Polizei bewacht Stephansdom
APA/Max Slovencik
APA/Max Slovencik
Chronik

Terrorverdacht: U-Haft wegen Gefahr zu Silvester

Die drei Terror-Verdächtige, die wegen angeblicher Anschlagspläne auf den Stephansdom festgenommen worden sind, sitzen weiter in U-Haft. Das Gericht sieht in Hinblick auf den Silvesterpfad Tatbegehungsgefahr. Die drei sollen laut „Heute“ Anfang des Monats ein konspiratives Treffen abgehalten haben.

In seinem U-Haft-Beschluss geht das Landesgericht davon aus, dass die Beschuldigten „auf freien Fuß gesetzt ihren Tatplan (schon wegen der zeitlich unverrückbaren Großveranstaltung ‚Silvestermeile‘ am 31.12.) mit Hilfe derzeit teils noch unbekannter Täter umsetzen könnten“. Das Gericht sieht außerdem Verdunkelungsgefahr. Die Verdächtigen könnten „versuchen, Beweismittel zu verbringen bzw. zu vernichten, wie es bereits seit dem 20.12.2023 mit vielen Inhalten der Mobiltelefone geschehen ist, bzw. weitere noch auszuforschende Mittäter warnen oder sich mit ihnen verabreden“, wird in dem U-Haft-Beschluss festgehalten.

14 Mobiltelefone sichergestellt

Die drei Beschuldigten – laut „Heute“ ein 28 Jahre alter gebürtiger Tadschike, seine um ein Jahr jüngere Ehefrau sowie ein 47-jähriger Mann mit tschetschenischen Wurzeln – sollen dem Länder übergreifenden radikalislamistischen Terror-Netzwerk „Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)“ angehören, dem Anschlagspläne auf den Kölner Dom und den Stephansdom zugeschrieben werden.

Der Verteidiger des 47-Jährigen, der Wiener Rechtsanwalt Florian Kreiner, trat dem im Gespräch mit der APA entschieden entgegen. Der 47-Jährige habe zufällig im selben Flüchtlingsheim wie der 28-Jährige gelebt und sei „sicher nicht“ Teil einer Terror-Zelle gewesen, bekräftigte Kreiner: „Der Mann hält sich seit 2012 in Wien auf, hat drei Kinder und sich bisher nichts zuschulden kommen lassen.“ Er habe daher Beschwerde gegen die Verhängung der U-Haft eingelegt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen das Trio wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischer Straftaten (§278c StGB).

Im Zug einer Hausdurchsuchung waren bei den drei mutmaßlichen Islamisten, die allesamt die wider sie erhobenen Vorwürfe abstreiten, Datenträger – offenbar nicht weniger als 14 Mobiltelefone – sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden. Auf dem Handy der tatverdächtigen Frau fanden sich bei einer ersten Sichtung den IS verherrlichende Audio- und Videofiles.

Stephansdom gefilmt und abgeklopft

Laut „Heute“ soll es bereits am 8. Dezember 2023 in der Flüchtlingsunterkunft zu einem „konspirativen Treffen“ gekommen sein. An diesem Treffen soll auch ein 30 Jahre alter Tadschdike teilgenommen haben, der aus Deutschland angereist war und den Stephansdom „in einer für Touristen untypischen Weise“ gefilmt, auf Überwachungskameras überprüft und das Gemäuer abgeklopft haben soll.

Der 30-Jährige, der dem deutschen Verfassungsschutz schon seit längerem bekannt war und daher observiert wurde, soll bis zum 20. Dezember mehrmals den in dem Ottakringer Flüchtlingsheim gemeldeten 28-Jährigen sowie dessen türkisch stämmige Ehefrau und womöglich weitere Beteiligte getroffen haben. Zwischenzeitlich flog der 30-Jährige für ein paar Tage nach Istanbul, kehrte am 18. Dezember nach Wien zurück, fertigte am 19. Dezember Fotos – und Videoaufnahmen vom Prater an – möglicherweise ein weiteres potenzielles Anschlagsziel – und kehrte am 20. Dezember nach Deutschland zurück.

Dort dürfte er zunächst bemerkt haben, dass er observiert wurde, und seine Kontaktpersonen in Wien gewarnt haben. Mittlerweile wurde er offenbar festgenommen, wie ein Bericht der „Bild“-Zeitung nahe legte. Der stellvertretende DSN-Chef Lohnegger räumte in diesem Zusammenhang immerhin ein, dass das aufgeflogene Netzwerk „in Bezug zur ISPK steht“. Neben Österreich und Deutschland kam es nach aktuellen, offiziell nicht bestätigten Informationen auch zu Festnahmen in den Niederlanden.

„Latent erhöhte Gefährdungslage“

Man gehe von einer „latent erhöhten Gefährdungslage“ aus. Der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) liegen aber „derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung von Silvester-Veranstaltungen“ vor, betonte der stellvertretende DSN-Direktor Michael Lohnegger bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Die ISPK beschäftigt seit vergangenem März verstärkt den heimischen Staatsschutz. „Grundsätzlich ist die Sicherheitslage in Österreich und in ganz Europa als angespannt zu bezeichnen“, so Lohnegger. Terror-Organisationen, speziell der IS, hätten zuletzt verstärkt zu Anschlägen in Europa aufgerufen. Die Gefahr gehe von „radikalisierten Einzeltätern und Kleinstgruppen“ aus, die sich in sozialen Netzwerken organisieren.

Im Fokus hätten die Gefährder „niederschwellige Angriffsziele“, wozu „leicht zugängliche Menschenansammlungen“ zählen, führte der stellvertretende DSN-Direktor aus.

Statement von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der stellvertretenden DSN-Direktor Michael Lohnegger sowie der Bundespolizeidirektor Michael Takacs in einem Pressegespräch zum Thema „Polizeiliche Maßnahmen Silvester 2023“.

Spezialeinheiten zu Silvester

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach von einem „ganz besonders herausfordernden Tag“. Die Exekutive werde zu Silvester „alles Menschenmögliche tun, damit die Menschen in diesem Land gut ins neue Jahr rutschen und fröhlich das neue Jahr begrüßen können“, sagte Karner. Spezial- und Einsatzeinheiten der Exekutive werden damit über den Jahreswechsel hinaus Präsenz zeigen, auch technische Hilfsmittel wie Drohnen werden als zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt.