Gericht

Mann nach Schuss verblutet: Freispruch

Am Dienstag ist ein 47-jähriger Algerier in einem Mordprozess am Wiener Landesgericht freigesprochen worden. Ihm war vorgeworfen worden, vor 15 Jahren einen 38-jährigen Algerier erschossen zu haben.

Die Geschworenen verwarfen in dem Mordprozess die Anklage einstimmig. Staatsanwalt Bernd Ziska akzeptierte diese Entscheidung, er gab noch im Gerichtssaal einen Rechtsmittelverzicht ab. Der Freispruch ist damit bereits rechtskräftig. „Sie werden jetzt gleich enthaftet“, teilte der vorsitzende Richter dem gebürtigen Algerier mit. Dieser bedankte sich überschwänglich beim Gericht, ehe er von der Justizwache abgeführt wurde.

Opfer verblutet

Verfahrensgegenständlich war der gewaltsame Tod eines im Tatzeitpunkt 38 Jahre alten Algeriers, dessen Leiche ein Lkw-Fahrer am 19. Dezember 2008 auf einer Parkbank in der Nähe der Reichsbrücke entdeckt hatte. Der Mann war an den Folgen einer Schusswunde verblutet. Wie sich bei der Obduktion der Leiche zeigte, hatte ihm jemand mit einer Pistole in den rechten Oberschenkel geschossen, wobei das Projektil die Arterie zerfetzte.

Der Angeschossene schleppte sich noch zu einer Parkbank, wobei er eine 20 Meter lange Blutspur nach sich zog. Dort starb er, wobei laut Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp zumindest drei Minuten ab dem Treffer ins Bein vergangen sein dürften, ehe der Verletzte infolge des starken Blutverlusts das Bewusstsein verlor.

Algerier nach tödlichem Schuss vor Gericht

Vor 15 Jahren ist ein damals 38-jähriger Algerier auf einer Parkbank in der Nähe der Reichsbrücke in Donaustadt verblutet. Ein Landsmann soll nach vorangegangenen Streitigkeiten auf den Mann geschossen haben. Der 47-jährige Angeklagte wurde im Juni 2023 auf Basis eines internationalen Haftbefehls in Stockholm verhaftet und ausgeliefert,

Anklage lieferte „keinen eindeutigen Beweis“

Der Angeklagte, nach dem jahrelang vergeblich mit internationalem Haftbefehl gefahndet worden war, ehe er am 7. Juni heurigen Jahres in Stockholm festgenommen werden konnte, bestritt in dem Indizienprozess, überhaupt am Tatort gewesen zu sein. Der Staatsanwalt zeigte sich dagegen überzeugt, dass der Mann insgesamt zwei Mal auf das Opfer geschossen hatte, wobei ein Schuss daneben ging: „Es gibt keinen eindeutigen Beweis, aber ein engmaschiges Netz an Indizien.“

Die Anklagebehörde könne zwar weder auf unmittelbare Tatzeugen zurückgreifen noch gebe es einen den Angeklagten unmittelbar belastenden Sachbeweis in Form von DNA-Spuren oder Fingerabdrücken an den am Tatort sichergestellten zwei Patronenhülsen, der Leiche oder der Kleidung des Getöteten.

Angeklagter und Opfer kannten sich

Allerdings hätten der Angeklagte und das Opfer einander gekannt und – wie Hinweise zutage brachten, die nach medialen Veröffentlichungen zu dem Tötungsdelikt teilweise anonym bei der Polizei eingegangen waren – in den Wochen davor mehrfach Streit gehabt, der in Handgreiflichkeiten ausartete. So hieß es, der Angeklagte habe nach der letzten tätlichen Auseinandersetzung Anfang Dezember 2008 angekündigt, er werde seinem Kontrahenten „eine Lektion erteilen, die er sein Leben lang nicht vergisst“, zitierte der Staatsanwalt aus einer Zeugenaussage.

„Ich habe keinen gemordet, ich schwöre bei allen Heiligen“, versicherte der Angeklagte in fast erstklassigem Deutsch – er hatte 2000 in Österreich um Asyl angesucht, was rechtskräftig abgelehnt wurde. Er habe den Getöteten seinerzeit in der Justizanstalt Stein kennengelernt, wo beide eine Haftstrafe absaßen. Nach der Entlassung habe der Landsmann bei ihm wohnen wollen, was er verweigerte, worauf ihn sein Bekannter heftig beschimpft habe.

Verteidiger sieht „keinen Beleg“

Der Angeklagte räumte ein, dass er diesem deshalb mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen habe, weil er sich gegen seine Familie gerichtete Beleidigungen nicht gefallen lasse. Er habe den damals 38-Jährigen aber nicht zu einer Aussprache zu später Stunde zur Reichsbrücke bestellt und bzw. oder diesem nach dem Leben getrachtet: „Ich habe nie auch nur einen Hund getötet. Wie kann ich einen Menschen töten?“

„Die Indizien sind nicht einmal ansatzweise geeignet, um ihn wegen Mordes verurteilen zu können“, meinte der Verfahrenshelfer des 47-Jährigen. Die Tatwaffe sei nie gefunden worden, dafür habe man auf einer Schere, die das Opfer bei sich hatte, neben dessen DNA die genetischen Merkmale einer weiteren Person entdeckt. „Es gibt keinen Beleg, dass der Angeklagte am Tatort war“, sagte der Verfahrenshelfer.

Von sämtlichen geladenen Zeugen erschien mit einer einzigen Ausnahme keiner. Allesamt hatten im Tatzeitraum der algerischen Community in Wien angehört, die Spur der meisten hat sich mittlerweile verloren. Ihre damaligen Angaben, die schriftlich protokolliert worden waren, wurden daher verlesen.