Kultur

Starregisseur Wolfgang Glück ist tot

Der Wiener Starregisseur Wolfgang Glück ist im Alter von 94 Jahren verstorben – schon am Mittwoch, wie seine Familie nun bestätigte. International bekannt war Glück insbesondere für seine Literaturverfilmungen, 1987 war er für den Auslandsoscar nominiert.

Glück starb am 13. Dezember in Wien, wie seine Tochter Judith Glück am Sonntag der APA bestätigte. Trauerfeier und Urnenbeisetzung finden am 12. Februar um 13.00 Uhr auf dem Wiener Zentralfriedhof statt, wie der Parte zu entnehmen ist.

Glück hatte den Aufschwung des österreichischen Films im Alleingang angedeutet, lange bevor Virgil Widrich, Stefan Ruzowitzky, Götz Spielmann und sein Schüler Michael Haneke bei den Oscars zu Ehren kamen: 1987 wurde er für „38 – Auch das war Wien“ für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert. Es war der Höhepunkt einer arbeitsreichen Karriere.

Wolfgang Glück auf einem Archivbild
APA/Herbert Pfarrhofer
Wolfgang Glück stammte aus einem großbürgerlichen Wiener Elternhaus

Einer der produktivsten Regisseure

Der umtriebige Regisseur realisierte mehr als 100 Theaterinszenierungen, rund 80 abendfüllende Filme und über 400 Fernseharbeiten in Deutschland und Österreich. Er zählte damit zu den produktivsten Vertretern seines Fachs. Dabei hat sich Glück stets ein nüchternes Verhältnis zu seinem Beruf bewahrt. „Manches ist mir gut gelungen. Ich glaube, ich habe eine objektive Distanz zu meinem Werk. Hoffe ich zumindest“, sagte der Jubilar einst im APA-Gespräch.

Geboren wurde Glück am 25. September 1929 in Wien in ein großbürgerliches Elternhaus. Der Vater war Verlagsbeamter und Schriftsteller und gehörte zum intellektuellen Kreis um Karl Kraus und Adolf Loos. Er blieb während der Kriegszeit in Wien, war aber „aus rassischen Gründen“ arbeitslos. Nach der Matura am Akademischen Gymnasium studierte Glück Theaterwissenschaft und Germanistik in Zürich und Wien.

Wolfgang Glück (Mitte) mit Otto Schenk und Erika Pluhar auf einem Archivbild
APA/Herbert Pfarrhofer
Glück (Mitte) mit Otto Schenk und Erika Pluhar während der Eröffnung einer Retrospektive zu seinem Schaffen 2017

Zwischen 1948 und 1953 assistierte er am Wiener Burgtheater unter anderen bei Berthold Viertel, der bald sein väterlicher Freund wurde, Curd Jürgens und Walter Felsenstein. Wichtige Erfahrungen machte er auch bei Fritz Kortner in München. Außerdem legte er die Schauspieleignungsprüfung ab. Auf Glücks erste eigene Regiearbeit „Arsenik und alte Spitzen“ 1953 im Wiener Kellertheater am Parkring folgten rasch weitere Angebote.

Internationaler Durchbruch mit „Der Schüler Gerber“

Gleichzeitig arbeitete er als Radioregisseur beim amerikanischen Sender Rot-Weiß-Rot und als Regieassistent beim Film. 1957 wurde er als ständiger TV-Regisseur zum eben erst entstandenen österreichischen Fernsehen geholt. Im selben Jahr führte er auch erstmals Regie bei Spielfilmen. Ab den 1960er Jahren wandte sich Glück immer mehr der Literatur – hauptsächlich der österreichischen – zu, er verfilmte etwa Peter Handke, Thomas Bernhard, Peter Henisch, Ingeborg Bachmann und H. C. Artmann. Die „Traumnovelle“ (1969) mit Karlheinz Böhm etwa und auch die Arthur-Schnitzler-Verfilmungen „Komtesse Mizzi“ und „Literatur“ mit Christine Ostermayer, Otto Schenk und Helmuth Lohner gehören hier zu den herausragenden Arbeiten.

Daneben arbeitete er aber auch weiterhin am Theater, darunter in Metropolen wie Berlin, Hamburg und Frankfurt und von 1969 bis 1975 am Wiener Burgtheater. Außerdem begann er Ende der 1960er Jahre, auch Opern zu inszenieren, so etwa Gerhard Wimbergers „Fürst von Salzburg Wolf Dietrich“ 1987 für die Salzburger Festspiele. Beim Film gelang Glück 1981 mit der Torberg-Adaption „Der Schüler Gerber“ mit Gabriel Barylli in der Titelrolle der internationale Durchbruch.

TV-Hinweis

In memoriam Wolfgang Glück steht am Montag um 22.30 Uhr in ORF2 der „kulturMontag“ im Zeichen des Filmemachers. Um 0.00 Uhr sendet ORF2 Glücks oscarnominierten Film „38 – Auch das war Wien“.

Bis 2001 Leiter der Filmakademie

Die Nominierung für den Auslandsoscar sechs Jahre später bescherte ihm immerhin zwei Angebote aus Hollywood, die aber – nach eigener Aussage auch am eigenen Hochmut – scheiterten. Ein Umstand, dem Glück heute etwas nachtrauert: „Ich wäre wirklich undankbar, wenn ich etwas bedauern würde. Ich war zeitweise der meistbeschäftigte Regisseur Europas. Das ist natürlich kein Qualitätskriterium, aber das Merkmal einer Karriere. Einzig das, was mich am meisten interessiert hat, der Spielfilm, konnte ich wenig machen.“

Stattdessen begann er 1994 an der Filmakademie zu lehren, die er von 1997 bis 2001 auch leitete. Parallel, von 1971 bis 2003, war er auch stets Lehrbeauftragter am Institut für Theater- und Filmwissenschaft der Uni Wien.

Beileidsbekundungen aus Kulturpolitik

Aus der Kulturpolitik kamen noch am Sonntag Beileidsbekundungen. Grünen-Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer erinnerte an unvergessliche Filme, Opern- und Theaterabende, aber auch an Glücks Tätigkeit als Lehrender: „Kaum ein Regisseur im deutschsprachigen Sprachraum hat uns ein derart vielfältiges und breit gefächertes Werk hinterlassen wie Wolfgang Glück. Umso mehr schmerzt sein Verlust.“

Wien Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) würdigte einen „wesentlichen Filmemacher des österreichischen Kinos. Er gehört zu den wenigen, die es verstanden haben, Vergangenheitsbewältigung auf die große Leinwand zu bringen“, erinnerte sie unter anderem an „38 – Auch das war Wien“.

„Unvergesslich ist auch, dass er seinen Freund Billy Wilder noch einmal bewegen konnte, Wien zu besuchen. Überdies beherrschte er als Theaterregisseur mit Stilsicherheit und Humor die Klassiker so sehr wie die moderne Hochkultur und hat die großen Bühnen des deutschsprachigen Raumes über Jahrzehnte nachhaltig geprägt“, so Kaup-Hasler.

Der Verband Filmregie Österreich zeigte sich in tiefer Trauer um eines seiner Gründungsmitglieder und würdigte Glück als einen „empathischen und solidarischen Menschen, der dem Verband bis zuletzt verbunden blieb“. Am 13.12. sei „eine der leisesten und bescheidensten Größen des österreichischen Kinos mit 94 Jahren von uns gegangen“, betonte der Verband in einer Aussendung.