Polizisten am Tatort
APA/Georg Hochmuth
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Chronik

Obdachlosenmorde: Bursch stellt sich

Jener Bursch, der seit Sommer – auch mittels Fahndungsvideo – gesucht worden war und für zwei Morde an Obdachlosen verantwortlich sein soll, hat sich der Polizei gestellt. Das bestätigten sowohl der Anwalt des Tatverdächtigen als auch die Polizei.

Beim mutmaßlichen Täter soll es sich um einen erst 17-Jährigen handeln. Er sei bereits gestern von Ermittlern einvernommen worden. Wie die „Kronen Zeitung“ berichtete, habe der Bursch Stimmen gehört, die ihm das Töten befohlen hätten. Auch die Tatwaffe sei bereits sichergestellt worden.

Gestellt hatte sich der Bursch im Beisein seines Anwaltes Manfred Arbacher-Stöger, der ebenso gegenüber ORF Wien bestätigte, dass der Bursch für die zwei Morde und einen Mordversuch verantwortlich sein soll. Der 17-Jährige habe es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren können.

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Polizisten am Tatort
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Das erste Opfer, ein 56-jähriger Mann, wurde auf einer Parkbank beim Handelskai entdeckt
Polizisten am Tatort
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Polizisten am Tatort
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Die Venediger Au in der Nähe des Praters
ORF
Der zweite Angriff erfolgte in der Venediger Au in der Leopoldstadt – die Frau überlebte
Tatort am Hernalser Gürtel
ORF
Der letzte Angriff erfolgte am Hernalser Gürtel, dabei starb ein 55-Jähriger

Taten gezielt geplant

In einer Pressekonferenz stellten Oberst Gerhard Winkler sowie zwei Ermittler klar, dass der Bursch, seit er 16 ist, Drogen nahm. Laut Polizei hatte er es auch nicht auf Obdachlose abgesehen. Ausschlaggebend seien drei Kriterien gewesen: Die Opfer mussten leicht verfügbar sein, er musste ungestört handeln können, und die Opfer mussten wehrlos sein. Seine Taten habe der 17-Jährige gezielt geplant, er habe sich bewusst vermummt. Als Beispiel nannte Winkler den Umstand, dass der mutmaßliche Täter seine Kappe tief ins Gesicht gezogen habe.

Ein Messer
LPD Wien
Laut Polizei nutzte der Bursch dieses Einsatzmesser, er versteckte es zuletzt im Wohnhaus seines Vaters

Als Tatwaffe kam ein Einsatzmesser zum Einsatz. Dieses versteckte er an seinem Knöchel. Zuletzt bewahrte er das Messer im Haus seines Vaters im Weinviertel auf. Ein Ermittler sagte dazu: „Selbst wenn man den Haushalt gut kennt, würde man es nicht finden.“ Die genauen Beschreibungen des Burschen hätten die Ermittler aber schließlich zur Waffe geführt. Seine Taten erzählte der mutmaßliche Mörder zuerst seiner Freundin, seine Eltern wussten bis zur Verständigung durch die Polizei nichts. Seit September war der Tatverdächtige in einem Krisenzentrum in Betreuung.

In diesem Monat trat der Verdächtige auch zum ersten Mal polizeilich in Erscheinung. Bei einem Streit verletzte er seine Mutter, die Polizei wurde eingeschaltet. Zu einer Festnahme kam es damals jedoch nicht. Es seien keinerlei Gründe dafür vorgelegen, sagte Winkler. Zudem wurden die Beamtinnen und Beamten auch wegen seiner Drogensucht (Partydrogen, Heroin und Kokain) auf den Burschen aufmerksam.

Obdachlosenmorde: Bursch stellt sich

Jener Bursch, der seit Sommer – auch mittels Fahndungsvideo – gesucht worden war und für zwei Morde an Obdachlosen verantwortlich sein soll, hat sich der Polizei gestellt. Das bestätigten sowohl der Anwalt des Tatverdächtigen als auch die Polizei.

