136 Plakate wurden bei der Kundgebung vor der Staatsoper gezeigt – für die 136 Geiseln, die nach wie vor festgehalten werden. Eine dieser Geiseln ist Bar, der als Sicherheitskraft auf dem Supernova-Festival arbeitete, das von Hamas-Kämpfern überfallen wurde: „Als das alles passiert ist, hat er sich wie ein Held um alle gekümmert, hat Fluchtwege geschaffen, Tore aufgemacht, er ist immer wieder in die Gefahrenzone gelaufen. Wir wissen das von Menschen, die von dort weggekommen sind“, erzählte seine in Wien lebende Tante. Das letzte Lebenszeichen von ihm sei in einer Nachrichtensendung gewesen, gefesselt am Boden liegend.
Unterstützung auch von Prominenten
Unterstützt wurde die Mahnwache auch von Prominenten, etwa Schauspieler Cornelius Obonya: „Diese Gesichter, das sind Menschen wie du und ich – und sie sollen möglichst rasch aus dieser Gefangenschaft befreit werden. Und wir wollen damit aber auch ein Zeichen setzen, dass das ein Urverbrechen war der Hamas.“
„Es ist mir ein vollkommenes Rätsel, wie irgendjemand annehmen kann, dass das gerechtfertigt ist, dass das zu irgendetwas Gutem führt. Das ist einfach nur feige“, sagte Schauspielerin Katharina Stemberger, die ebenfalls an der Kundgebung teilnahm. „Für die Menschen, die noch in der Gewalt der Hamas sind, für die stehe ich da“, betonte sie.
Israels Botschafter wies Vorwürfe zurück
Man versuche, die Geiseln auf allen Wegen heimzuholen, erklärte der israelische Botschafter David Roet: „Darum sind wir so dankbar für die klare Positionierung Österreichs – und die Unterstützung für Israel. Wir tun alles, auf dem Feld und in der internationalen Arena, um sie heimzuholen.“ „Bring them home“ stand auch in blauen Leuchtbuchstaben auf der Staatsoper selbst.
Vorwürfe, Israels Regierung würde die Geiselbefreiung nicht als erste Priorität sehen, wies Roet zurück. „Premierminister Netanjahu hat sich erst gestern zur Geiselbefreiung bekannt. Wir können nicht zulassen, dass die Hamas mit ihrer auf Genozid basierenden Ideologie weiter im Gaza-Streifen regiert.“ Israels Regierung sei auch zu einem neuerlichen Waffenstillstand zur Befreiung der Geiseln bereit.
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Muzicant fordert mehr Solidarität mit Geiseln
Der ehemalige IKG-Präsident Ariel Muzicant forderte mehr Solidarität mit den Geiseln. „Wenn jetzt humanitäre Maßnahmen für die Bevölkerung von Gaza gefordert werden, frage ich mich, warum dabei die Geiseln meist unerwähnt bleiben.“ Ein Dutzend israelische Soldaten seien bereits beim Versuch, Geisel zu befreien, getötet worden, so Muzicant, derzeit Interimspräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC).
Der grüne Wiener Gemeinde- und Landtagsabgeordnete Nikolaus Kunrath, der an der Protestaktion teilnahm, kritisierte, „dass Netanjahu die Befreiung der Geiseln nicht als erstrangiges Ziel verfolgt“. „Auch das Töten von Zivilisten im Gazastreifen muss aufhören.“
Propalästinensische Demo am Samstag
Am Samstag gab es indes erneut eine propalästinensische Demonstration in Wien. Mehrere hundert Menschen versammelten sich, um für einen „sofortigen und dauerhaften“ Waffenstillstand zu demonstrieren. Österreichs Regierung stehe „einseitig“ auf der Seite Israels, kritisierte Veranstalter Martin Weinberger von der Palästina Solidarität Österreich (PSÖ).
Ausgehend vom Platz der Menschenrechte beim MuseumsQuartier zog die Demonstration schließlich mit einer Zwischenkundgebung vor dem Parlament zum Sigmund-Freud-Park, wo die Schlusskundgebung abgehalten wurde. Laut dem Einsatzleiter der Polizei kam es während der Demonstration zu keinen Zwischenfällen oder Anzeigen.
Botschafter rief zum Boykott Israels auf
Auch der palästinensische Botschafter in Österreich, Salah Abdel Shafi, nahm teil. Er lobte in seiner Rede Südafrika dafür, Israel wegen Völkermords beim Internationalen Gerichtshof anzuklagen. An die Versammlungsteilnehmer richtete er die Worte: „Wir alle müssen Israel zur Rechenschaft ziehen: durch Proteste, durch Demonstrationen, durch Boykott.“
Die Aktion gegen Antisemitismus, einer seit 1955 bestehenden parteiunabhängigen Organisation zur Bekämpfung von Antisemitismus in Österreich, betrachtet die Antiimperialistische Koordination (AIK), zu der die Palästina Solidarität Österreich gehört, in einem Dossier als antisemitisch. Für das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) ist die AIK ein Paradebeispiel für „Antisemitismus im linken Gewand“.