauptkriterium ist der Kontrollverlust, auch die Toleranzsteigerung. Das findet man sowohl beim Handy als auch beispielsweise auch bei illegalen Drogen“, so Autor Oliver Scheibenbogen.

Scheibenbogen ist unter anderem klinischer Psychologe und seit 1996 am Wiener Anton Proksch Institut, einer der führenden Suchtkliniken Europas. Zusammen mit Roland Mader hat er sich dem Thema Handysucht in dem neuen Buch „always on“ gewidmet. Wie bei der Drogensucht gelte auch bei der Handysucht: „Die Dosis macht das Gift. Also einfach eine zu intensive Nutzung, lässt uns das reale Leben verlernen“, sagt Mader, Facharzt für Psychiatrie und am Proksch-Institut Leiter der Abteilung mit Schwerpunkt stoffungebundene Abhängigkeiten wie Internetsucht oder Glücksspielsucht.

Autoren Scheibenbogen und Mader
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Die Autoren sehen Parallelen zwischen Drogen- und Handysucht

Jugendliche besonders betroffen

Besonders betroffen sind Jugendliche. Das Handy wegzulegen oder es sogar zuhause zu lassen, fällt aber vielen Menschen schwer: „Ich fühl’ mich nicht wirklich wohl, wenn’s daheim liegt. Ich hab es immer dabei“, sagt eine Frau gegenüber „Wien heute“. „Man fühlt sich dann schon irgendwie verloren, wenn man mal navigieren muss und dann ist Google Maps nicht dabei“, so ein Mann.

Das wissenschaftliche Phänomen dahinter heißt „Nomophobie“ – die Angst, ohne Handy zu sein. Die Experten empfehlen: „Temporär auf das Handy zu verzichten, das halte ich für eine sehr, sehr gute Idee. Einfach darum, um selber mal zu überprüfen schaffe ich es ohne Handy auszukommen“, so Scheibenhofer. Das fördere außerdem das Erlernen sozialer Kompetenzen: „Empathie zum Beispiel. Das lernt man nur im Face-to-face-Kontakt. Wenn man immer ins Handy schaut und Kommunikation über Social Media pflegt usw., dann verlernt man, mit wirklichen Menschen umzugehen“, sagt Mader.

Handynutzung bei Kindern stark einschränken

Zudem sei man wesentlich kreativer, wenn man das Handy mal zur Seite legt. Mit Kindern solle man bestimmte Zeiten für den Handykonsum festzulegen um die Suchtgefahr einzuschränken: „Wir empfehlen bei Babys gar keine Handynutzung und dann bis zum fünften Lebensjahr eine halbe Stunde am Tag, bis zum zehnten Lebensjahr, eine Stunde am Tag. Und das ist schwer genug, sich an diese Zeiten zu halten“, schildert Mader. Wichtig sei es aber, das Handy nicht zu verteufeln und den Kindern einen gesunden Umgang mit dem Smartphone mitzugeben.