ABD0061_20231223 – WIEN – …STERREICH: ++ HANDOUT ++ Szene aus einer Probe zum Ballett „Shifting Symmetries“ – im Bild eine Choreographie von Hans van Manen – am Mittwoch, 20. Dezember 2023, in der Staatsoper in Wien. Die Premiere findet am Samstag, 23. Dezember 2023, statt. – FOTO: APA/WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY TAYLOR – ++ WIR WEISEN AUSDR†CKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GR†NDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEF†HRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF – VOLLST€NDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++
APA/ASHLEY TAYLOR
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Kultur

Neoklassische Weihnachten in der Staatsoper

Erotisch, reduziert, streng, romantisch. Es muss nicht immer „Schwanensee“ und Tutu an Weihnachten sein. Unter dem Titel „Shifting Symmetries“ zogen gestern Abend drei Ballette über die Bühne der Staatsoper.

Die handlungsfreien Ballette der neoklassischen Tanzgroßmeister Hans van Manen, William Forsythe und George Balanchine zogen das Premierenpublikum in ihren Bann. Der erstklassig getanzte Abend begann streng-linear und endete, den Feiertagen gebührend, feurig-festlich.

Angespannte Körper mit abgewinkelten Jazzhänden

In der ersten Szene von Hans van Manens 1994 uraufgeführten „Concertante“ erzeugt der Einsatz des Cembalos in Frank Martins „Petite Symphonie Concertante“ eine unheilschwangere Stimmung, fast wie in einem Film von Alfred Hitchcock, dem sich später ein Hauch von Leonard Bernstein beimischt. Die Musik des verstorbenen Schweizer Komponisten hat etwas Filmartiges. Die Geigen kreischen. Die Spannung schwillt an. Die acht Tänzerinnen und Tänzer des Wiener Staatsopernballetts tauchen vereinzelt auf. Die wunderbare Liudmila Konovalova zeigt ihren muskulösen Rücken. Die nächste Ballerina kreist anreizend die Hüften, drückt uns ihr Gesäß ins Gesicht.

Die angespannten Körper glänzen in Keso Dekkers grün-lila gestreiften Ganzkörpertrikots. Abgewinkelte Jazzhände mit leicht gespreizten Fingern und weiten Schritten erobern die Bühne. Viele rechte Winkel und horizontale Linien. Das muss wahnsinnig anstrengend sein für die Tanzenden, und die abstrakte Coolness des niederländischen Choreografen ist wohl auch nicht einfach für den einen oder anderen Betrachter.

ABD0059_20231223 – WIEN – …STERREICH: ++ HANDOUT ++ Szene aus einer Probe zum Ballett „Shifting Symmetries“ – im Bild eine Choreographie von Hans van Manen – am Mittwoch, 20. Dezember 2023, in der Staatsoper in Wien. Die Premiere findet am Samstag, 23. Dezember 2023, statt. – FOTO: APA/WIENER STAATSBALLETT/ASHLEY TAYLOR – ++ WIR WEISEN AUSDR†CKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GR†NDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEF†HRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF – VOLLST€NDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++
ASHLEY TAYLOR

Niederländische Kompositionen

Nach der ersten Pause dann ein exzentrischer Takt. Mit ihren unerbittlichen, regelmäßig getakteten Schlägen verkündet die elektronische Partitur von Thom Willems Imperative, die im strengen 4/4 Takt Schauer durch die weichen Sitze der Staatsoper schicken. Aufwachen! Zwei Ballerinen, Kiyoka Hashimoto und Hyo-Jung Kang (beide Leuchtfeuer an diesem Abend), stehen in grünen Trikots unbekümmert auf einer leeren Bühne. Sie drücken ihre Zehen in den Boden und blicken nach oben auf die unerreichbaren goldenen Kirschen, die dort hängen – die etwas erhöhten Objekte im Titel des Stücks: „In the Middle, Somewhat Elevated“.

Mit der Musik des niederländischen Komponisten in Zusammenarbeit mit Lesley Stuck, und der Choreografie des US-amerikanischen Ballett-„Erneuerers“ William Forsythe ist es ein hochmodernes Meisterwerk, das bei seiner Uraufführung im Jahr 1987 an der Pariser Oper seiner Zeit deutlich voraus war. Das Ensemble tanzt zu einem ruckartigen Krachen elektronischer Klänge. Sie sehen alle sensationell aus, wie sie sich durch die wechselnden Symmetrien bewegen. Die Schritte erfordern eine echte physische Kraft und Gewalt. Ein Paar fasst einander die Hände. Beide beugen sich von der Mitte weg und die Frau streckt ihr rechtes Bein in einem 180-Grad-Winkel. Brendan Saye (herausragend) und die übrigen Tänzerinnen und Tänzer sind alle Teil einer gut geölten „industriellen“ Maschine.

Klassik doch noch gegen Ende

Dann wird es doch noch klassischer. Ausgerechnet jener neoklassische Tanzrevoluzzer, der diesen beiden Meistern den Weg ebnete, ist vielleicht auch der unaufregendste an diesem Abend, der in einem fulminant-feierlichen Finale von George Balanchine endet. Das „Brahms-Schönberg-Quartett“ ist ein romantisches Werk für 55 Tänzer und Tänzerinnen.

Es ist das, woran die meisten Menschen denken, wenn sie an Ballett denken: Prinzessinnen, die wie Kolibris (in zauberhaften Kostümen von Vera Richter) im Bourrée über die Bühne schweben. Vor dem Hintergrund eines pointillistischen Schlosses fallen Prinzen vor den Ballerinen auf die Knie. Zärtlichkeiten und Sehnsüchte werden ausgetauscht. Dann wilde Volkstänze, ein wilder Csardas, mit einem Hauch von österreichisch-ungarischer Monarchie. Es ist ein würdiger Abschluss für einen vorweihnachtlichen Abend mit viel Applaus.