Karl Kraus
Wienbibliothek im Rathaus
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Kultur

Wienbibliothek feiert Karl-Kraus-Jahr

Die Wienbibliothek im Rathaus widmet sich 2024 dem 150. Geburtstag von Karl Kraus. Hier befindet sich seit den 1950er-Jahren das Archiv des Autors des Dramas „Die letzten Tage der Menschheit“. Erst kürzlich wurden weitere Manuskripte angekauft.

Die Wienbibliothek verfügt über einen reichen Bestand an Manuskripten, Druckfahnen, Briefen und Lebensdokumenten. Mit dem Ankauf einer hochkarätigen Privatsammlung mit Manuskripten von sechs bisher unveröffentlichten Essays, die Kraus in den Jahren 1929 bis 1936 verfasste, sowie knapp 50 Korrespondenzstücken an Irma Karczewska konnte der Bestand nun maßgeblich erweitert werden.

Kritische Auseinandersetzung

Kraus hatte mit der 14-jährigen, von ihm geförderten Schauspielerin eine Beziehung, zu der sie sich in den frühen 1930er-Jahren in einem ebenfalls in der Wienbibliothek befindlichen Tagebuch kritisch äußerte. „Dokumente wie die erworbenen Korrespondenzstücke ermöglichen es der Wissenschaft, unter allen Aspekten zu Leben und Werk zu forschen. Das beinhaltet eine kritische Auseinandersetzung im historischen Kontext ihrer Entstehung ebenso wie in der Lesart von heute, die noch einmal neue Zugänge eröffnet“, wurde Katharina Prager, Leiterin für Forschung und Partizipation der Wienbibliothek im Rathaus sowie Herausgeberin des „Karl Kraus-Handbuch“, am Montag in einer Aussendung zitiert.

Das Karl Kraus-Archiv ist ebenso wie der digitalisierte Bestand der Wienbibliothek online zugänglich, zum 150. Geburtstag entsteht zudem auf der Internetplattform „Wien Geschichte Wiki“ derzeit das Karl Kraus-Portal, auf dem Forschende wie Interessierte eingeladen sind, ihr eigenes Wissen zu teilen und mit den bestehenden Quellen der Wienbibliothek digital zu verknüpfen.

Brief Karl Kraus
Wienbibliothek im Rathaus
Brief von Karl Kraus an Irma Karczewska

Kooperationen geplant

„Bereits seit zehn Jahren laden wir mit dem ‚Wien Geschichte Wiki‘ ein, die (Kultur-)Geschichte Wiens partizipativ zu schreiben. Indem wir unsere Sammlungen zum Gedächtnis der Stadt auch digital für alle zugänglich machen, entstehen durch das Wissen der Vielen neue Erkenntnisse und Perspektiven“, so Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger. „Es ist für unsere demokratische Gesellschaft von immenser Wichtigkeit, im digitalen Raum gesichertes, fakten- und quellenbasiertes Wissen zu schaffen und anzubieten.“

Dabei sei es ein Anliegen, „Karl Kraus durchaus kritisch in Kontext zu setzen“ und auch „problematische Aspekte seiner Person und seines Werkes wie Antisemitismus oder Misogynie öffentlich zu thematisieren und zu debattieren. Geplante Kooperationen mit weiteren Institutionen wie dem Brenner-Archiv der Universität Innsbruck sollen Bestände und Wissen um Karl Kraus im Digitalen zusammenwachsen lassen“, heißt es.

Analoge Schwerpunkte mit Veranstaltungen

Auch analog widmet sich die Wienbibliothek im Rathaus dem Jubilar: Die Ausstellung „Das Familienleben ist ein Eingriff in das Privatleben – Die Familie des Satirikers Karl Kraus“ soll ihn ab 26. April erstmals mittels privater Postkarten, Briefe und Memorabilien als Teil einer faszinierenden jüdischen Großfamilie zeigen. Zusätzlich wurden zahlreiche Veranstaltungen rund um Kraus angekündigt, so wird etwa Katharina Prager am 29. April im Gartenbaukino eine „Wiener Vorlesung“ zu Karl Kraus halten und Karl Markovics Kraus-Texte lesen.