Politik

Wiederkehr für neue Regeln bei Asylbescheid

Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) fordert eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge. Sie sollen drei weitere Jahre im Bundesland leben müssen, in dem das Asylverfahren durchgeführt worden ist. Damit soll eine Überlastung des Wiener Bildungssystems verhindert werden.

Anlass für den Vorstoß des Wiener Stadtrats sind die laufenden Familienzusammenführungen, wie er im Interview mit der APA erläuterte. Alleine seit Jänner seien 2.500 zusätzliche Kinder und Jugendliche aufgenommen worden.

„Das ist massiv gestiegen in den vergangenen Monaten und wird im nächsten Jahr auf einem sehr hohen Niveau bleiben. Wir gehen davon aus, dass wir pro Monat circa 300 zusätzliche Kinder und Jugendliche haben werden, die einen Schulplatz benötigen“, erläuterte er. Das überfordere sowohl die Schulen als auch die Kinder und Jugendlichen. Für neu eingetroffene Kinder, die noch nicht schulreif sind, werden Orientierungsgruppen eingeführt.

Maßnahmen sollen Bildungssystem entlasten

Geflüchtete Kinder kommen laut Wiederkehr etwa aus Syrien, die zuvor etwa jahrelang in türkischen Flüchtlingslagern gewesen seien und weder ausreichend Deutsch können noch je eine Schule besucht hätten. Das sei für andere Schulkinder, aber auch für Schulen oft nicht zumutbar, dass diese Kinder sofort eingeschult würden, so Wiederkehr. Die Phase solle auch den Kindern selbst Orientierung bieten.

Die Betreuung soll am mehreren Standorten in Wien stattfinden, um dann den Übergang zur Schule zu ermöglichen. Rechtlich könnten diese Kinder bei der Schulreife ein halbes Jahr zurück gestellt werden. In dieser Zeit sollen sie in Gruppen betreut werden.

Diskussion um Asylwerber

Nach dem rechtlich heiklen Vorschlag des Innenministeriums, Asylwerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, kommt ein weiterer verfassungsmäßig bedenklicher Vorschlag zum Thema – dieses Mal von Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS). Nach einem positiv abgeschlossenen Asylverfahren sollen Asylberechtigte drei Jahre in jenem Bundesland bleiben müssen, in dem das Verfahren durchgeführt wurde. Eine Überlastung des Wiener Bildungssystems soll damit verhindert werden.

Herausforderung für Wien nicht alleine zu stemmen

Wien übererfülle nicht nur die Quote in Sachen Grundversorgung, es würden die meisten Betroffenen nach Abschluss des Asylverfahrens auch sofort nach Wien kommen. „Und deshalb ist mein Ansatz und meine Forderung, dass es hier ähnlich wie in Deutschland eine Wohnsitzauflage gibt.“

Drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens bzw. wenn subsidiärer Schutz gewährt wird, soll man in dem Bundesland wohnen müssen, in dem das Verfahren durchgeführt wurde, fordert Wiederkehr eine entsprechende bundesgesetzliche Regelung. Der Lebensmittelpunkt solle dort liegen, auch Sozialleistungen sollten nurmehr in diesem Bundesland ausbezahlt werden. Umgeht man die Pflicht, gibt es gemäß dem Vorschlag keine Leistungen mehr.

Koalitionspartner eher zurückhaltend

Berufstätige Menschen sollen an die Auflage nicht gebunden sein. „Wenn man einen Job findet, dann kann man sich natürlich auch innerhalb der ersten drei Jahre frei bewegen.“ Die Maßnahme wäre nötig, um Wien zu entlasten und die kleinteilige und dezentrale Integration in ganz Österreich zu ermöglichen, sagte der Stadtrat.

Eher zurückhaltend steht der Koalitionspartner SPÖ dem Ansinnen gegenüber. Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gab im Gespräch mit der APA zu bedenken, dass in Deutschland, das als Vorbild genannt wurde, ganz andere Voraussetzungen für eine derartige Regelung bestünden. Es gebe dort nicht die gleichen Spielregeln – und Unterschiede in der Größe der Bundesländer. Diese seien von der Einwohnerzahl zum Teil mit Österreich vergleichbar. Es gebe aber auch in Bayern keine Regel, dass man München nicht verlassen dürfe.

Verfassungsjurist sieht Verstoß gegen Europarecht

Verfassungsjurist Heinz Mayer hält den Plan für Wiederkehr für nicht durchsetzbar: „Das ist jedenfalls europarechtswidrig, weil Asylberechtigte müssen gleich behandelt werden wie Inländer. Das heißt, sie können die Freizügigkeit in Anspruch nehmen, die verfassungsrechtlich garantiert ist und dürfen nicht auf ein Bundesland konzentriert werden.“

Opposition fordert Schluss mit „Sozialmagneten“ Wien

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp lehnt die Forderung nach einer Wohnsitzauflage ab: „Dies würde nur dazu führen, dass noch mehr Sozialmigranten ins Wiener Mindestsicherungsparadies von SPÖ-Bürgermeister Ludwig kommen und die Sozialausgaben für Nicht-Österreicher zusätzlich exorbitant steigen.“ Nepp forderte stattdessen "Ausreisezentren für Asylanten, damit sie unser Land so schnell wie möglich wieder verlassen“.

Auch die Wiener ÖVP sprach in ihrer Reaktion im Zusammenhang mit Binnenmigration von Wien als einem „Sozialmagneten", mit dem endlich Schluss sein müsse. „Es braucht daher in Wien auch die Aufhebung aller Mehrleistungen vor allem bei der Mindestsicherung. Anders wird man den Zuzug ins Sozialsystem auf lange Sicht nicht stoppen können“, so die Integrationssprecherin Caroline Hungerländer.