Anwalt: Aus ordentlichem Elternhaus

„Das, was ihn jetzt zum Schluss dazu getrieben hat, ist sicher ein Fahndungsdruck gewesen, der durch die Auslobung von 10.000 Euro für sachdienliche Hinweise noch zusätzlich hinzugekommen ist“, so Anwalt Arbacher-Stöger.

Zuvor besuchte der mutmaßliche Mörder eine AHS, brach aber die Schule ab. Er stamme aus einem ordentlichen Elternhaus, „bis auf das, dass sich die Eltern schon im sehr frühen Kindesalter getrennt haben. Das Motiv ist sicher in einer möglichen Persönlichkeitsstörung zu suchen.“

Zwei Tote und eine Verletzte

Am 12. Juli wurde ein 56-jähriger Mann erstochen auf einer Parkbank am Handelskai in Wien-Brigittenau aufgefunden. Zehn Tage später erlitt eine 51 Jahre alte Frau in der Venediger Au in Wien-Leopoldstadt durch Stiche und Schnitte schwere Verletzungen. Zuletzt wurde in der Nacht auf den 9. August eine Messerattacke in Wien-Josefstadt beim Hernalser Gürtel 22 verübt, wobei der 55-jährige Mann wie das erste Opfer seinen Verletzungen erlag.

Dass es seit besagter Nacht im August zu keinen weiteren Bluttaten kam, führte Winkler am Dienstag unter anderem darauf zurück, dass sich die persönliche Situation des Jugendlichen verbessert habe und er versucht habe, „sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken“. Der 17-Jährige habe nach seinem Schulabbruch eine Lehre begonnen und eine Freundin gehabt. „Er hat sich bei ihr geborgen und geliebt gefühlt“, so Winkler. So habe der Jugendliche seine „innere Unruhe“ vergessen können, hieß es.

Mitte Oktober veröffentlichte die Landespolizeidirektion Wien ein Fahndungsvideo, das den Täter zeigen soll. Einen Tag nach der Veröffentlichung seien bereits erste Hinweise eingegangen. Für Hinweise, die zur Ausforschung des Täters führen, wurden vom Verein der Freunde der Wiener Polizei jedenfalls 10.000 Euro ausgelobt.

Erleichterung bei Betreuungseinrichtungen

Caritas-Direktor Klaus Schwertner zeigte sich über die Festnahme erleichtert. Auch Markus Hollendohner, Leiter der Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien (FSW), zeigte sich erleichtert, gleichzeitig mahnte er: „Weiterhin bleiben aber obdach- und wohnungslose Menschen in Wien eine marginalisierte Gruppe, das Leben auf der Straße ist nach wie vor mit Gefahren verbunden.“

Experte Hollendohner über die Lage obdachloser Personen

Der Leiter der Wiener Wohnungslosenhilfe im Fonds Soziales Wien berichtet über die aktuelle Lage obdachloser Personen.

Die Streetworkerinnen und -worker der Einrichtungen seien dabei, die betroffenen Personengruppen über die Festnahme zu informieren. „Die Erleichterung ist sehr groß, einerseits bei den betroffenen Menschen, andererseits auch ganz stark bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Basis“, so Hollendohner. Die zusätzlichen Notquartiere sind mittlerweile in das Winterpaket übergangen und werden so weitergeführt.

Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sagte: „Von der Wiener Stadtpolitik gab und gibt es ein klares Commitment zum Schutz von obdachlosen Menschen. Es war uns ein Anliegen, rasch zu helfen und Schutz anzubieten. Dass sich der Täter jetzt gestellt hat, ist beruhigend. Nichtsdestotrotz zeigt es, dass wir weiter auf obdach- und wohnungslose Menschen schauen müssen. Hass auf Menschen in Not hat in unserer Stadt keinen Platz.“