chronik

Keine Anhaltspunkte auf konkreten Anschlag

Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Sonntag auf APA-Anfrage die Festnahme von drei Terrorverdächtigen bestätigt, die offenbar Teil eines Länder übergreifenden radikalislamistischen Netzwerks waren, das Anschlagspläne in Wien, aber auch in Köln und Madrid erörtert haben soll.

Medienberichten zufolge soll der Wiener Stephansdom ein potenzielles Anschlagsziel gewesen sein. Direkt vor der Umsetzung befindliche Attentatspläne dürfte es zumindest in Wien noch nicht gegeben haben.

„Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden wäre“, meinte Behördensprecherin Nina Bussek im Gespräch mit der APA. Dessen ungeachtet dürfte die Verdachtslage gegen die drei Festgenommenen beträchtlich sein. Bei den Männern wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Datenträger sichergestellt. Diese müssen nun ausgewertet werden.

Insgesamt vier Personen festgenommen

Die Wiener Polizei hatte unter Verweis auf eine aktuelle Gefährdungseinschätzung des Verfassungsschutzes sowie die erhöhte Terrorwarnstufe bereits am Samstagabend per Presseaussendung die Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen kommuniziert. „Sämtliche Maßnahmen sind mittlerweile umgesetzt“, teilte Philipp Haßlinger, Sprecher der Landespolizeidirektion, am späten Sonntagnachmittag auf APA-Anfrage mit. Es handle sich um einen „laufenden Einsatz, die Lage wird von uns beobachtet und permanent evaluiert“.

Über die Weihnachtsfeiertage bleiben die erhöhten polizeilichen Vorkehrungen, insbesondere im Streifen- und Überwachungsdienst aufrecht, bekräftigte Haßlinger. Wie viele zusätzliche Beamtinnen und Beamten dafür in den Dienst gestellt wurden bzw. werden, wird nicht kommuniziert. Neben uniformierten sind auch zivile Einsatzkräfte mit besonderer Ausrüstung und Langwaffen an neuralgischen Punkten unterwegs. Die polizeiliche Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf Kirchen und religiöse Veranstaltungen, insbesondere Gottesdienste, sowie auf Weihnachtsmärkte.

Zum Schutz des Stephansdoms und der dort versammelten Gläubigen wurden sowohl im Innen- als auch im Außenbereich zusätzliche Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Vor dem Stephansdom waren am Heiligen Abend etliche schwerbewaffnete Polizisten postiert, in der Innenstadt war immer ein Polizeihubschrauber zu hören, der seine Kreise zog und die Lage sondierte. Die Polizei behielt sich vor, erforderlichenfalls auch Zutrittskontrollen zu Gottesdiensten oder sonstigen Veranstaltungen durchzuführen. Gläubige, die eine Heilige Messe oder die Christmette besuchen wollen, wurden gebeten, einen Lichtbildausweis mitzunehmen und mehr Zeitaufwand als üblich einzuplanen.

Auch Zutrittskontrollen in Kirchen möglich

Im Stephansdom fühle man sich sicher und gut bewacht, sagte Dompfarrer Toni Faber in der ORF-Sendung „Licht ins Dunkel“, der um Mitternacht die Christmette zelebrieren wird. Man brauche beim Eingang in die Kirche wegen der Kontrollen lediglich etwas länger und sollte einen Personalausweis dabei haben.

In Ottakring festgenommen

Die drei mutmaßlichen Terroristen waren am Samstag in Wien-Ottakring festgenommen worden, wie zunächst die „Bild“-Zeitung berichtet hatte. Wie die Staatsanwaltschaft am Sonntagnachmittag präzisierte, sind die drei allesamt erwachsen. „Es ist kein Jugendlicher unter den Verdächtigen“, sagte Bussek. Es sei im Zuge der Amtshandlung außerdem eine vierte Person festgenommen worden – allerdings nicht unter Terror-Verdacht.

Dieser Mann war nicht von der staatsanwaltschaftlichen Festnahmeanordnung umfasst, war allerdings zufällig anwesend, als diese – dem Vernehmen nach in einer Flüchtlingsunterkunft – von Spezialkräften der Polizei umgesetzt wurde. Dabei stellte sich heraus, dass der vierte Mann aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen bereits gesucht wurde, er wurde daher in Gewahrsam genommen. „Ob er mit terroristischen Straftaten in Verbindung zu bringen ist, muss nun abgeklärt werden“, erläuterte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Derzeit gebe es in diese Richtung keine Hinweise.

Dabei stellte sich heraus, dass der vierte Mann aufgrund fremdenrechtlicher Bestimmungen bereits gesucht wurde, er wurde daher in Gewahrsam genommen. „Ob er mit terroristischen Straftaten in Verbindung zu bringen ist, muss nun abgeklärt werden“, erläuterte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Derzeit gebe es in diese Richtung keine Hinweise.

Terror-Verdächtigen in Justizanstalt Josefstadt

Die drei Terror-Verdächtigen befinden sich bereits in der Justizanstalt Wien-Josefstadt. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, beim Landesgericht für Strafsachen U-Haft-Anträge einbringen zu wollen. Ermittelt wird wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischen Straftaten (§278c StGB).

Auf das Trio dürften die Staatsschutz- und Strafverfolgungsbehörden ein Mal mehr auf Grund von Hinweisen von ausländischen Partnerdiensten aufmerksam geworden sein. Die Sicherheitslage in Österreich und in Europa ist aktuell äußerst angespannt. So erhielt die Kölner Polizei Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe auf den Kölner Dom. Der Dom wurde mit Spürhunden abgesucht, Sprengstoff wurde dabei nicht entdeckt.

Die Polizei erhöhte die Sicherheitsmaßnahmen nach dpa-Informationen am Kölner Dom deutlich. Nach Angaben der Exekutive bezogen sich die Hinweise auf Silvester. Im Saarland gab es eine Festnahme eines Terror-Verdächtigen. Auch in Spanien gilt eine erhöhte Terror-Warnstufe.

Festnahmen von IS-Unterstützern, oft ISPK-Zusammenhang

Ob die drei in Wien festgenommenen Männer, die jedenfalls teilweise tadschikischer Abstammung sein sollen, einen Bezug zur Terrorgruppe „Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)“ hatten, ist unklar. Entsprechende Medienberichte bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft vorerst nicht.

Die ISPK hat ihren Ursprung in Afghanistan und kämpft dort gegen die Taliban-Regierung, wie der Terror-Experte Peter R. Neumann auf X (vormals Twitter) erläuterte. Auf ausbleibende Erfolge im eigenen Land habe die Gruppe „mit einer Strategie der Externalisierung“ reagiert, zunächst Ziele in der Nachbarschaft – etwa in Pakistan, Usbekistan und Tadschikistan – angegriffen und schließlich Netzwerke außerhalb der Region aufgebaut.

„Ergebnis: Festnahmen von IS-Unterstützern – auch in Europa – hatten in den letzten Jahren immer häufiger einen Zusammenhang mit ISPK. In Deutschland ging es fast immer um tadschikische bzw. zentralasiatische Netzwerke“, hielt Neumann fest.

Erzbischof bedankt sich bei Exekutive

Der Wiener Erzbischof, Christoph Schönborn zeigte sich dankbar für die Wachsamkeit der Exekutive. Von einem besorgniserregenden Anstieg des Antisemitismus berichtete Oberrabbiner Jaron Engelmayer, der sich über das klare Zeichen der Politik, jüdisches Leben weiterhin zu gewährleisten, bedankte.