Handelsgericht Wien von außen
APA/Georg Hochmuth
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Politik

SOS Balkanroute: Urteil rechtskräftig

Die Abweisung einer Klage des in Wien ansässigen Internationalen Zentrums für Migrationspolitik (ICMPD) von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) gegen die NGO SOS Balkanroute ist rechtskräftig. Das gab SOS Balkanroute am Mittwoch bekannt.

Das Handelsgericht Wien hatte die Klage – unter anderem wegen Vorwürfen, die NGO rücke das ICMPD in die Nähe zu illegalen Zurückweisungen (Pushbacks) an der kroatischen Grenze und mit rechtsgrundlosen Inhaftierungen – im Juli abgewiesen. Konkret ging es in dem Fall um Kreditschädigung, zentral auch um einen Bau innerhalb des bosnischen Flüchtlingslagers Lipa, den das ICMPD errichtete. Diese Internierungsanstalt bezeichnete der Gründer von SOS Balkanroute, Petar Rosandic, als „österreichisches Guantanamo“.

Gericht sah Parallelen zu Guantanamo

In der Urteilsausfertigung zur Klagsabweisung von Richter Andreas Pablik hatte es dazu geheißen: Die Behauptung sei nicht falsch, weil das ICMPD den Hafttrakt, der ausreichende Parallelen im Sinne der Äußerung der Beklagten zu einem mit Guantanamo assoziierten Gefängnis aufweise, ja tatsächlich gebaut habe. Es sei eindeutig, dass es um mögliche befürchtete Missstände gehe, die verhindert werden sollen, bevor sie passierten.

Heuer im Juni hatten bosnische Politiker das Aus für den umstrittenen Internierungstrakt im Flüchtlingslager Lipa bei Bihac verkündet. SOS Balkanroute hielt am Mittwoch fest: „Das mit 500.000 Euro EU-Steuergeldern finanzierte Gefängnis im bosnischen Camp Lipa wurde im Mai vom ICMPD an das bosnische Sicherheitsministerium übergeben, aber in Betrieb gehen wird es nicht.“

SOS Balkanroute sah SLAPP-Klage

Rosandic erklärte am Mittwoch in einer Aussendung zur Rechtskräftigkeit des Urteils: „Die internationale Organisation mit Ex-ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger an der Spitze, die mit EU-Steuergeldern ein illegales Gefängnis im bosnischen Camp Lipa errichtet hat, ist vor Gericht nicht nur an den Fakten, sondern auch an der breiten Solidarität und dem Protest von über 50 österreichischen und internationalen Organisationen gescheitert, darunter der Caritas, Diakonie, Volkshilfe, asylkoordination und Amnesty International.“ ICMPD betonte auf APA-Anfrage, weder das Gerichtsurteil noch die Presseaussendung weiter kommentieren zu wollen.

SOS Balkanroute, eine gemeinnützige Organisation, die nach eigenen Angaben seit 2019 das Leid Geflüchteter in Südosteuropa bekämpft, hatte das vom ICMPD angestrengte Verfahren als SLAPP-Prozess bezeichnet. SLAPP steht für Strategic Lawsuits against Public Participation, also strategische Klagen gegen eine Beteiligung der Öffentlichkeit. Diese werden in der Regel von Lobbygruppen oder einflussreichen Akteuren angestrengt, die Journalisten oder Aktivisten Verleumdung vorwerfen, wenn sie Missstände öffentlich machen.